Regierungskrise auch auf lokaler Ebene spürbar

Harte Vorwürfe und zahlreiche gegenseitige Anschuldigungen

Temeswar (ADZ) – Die Entlassung des USR-Justizministers Stelian Ion durch Premierminister Florin Cîțu und die seit Mittwoch tobende Regierungskrise hat auch die lokalen Spitzenfiguren der Koalition zu Äußerungen bewogen. Erst vorige Woche hatte der Temeswarer Bürgermeister Dominic Fritz (USR) erklärt, dass die Zusammenarbeit in der lokalen Koalition schwierig und das Bündnis hart geprüft sei. Wie die ADZ mehrmals berichtete, kämpften die PNL und die USR miteinander mehrmals, die Zusammenarbeit in Kreis- und Stadtrat erwies sich seit Jahresanfang in der Tat problematisch.

Nun sagt der Bürgermeister, dass der Regierungschef eine Krise heraufbeschworen habe mit dem alleinigen Zweck, den Justizminister loszuwerden. Dessen Entlassung gehe nicht darauf zurück, dass Cîțu vorübergehend die Nerven verloren habe, weil er sein Regionalentwicklungsprogramm nicht durchboxen konnte, sondern weil er die von Minister Stelian Ion angepeilte Justizreform zum Erliegen bringen will. Das Anghel-Saligny-Entwicklungsprogramm entspreche exakt den Wünschen der Cîțu nahe stehenden PNL-Bürgermeister und sei somit das für die Unterstützung im PNL-Wahlkampf um den Parteivorsitz versprochene Geschenk; der Premierminister ziehe es vor, eher als Mann der Lokalbarone in die Geschichte einzugehen als einer, der die Justizreform gestoppt habe, erklärte Fritz. Die Weigerung des Justizministers, das Entwicklungsprogramm abzusegnen, sei also nur der Vorwand, Cîțu und seinen Anhängern gehe es tatsächlich mehr um die Justiz und um die Chefposten in den Strafverfolgungsbehörden, die neu besetzt werden sollen.

Fritz wisse inzwischen, dass der letzte Premierminister, der seine eigene Regierung zum Wanken gebracht habe, ebenfalls ein Liberaler war, diesem ging es damals auch um Fragen der Justiz. Gemeint ist Călin Popescu Tăriceanu, der als PNL-Premierminister 2005-2006 gegen die von Präsident Traian Băsescu unterstützte Justizministerin Monica Macovei vorging, dadurch die Mitterechtsallianz aus PNL und PD zum Fall brachte und bis 2008 eine von der PSD unterstützte Minderheitsregierung leitete.
Fakt sei, dass Minister Stelian Ion nun die Leitungsposten in der Staatsanwaltschaft aufgrund eines echten Ausschreibungsverfahrens besetzen wollte und auch andere weitreichende Reformen vorbereitet hatte. Allerdings bestehe in einem Teil der PNL, jenem der Cîțu unterstützt, kein echter politischer Reformwille, schlussfolgerte Fritz.

Die Bürger hätten aber andere Sorgen, geplagt seien sie von der Teuerungsspirale, die das katastrophale Management der Marktliberalisierung im Bereich der Strom- und Gasversorgung ausgelöst habe und die nun die Einkommen der Haushalte und der Kommunalverwaltungen hart treffe. Die Regierung müsste sich auf dieses Problem konzentrieren und Lösungen erarbeiten, mahnte Fritz. In der PNL gäbe es genug Politiker, die gemeinsam mit der USR PLUS die Kraft hätten, das Land in die richtige Richtung zu lenken. Voraussetzung dafür sei aber, dass der Premierminister seinen Hut nehme.

Der Temescher Kreisratsvorsitzende Alin Nica (PNL) erwiderte, dass bereits seit der Regierungsbildung die mangelnde Erfahrung der USR-Politiker ein Problem gewesen ist. Diese wüssten nicht, wie das Land zu regieren und zu verwalten sei, hätten aber an Arroganz gewonnen und würden nun nur noch ihre eigenen Interessen verfolgen. Auf hochtrabende Erklärungen würden nie Taten folgen, die USR sei dazu einfach nicht in der Lage. Die gegenwärtige Krise gehe auf die Weigerung der Liberalen, sich von der USR erpressen zu lassen. Der Koalitionspartner habe Forderungen gestellt, die einfach nicht zu erfüllen waren, und habe dadurch die Standfestigkeit der Koalition aufs Äußerste gereizt. Weil ihr Plan nicht aufgegangen ist, gingen dann die USR-Spitzen an die Öffentlichkeit, um sich aus rein erfundenen Gründen zu beklagen.

Das Entwicklungsprogramm sei vorgelegt worden, um den lokalen Gemeinschaften zu helfen und nicht um Parteiinteressen zu befriedigen, sagte Nica. Er glaube daran, dass die USR PLUS noch über ausreichende Vernunft verfüge und kein Bündnis mit der AUR-Partei eingehen werde. Er hoffe sehr, dass die öffentlichen Erklärungen der USR-Politiker nur einer temporären Verirrung entsprechen. Er sei sich aber sicher, dass Premier Cîțu Rumäniens Entwicklung auch ohne einen Partner vorantreiben werde, der anstatt zu helfen nur im Wege steht.