photo graz selection V

Kunstfotografien aus der Steiermark im Jugendhaus

Bei der Fotovernissage im Temeswarer Jugendhaus: Alina Sferle von der Temescher Jugendstiftung, Kurator Gerhard Gross und die Fotografen Branko Lenart und Karl Zenz. Foto: Raluca Nelepcu

Temeswar - Auf sechs Bildern sind zwei weiße Segelschiffe zu sehen, die sich einander nähern, dann wieder entfernen. Die nebelige Atmosphäre, das ruhige Wasser – man hat das Gefühl, die Ruhe hören zu können. „Encounters“ betitelt sich die Fotoreihe von Eva Hölbling, 1953 in Spittau/Drau geboren, die seit vorigem Donnerstag links am Eingang zur Fotoausstellung „photo graz selection V“ im Untergeschoss des Temeswarer Jugendhauses zu sehen ist. Die Fotografie-Ausstellung kam durch die Zusammenarbeit der Kulturvermittlung Steiermark mit dem Österreichischen Kulturforum Bukarest und der Jugendstiftung des Kreises Temesch zustande. Als Austragungsort wurde Temeswar, die europäische Kulturhauptstadt 2023, ausgewählt.

Die Steierische Fotobiennale, ein Projekt der Kulturvermittlung Steiermark, hat sich seit 2006 als Plattforum für Kunstfotografie etabliert und ist in Österreich die einzige Initiative, die sich dem künstlerischen Schaffen einer Region widmet. Sie dokumentiert, fördert und präsentiert Werke von Kunstfotografen aus der Steiermark. Dabei werden Ausstellungen organisiert, Bildbände veröffentlicht, u.Ä. Eine Auswahl von 82 Bildern der „photo graz“, die von 26 Künstlerinnen und Künstlern geschaffen wurden, können Interessierte nun im Temeswarer Jugendhaus/Casa Tineretului besichtigen. Bei der Vernissage, die einige Fotoliebhaber zusammenbrachte, führte Kurator Gerhard Gross durch die Ausstellung. Anwesend waren auch zwei bewährte Fotografen: Branko Lenart und Karl Zenz. 

Branko Lenart, 1948 in Ptuj, Slowenien, geboren, und 1954 nach Österreich ausgewandert, beteiligt sich an Fotografie-Ausstellungen seit 1968. Bei der Vernissage erklärte er, dass seine Lieblingsfotografie die analoge Schwarz-Weiß-Fotografie, die er selbst entwickelt, sei. Er habe 125.000 Negative, fügte er hinzu. Trotzdem konnten die Besucher der Ausstellung vier Farbfotos von Branko Lenart bewundern, die – zusammen genommen - eine „Real World Remix“ bilden. „Wegen der Coronavirus-Pandemie konnte ich nicht reisen - normaler Weise reise ich sehr viel, insbesondere in Lateinamerika, wo meine Frau herkommt.  Meine Frau hat mich dann gefragt, wieso ich keine meiner Farbbilder in dieser Ausstellung vorstelle“, erzählte Branko Lenart. 

Fotograf Karl Zenz, 1954 in Bruck/Mur geboren, stellt seit 1981 aus. Auf seinen drei Fotografien, die in der Ausstellung zu sehen sind, setzt sich Karl Zenz mit einigen der Aussagen Ludwig Wittgensteins im „Tractatus“ auseinander. Der Fotograf versucht, Sätze wie „Die Welt ist alles, was der Fall ist“, „Ein a priori wahres Bild gibt es nicht“ oder aber „Ist das Unscharfe nicht oft gerade das, was wir brauchen?“ durch seine Fotos auszudrücken. Ob er das auch schafft, das können die Betrachter der Bilder selbst beurteilen. 

Kurator Gerhard Gross hob hervor, dass die ausstellenden Fotokünstler, manche Profis, andere wiederum Amateurfotografen, sehr unterschiedlichen Altersgruppen angehören – sie sind zwischen 1948 und 1997 geboren. „Diese Vielfältigkeit ist mir sehr wichtig. Jedes Alter bringt andere Lebenserfahrungen mit sich, andere Erwartungen, andere Möglichkeiten, eine andere Art und Weise der Auseinandersetzung. Zum Beispiel diese mit Wittgenstein, die einer großen Tiefe  bedarf, gegenüberzustellen mit Arbeiten von Leuten, die Mitte 20 sind und ganz andere Prioritäten haben, andere Möglichkeiten, gewisse Dinge bereits überwunden haben, vielleicht gewisse Dinge auch gar nicht erlebt haben“, sagte Kurator Gerhard Gross. Graz, die zweitgrößte Stadt Österreichs und Hauptstadt der Steiermark, hat sich seit den 1950er Jahren zu einem Zentrum für die Produktion und Vermittlung experimenteller Fotografie entwickelt - damals noch wichtiger als Wien. Aus dieser künstlerischen Tradition heraus entstand die zeitgenössische Fotografie, wie sie in der Ausstellung „photo graz” zu sehen ist. Die Expo ist eine der erfolgreichsten Grazer Kulturproduktionen und reist durch ganz Europa, wie aus der Pressemeldung der Veranstalter hervorgeht. Die präsentierten Inhalte sind vielfältig und reichen von der analogen Schwarz-Weiß-Fotografie über Cyanotypie, Fotogrammetrie bis hin zur experimentellen Bildbearbeitung. Klassische und digitale Fototechniken treffen aufeinander.  Die Fotografie-Ausstellung „photo graz selection V“ kann bis zum 13. August in Temeswar besichtigt werden. Danach wandert sie weiter nach Petrovac in Montenegro, nach Borec in Tschechien und soll im kommenden Jahr in Istanbul gezeigt werden, verriet Kurator Gerhard Gross. Im Jahr 2025 wird die Steirische Fotobiennale organisiert, woraus wiederum eine neue Auswahl getroffen wird.