Bistritz - Wer über die Schwelle des kleinen sächsischen Hauses schreitet, tritt ein in eine längst vergangene Zeit. Ältere Siebenbürger kennen noch die traditionell eingerichteten Stuben mit ihren bemalten Holzmöbeln, den Öfen mit handgefertigten Kacheln, die Tische mit den liebevoll gestickten Decken, dazu das leicht vergilbte Schwarz-Weiß-Foto der Großeltern neben dem nicht mehr benutzten Spinnrad. Im Museum „Casa Sãseascã“ im nordsiebenbürgischen Jaad/Livezile, etwa 8 Kilometer nördlich von Bistritz/Bistrita gelegen, ist diese, heute weitenteils vergangene Welt bewahrt. 150 Jahre alt ist das Häuschen in der Str. Dorolei 154, in dem diese Welt ihren Platz hat. Die ursprünglich sächsischen Erbauer, die Familie Engler, haben es längst verlassen – ebenso wie die letzten Besitzer, die Familie Holzträger.
Als die Sachsen anfingen wegzugehen, begann Ion Rusu deren Hinterlassenschaften zu sammeln. Das Museum war seine Leidenschaft, erzählt Viorica Hansel, die sich seit zehn Jahren um das Museum kümmert. Rusu habe die meisten der Objekte zusammengetragen, die die Besucher in Haus und Hof besichtigen können. Anfangs führte der 2004 im Alter von 92 Jahren verstorbene Mann sein eigenes Museum, das „Muzeul sub poartã“ auf der anderen Straßenseite. Seit 1998 befindet sich das Museum im jetzigen Gebäude. Eigentlich ist das nicht ganz richtig – ein komplettes sächsisches Anwesen wird hier präsentiert. In den drei Zimmern drängen sich Hunderte von Exponaten, rund 1000 sollen es laut Hansel sein – der fast vollständige Querschnitt eines sächsischen Hausstandes im Nösnerland. Dazu kommen private Zeugnisse wie Familienfotos, Urkunden oder Trachten. Manch interessantes Detail gibt es zu entdecken, etwa der Stich von Bistritz im Jahr 1602 mit Stadtmauer und Wehrtürmen, eine Zunftflagge, ein frühes Radio und einige gesicherte sakrale Gegenstände aus Kirchen in der Umgebung.
Ebenso wie das Haus, beherbergt die Scheune im Hof einige Schätze. Ein gusseiserner Popcorn-Bräter, Bügeleisen, eine handbetriebene Waschmaschine, Trauben- und Ölpressen stehen neben einer unüberschaubaren Zahl an hölzernen Gerätschaften, die dazumal in einer Wirtschaft benutzt wurden. In den Stallgebäuden lagern weitere Exponate, die noch ihrer Ausstellung harren.
Über 1000 Besucher zählte Viorica Hansel im vergangenen Jahr. Es kämen viele Sachsen sowie deren Verwandte, Freunde und Bekannte „Sie finden ihre Großeltern und Urgroßeltern wieder“, erzählt Hansel. Auch Besucher aus den USA, Israel, Frankreich und Irland schrieben sich schon ins Gästebuch des Museums ein. Dieses gehört zum Museumskomplex Bistritz-Nãsãud, unterstellt ist es dem Kreisrat. Geöffnet ist das Museum von Mittwoch bis Sonntag zwischen 10 und 18 Uhr. Falls Frau Hansel nicht vor Ort ist, können Besucher anrufen – ihre Telefonnummer steht an der Eingangstür.