Nicht viel konnten die Menschen, die um das Jahr 1775 aus Oberösterreich nach Oberwischau/Vișeu de Sus umgesiedelt wurden, mitnehmen. Mit Sicherheit war das damals so. Das Nötigste musste reichen. Leider blieb es Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte lang beim Nötigsten. Aber eines ließen sie sicherlich nicht zurück: ihren festen Glauben, ihre Religion und die damit verbundenen Sitten. Diesen Glauben wollten sie in ihrer neuen Heimat weiterleben.
Schon im Jahr 1779 wurde eine Satzung erlassen, die die oberösterreichischen Waldarbeiter unter anderem dazu verpflichtete, gottesfürchtig zu leben und ihre Kinder christlich zu erziehen. Zur gleichen Zeit wurde Oberwischau zu einer Filiale der Pfarrei Rónaszék. Das Jahr 1790 markiert die Gründung der römisch-katholischen Pfarrei in Oberwischau, im Jahr 1804 begann der Bau der ersten römisch-katholischen Kirche, und 1912 wurde die heutige Kirche geweiht. Da jedoch praktisch alle Männer in den Holzschlägen im Wald arbeiteten und nur selten nach Hause kamen, entstand der Wunsch nach einer Kapelle oben im Wassertal, im Weiler Feinen/Faina. Diese Kapelle wurde am 18. November 1900 zu Ehren von Kaiserin Elisabeth geweiht. Die Schutzpatronin der Kapelle ist die Heilige Elisabeth von Thüringen, deren Gemälde den Altar der Kapelle schmückt. So entstand vor mehr als 120 Jahren hoch oben im Wassertal ein Anker des Glaubens, der bis heute gut erhalten geblieben ist.
Jeden September, am letzten Samstag des Monats, organisieren die römisch-katholische Pfarrei Hl. Anna in Oberwischau und das Demokratische Forum der Deutschen in Oberwischau eine Pilgerfahrt zu dieser Kapelle in Feinen. Dort wird unter freiem Himmel eine dreisprachige Waldmesse gefeiert, zum Gedenken an die Heilige Elisabeth von Thüringen und an die vielen Waldarbeiter und ihre Familien, die schon damals in schwerer Arbeit den Grundstein für das legten, woran sich die heutigen Zipser dankbar erfreuen.
Da die wichtigsten Feste immer schöner sind, wenn man die Freude teilt, waren auch dieses Jahr wie jedes Jahr Dutzende von Pilgern anwesend, darunter aus Neustadt/Baia Mare, Altwerk/Ocna Șugatag und Baia-Borscha/Baia Borșa. Insgesamt stiegen rund 350 Pilger in die Waggons der Wassertalbahn für die etwa dreistündige Fahrt zur Kapelle im Weiler Feinen. Sie wurden von sieben Priestern begleitet: Desiderius Skurka, Pfarrer der Gemeinde Oberwischau; Eugen Magas, Pfarrer der Gemeinde Altwerk, früherer Seelsorger in Oberwischau; Gheorghe Nasui, Pfarrer in Oberwischau, der in Sărăsău tätig ist; Daniel Giurgiu, Priester der Gemeinde Baia Borscha; Istvan Vagrin, Vikar der Pfarrei in Marmaroschsiget/Sighetu Marmației); Albano Allocco, Pfarrer aus Italien, tätig in der Neustädter Organisation Somaschi; Narcis Laslău, Franziskanerpater aus Neustadt.
Die Liturgie wurde in Deutsch, Ungarisch und Rumänisch zelebriert, ebenso wie der Gesang. Die Messe wurde von Pfarrer Giurgiu Daniel geleitet, und das Evangelium in deutscher Sprache wurde von Pfarrer Magas Eugen verlesen. Die Predigt handelte von den barmherzigen Taten der Heiligen Elisabeth von Thüringen, in Anlehnung an das Evangelium nach Lukas 6,33, das dazu auffordert, Gutes zu tun, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten.
Nach der Messe traten viele Pilger in die Kapelle ein, um ein Dankgebet zu sprechen, und machten sich anschließend auf den Weg zur Wassertalbahn, die einige Stationen weiter unten im Weiler Paltin einen Halt einlegte, wo nach einer schönen, aber langen Fahrt eine Mahlzeit eingenommen wurde. Noch knapp zwei Stunden rollte der Zug, bis er den Wassertalbahnhof erreichte. Die Gemeinde von Oberwischau verabschiedete sich von den Pilgern und wünschte ihnen ein „Auf Wiedersehen im nächsten Herbst“.