Temeswar (ADZ) – Laut einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der Temescher Rechnungskammer hat das Temeswarer Bürgermeisteramt im Zusammenhang mit der im Frühjahr 2021 beschlossenen Anstellung der Bukarester Niederlassung der österreichischen Anwaltskanzlei Schönherr gegen mehrere Vorschriften verstoßen und dabei dem Steuerzahler einen Schaden von knapp 150.000 Lei verursacht. Bürgermeister Dominic Fritz hatte bei seinem Amtsantritt unter anderem versprochen, die Verschwendung von Steuergeld zu stoppen und eine umfassende Transparenz-Offensive im Rathaus zu starten. Die von den Rechnungsprüfern festgehaltene Realität schaut anders aus.
In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres sollten die Schönherr-Anwälte den maroden Fernwärmelieferanten Colterm unterstützen, deren alleiniger Anteilseigner die Stadt Temeswar ist. Bürgermeister Dominic Fritz hatte sich entschlossen, die Anwälte, die unter anderem eine rechtlich einwandfreie Lösung für die akuten Finanzprobleme des Unternehmens liefern sollten, direkt aus den Mitteln der Stadt zu bezahlen, obwohl Colterm rechtlich eigenständig ist und über ein eigenes Budget verfügt. Weil sich der damalige Sekretär der Stadt Temeswar weigerte, die Verfügung des Bürgermeisters gegenzuzeichnen und rechtliche Bedenken äußerte, wurde er vorübergehend mit einem USR-Mitglied, dem Gemeindesekretär von Kleinbetschkerek/Becicherecu Mic, ersetzt. Letztendlich kamen die teuer bezahlten Anwälte mit einer Lösung auf, die auch einem Jura-Studierenden hätte einfallen können, nämlich mit der Stellung eines Insolvenzantrags. Inzwischen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, das Unternehmen steht unter der Aufsicht eines Gerichtsverwalter-Konsortiums, doch der Insolvenzantrag kam spät, nachdem die Verwaltung des Umweltfonds eine zweite, millionenschwere Strafe gegen Colterm für den Nicht-Erwerb von Umweltzertifikaten verhängen konnte.
Was jedoch den Vertrag mit der namhaften Bukarester Kanzlei betrifft, sieht die Rechnungskammer erhebliche Probleme. Zunächst stellten die Rechnungsprüfer fest, dass bei der Anstellung der Anwälte die gesetzlich vorgeschriebene Begründung fehlt, zumal die Stadt über eine eigene Rechtsabteilung verfügt und auch bei Colterm Juristen angestellt sind. Insofern hätte der Bürgermeister festhalten müssen, warum die hauseigenen Juristen nicht in der Lage sind, die ihnen gestellten Probleme zu lösen und warum eine Anwaltskanzlei bestellt werden müsse. Ein solches Begründungsreferat gäbe es nicht. Andere Dokumente fehlen ebenfalls oder wurden fehlerhaft und unrechtmäßig erstellt. Auch konnte nicht geklärt werden, wer überhaupt die Dokumentation unterzeichnet hat, auf deren Basis ein Vertrag mit der Anwaltskanzlei Schönherr geschlossen wurde, das gesamte Vergabeverfahren sei daher fragwürdig.
Dann hält die Rechnungskammer fest, dass Dienstleistungen bezahlt wurden, die im Anwaltsvertrag nicht vorgesehen waren. Zum Beispiel habe die Stadt die Anwälte für die Erstellung einer Antwort auf Fragen bezahlt, die ein Temeswarer Nachrichtenportal gestellt hatte, aber auch für die rechtliche Überprüfung der vorgeschlagenen Tagesordnung einer Stadtratssitzung oder für die Berichtigung der Vorlage eines Stadtratsbeschlusses. Es gäbe keinen Zusammenhang zwischen diesen Dienstleistungen und dem Vertragsgegenstand, wo es ausschließlich um die Sicherung des sich in der Verwaltung von Colterm befindenden Eigentums der Stadt und der Fortsetzung des Betriebs des Fernwärmelieferanten geht.
Auch gäbe es außer den Tätigkeitsberichten der Kanzlei keine sonstigen Schriftstücke, die die Leistungen der Anwälte untermauern. Kein Beamter habe geprüft, ob diese Dienstleistungen auch tatsächlich erbracht worden sind. Bis zum 30. Juni 2022 habe die Stadt Temeswar an Schönherr insgesamt 785.632,34 Lei bezahlt, doch für die Zeitspanne vom 1. April bis zum 25. Mai 2022 habe sich die Stadtverwaltung geweigert, den Rechnungsprüfern überhaupt irgendwelche Dokumente vorzulegen. Hierbei handele es sich aber um eine gesetzliche Pflicht.
Nach Kontrollen der Rechnungskammer aus den Monaten Juni und Juli 2021 sowie März 2022 habe die Stadtverwaltung die Schönherr-Anwälte dafür bezahlt, die Umsetzung der von den Rechnungsprüfern angeordneten Maßnahmen zu begleiten und unter anderem E-Mails zu verfassen, obwohl diese Aufgaben in den Kompetenzbereich der Leitung der Stadtverwaltung, also des Bürgermeisters, fallen. Bei der jetzigen Kontrolle habe die Stadtspitze den Prüfern versichert, andere angeordnete Maßnahmen umgesetzt zu haben, doch die Beweise dafür konnten nicht geliefert werden. So zum Beispiel habe man erklärt, dass man Strafanzeigen eingereicht habe, diese konnten jedoch nicht vorgelegt werden.
Die Temescher Rechnungskammer schlussfolgert, dass es sich bei dem Vertrag mit der Bukarester Anwaltskanzlei Schönherr um die Verschwendung von Haushaltsgeld handelt, die getätigten Ausgaben seien „ineffizient und unwirtschaftlich“. Ein Teil der angeblich erbrachten Dienstleistungen hätte der eigene Beamtenapparat erbringen können und erbringen müssen, ein anderer Teil stehe in keinem Zusammenhang mit dem angeführten Vertragsgegenstand.
Bemerkt wird ferner, dass die Stadtverwaltung die Durchführung der Kontrolle erschweren wollte: Man habe sich geweigert, Dokumente herauszugeben, um diese dann in allerletzter Minute zur Verfügung zu stellen, und Bürgermeister Fritz habe sich geweigert, auf den Fragenkatalog der Prüfer zu antworten. Dafür wurde gegen ihn eine Geldstrafe von 1500 Lei verhängt. Gegen den Prüfungsbericht der Temescher Rechnungskammer kann vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden.