Schäßburg - Was manche für unmöglich gehalten haben, fand am vergangenen Wochenende statt: die Wiederaufnahme von ProEtnica. Nachdem Vertreter nationaler und ethnischer Minderheiten während neun Auflagen über eine Woche lang auf der Burg Einblicke in ihr kulturelles und geistiges Leben geboten hatten, fiel das Fest 2010 und 2011 aus Mangel an Förderung aus. (Es gehörte zu den Opfern der Wirtschaftskrise.) Im vergangenen Jahr war ProEtnica eine Sparte des Mittelalter-Festivals, da Schäßburg/Sighişoara den vom Europarat vergebenen Europapreis der Städte erhalten hatte und man bei der Preisverleihung auch die Kulturenvielfalt zeigen wollte. Von Donnerstag, dem 29. August, bis Sonntag, den 1. September, fand nun die 11. Ausgabe des interkulturellen Festivals eigenständig statt und erfreute sich dem Zuspruch von Schäßburgern und Touristen.
Erneut waren an den Festivalnachmittagen auf der Bühne am Burgplatz Volkstänze verschiedener europäischer Völker zu sehen, von Albanern und Armeniern über Italiener und Kroaten hin zu Roma und Türken, Siebenbürger Sachsen und Seklern. Insgesamt erwartet wurden 800 Teilnehmer, die allerdings (aus Kostengründen) nicht mehr über die Gesamtdauer des Festivals anwesend waren, weshalb der bei den vorherigen Ausgaben veranstaltete Aufmarsch der Trachtenträger nicht mehr stattfinden konnte. Nachdem sie ihre Auftritte absolviert hatten, tanzten die Ensemblemitglieder mit jenen anderer Gruppen und Zuschauern vor der Klosterkirche weiter, um ihre Tanzschritte auch diesen beizubringen.
Manche Kulturgemeinschaften, wie die Griechen zum Beispiel, entsandten mehrere Ensembles, andere schickten ein und dieselbe Folkloregruppe, wie zu den bisherigen Ausgaben. Recht langweilig waren die Gesangsdarbietungen, erfreulich, dass in vielen Gruppen bereits Kinder mitmachten, wie bei den Bulgaren aus dem Banat oder den Armeniern. Die deutsche Minderheit war durch die Volkstanzgruppe des Hermannstädter und jene des Schäßburger Jugenforums vertreten, die am Samstag bzw. Sonntag auftraten. Angesichts der von anderen, wesentlich kleineren Minderheiten gebotenen Info-, Buch- oder Handwerkerstände darf man sich fragen, ob denn das Deutsche Forum nicht mehr zu zeigen hätte.
Dass das Festival heuer vom Interethnischen Jugendbildunsgzentrum (IBZ) erneut stattfinden konnte, sei mehreren Personen zu verdanken, die ihm keine Ruhe gelassen haben, sagte IBZ-Geschäftsführer Volker Reiter in seiner Eröffnungsansprache. Das seien Carol König vom Kulturministerium, Bürgermeister Ioan Dăneşan und Dr. Lucian Nastasă-Kovács von der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg/Cluj gewesen. Sie hatten am Jahresbeginn angefragt, ob das Festival stattfindet, Reiter sagte zu, wenn er Förderung erhalte. Und das IBZ erhielt sie. Außer von der Stadt auch vom Departement für interethnische Beziehungen der Regierung und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest. Diese war bei der Eröffnung durch Kulturattachée Carolin Glatz repräsentiert, die ihre Freude darüber äußerte, dass sich am traditionsreichen Ort Vertreter nationaler Minderheiten treffen, um gemeinsam ihre Kulturen zu feiern und den interkulturellen Austausch zu finden. Hatte das IBZ den Folklore-Teil organisiert, so oblag es erneut Dr. Nastasă-Kovács, den wissenschaftlichen Austausch zu Fragen der nationalen Minderheiten, deren Geschichte und Gegenwart zu gestalten, zu dem sich Wissenschaftler und Repräsentanten der Verbände im Rathaus trafen.