Im Minutentakt füllt sich der Fahrradständer: gleich ist Morgensitzung im Gartenpavillon. Raucher und Kaffeetrinker tauschen erste News an der efeubewachsenen Mauer. Der Nachbarskater streicht schnurrend um einige Beine. So ungefähr beginnt ein Spätsommermorgen in der ADZ, bis sich jeder hinter seinen Schreibtisch verkriecht und emsig in die Tasten hackt. Vorbei mit dem Nachkriegscharme, den muffigen Mauern, den Spinnweben im Hinteraufgang des Pressehauses, das eigentlich schon lange keins mehr ist, wie Chefredakteurin Rohtraut Wittstock den letzten Anflug von Nostalgie an eine immerhin geschichtsträchtige Lokalität, die 51 Jahre lang der Redaktionssitz der deutschen Tageszeitung war, im Keim erstickt. Für die meisten Mitarbeiter ist die neue Redaktion ein Gewinn: moderne Arbeitsplätze, bessere Infrastruktur – wir sind unter uns wie in einer großen Familie. „Auch wenn sich wegen der schlechten Verkehrsanbindung die Zahl der Radfahrer stark erhöht hat und sogar zwei Tretrollerfahrer dazugekommen sind“, schmunzelt Wittstock.
DFDR-Vorsitzender Dr. Porr erklärt, wie es zu der Wahl des neuen Redaktionssitzes kam. Mit der Übergabe des Hauses an die ADZ, ursprünglich als Gästehaus für das Forum erworben, konnten gleich mehrere Probleme gelöst werden. So hatte sich das aus dem fernen Hermannstadt zu renovierende und verwaltende Gebäude im Laufe der Jahre eher als Albtraum erwiesen – nun mit glücklichem Erwachen. Auch dank unserer emsigen Mitarbeiter, dem Ehepaar Enache, das sich um den Umbau vom Wohnhaus in einen zweckmäßigen Redaktionssitz und die Ausstattung der Räume kümmerte.
„Die ADZ ist ein Geschenk“ – mit diesen Worten leitete der deutsche Botschafter Werner Hans Lauk seine Ansprache ein. Er wünschte uns, der Arbeit in den neuen Räumen mit Freude entgegenzublicken und den Ansporn zu finden, weiterhin eine „Qualitätszeitung mit hohem sprachlichem Niveau“und „den bewährten und geschätzten Mix aus tagesaktueller Berichterstattung, Interviews, Porträts, Reisereportagen und Berichten über die Aktivitäten der deutschen Minderheit im ganzen Land zu liefern.” Ein Moment auch, über Rückblick und Neuanfang nachzudenken: „Das Potenzial zur Erschließung neuer Leserkreise in Rumänien ist enorm!“, meint Lauk. „Deutschsprachige Leser finden Sie nicht nur unter den Angehörigen der deutschen Minderheit, an der deutschen Botschaft und den Konsulaten, sondern auch unter der wachsenden Zahl deutschsprachiger Wirtschaftsvertreter.“ Aber auch unter Austauschstudenten und Schülern, die Deutsch als Fremdsprache lernen: „Warum nicht die ADZ zur Schul- und Pflichtlektüre im Deutsch-, Geschichts- und Sozialkundeunterricht machen?“, schlägt der Botschafter vor. Die ADZ wird weiterhin gebraucht, so die Message der Redner, und allein das ist schon Grund, das Sektglas zu erheben. Freilich in der Hoffnung, das neue Gebäude möge zu stets frischen, neuen Ideen anspornen, um auch die nachwachsende Leserschaft anzusprechen.