Hermannstadt – Wenn auf dem Großen Ring/Piața Mare ganz Rumänien und sogar die Republik Moldau ihre Keramik-Angebote auslegen konnten, dann war in Hermannstadt/Sibiu wieder einmal zünftig Töpfermarkt. Da und dort hatte sich zwar auch Kitsch breit gemacht, doch stimmte im Allgemeinen das Treiben von Töpfern, Käufern und Gesprächs-Suchenden wie gehabt. Spürbar teurer als die Auflage 2021 war er nicht, der Hermannstädter Töpfermarkt an den letzten beiden Wochenendtagen vor Schuljahresanfang, und auf dem Messegelände unter traditionell freiem Himmel zwischen dem schwarzweißen Geschirr aus Ton nach historischem Vorbild der Cucuteni-Kultur von Ionel Cococi aus Vădastra (Kreis Olt) im südöstlichen Winkel des Großen Rings und den überaus kunstvoll verzierten Schüsseln von Vitalie und Victoria Parlui aus Chișinău an der nordwestlichen Ecke des Hauptplatzes waren weder allzu viel Stückwerk, geschweige denn Scherben, auszumachen. Keine Frage selbstverständlich, dass auch Instrumentemacher Nicolae Sava aus Bistritz seine mit Acrylfarben bemalten Okarinas erneut virtuos zu spielen vermochte und sich nicht im Geringsten an den fröhlichen Liedern zur Gitarre stieß, die zeitgleich wenige Schritte weiter weg Pfadfinderinnen des Scout Centre Leschkirch/Nocrich zur Freude Umstehender sangen. Bei ihnen übrigens schaute auch eine Kundin aus der Ukraine vorbei, die sich mit der Pfadfinderin hinter der Kasse unter dem Regenzeltdach in fließendem Russisch verständigte.
Auch daran, dass Henriette Guib, Gattin des evangelischen Bischofs Reinhart Guib, Sonntagmittag wie seit eh und je begeistert mit Ilona und Jozsef Toth aus Zoltan (Kreis Covasna) über die Machart deren hellfarbigen Geschirrs mit meist blauen Blumen- und Tiermustern plauderte, und am fachmännisch geduldigen Blick von Karikaturist Dan Perjovschi während des Entlanggehens von einer Auslage zur anderen konnte man den Erfolg des Hermannstädter Töpfermarkts zum 56. Mal in Folge bestätigt sehen. Sicher könnte er noch feiner, gewählter und exquisiter aufwarten, klar. Ein künstlerisch billiges Ereignis aber ist er ganz und gar nicht. Dazu meint es Rumäniens harter Kern der Keramik-Gilde glücklicherweise einfach viel zu ernst. Und das darf gerne auch so bleiben. An noch teurere Preise und einen unnötigen Qualitäts-Rückgang mag man nicht denken müssen.