Schutzraum für Gesellschaft, Fotografie und bildende Kunst

Ausstellung im Klausenburger Schneider-Turm

Klausenburg – Der steinerne Schneider-Turm/Turnul Croitorilor auf der Baba-Novac-Straße im südöstlichsten Winkel der Altstadt von Klausenburg/Kolozsvár/Cluj-Napoca wird seit geraumer Zeit weder von Zunftmitgliedern noch Berufssoldaten für bewaffnete Verteidigungszwecke beansprucht, hat sich aber mittels Betriebswiederaufnahme im Frühjahr 2009 kulturell in das städtische Leben zurückgekämpft. Drei Jahre zuvor war das trutzige Baudenkmal aus der Verwaltungsaufsicht des Kulturministeriums gestrichen worden, um fortan von Kreisrat und Stadtrat in die Zukunft geführt werden zu können. Dank gezielter Beratung seitens der Filiale Siebenbürgen der Innung der Architekten Rumäniens (Ordinul Arhitecților din România) ließen Restaurierung und Wiedereinweihung des Schneider-Turms, der seither als einer von vier Standorten des Zentrums für Urbane Kultur Klausenburg (Centrul de Cultură Urbană Cluj-Napoca) von sich reden macht, nicht lange auf sich warten. Erdgeschoss und drei Stockwerke sind durch eine zeitgemäße Stahlkonstruktion einschließlich Treppenhaus und gläsernen Seitenwänden miteinander verbunden. Zuschauerraum und Filmleinwand der zweithöchsten Fläche werden für Podiumsveranstaltungen und Kinovorstellungen genutzt. Auf den weiteren drei Flächen geben Aktivisten, Heimatforscher und Kunstschaffende einander die Tür in die Hand. Meist führt Kurator Ucu Bodiceanu Regie bei Vernissagen.

Bis einschließlich Montag, den 2. März, hält die ausgebaute Mansarde die dokumentarische Fotografie-Ausstellung „Clujul în timpul Republicii Populare“ (Klausenburg zur Zeit der Volksrepublik) bereit. Dass Klausenburgs Stadtbild in der Zeitspanne zwischen 30. Dezember 1947 und 21. August 1965 prägend verändert wurde, lässt sich hier ausführlich auf schwarzweißen und farbigen Postkarten nachvollziehen. Das Studentenviertel „Ha{deu“, das Wohnviertel „Grigorescu“, das Studentische Kulturhaus, die Horia-Demian-Sporthalle, die städtischen Nahverkehrslinien für Trolleybusse und der große Wohnblock auf dem Mihai-Viteazu-Platz mit dem größten Kino Siebenbürgens im Anbau, das jahrzehntelang den Namen „Republica“ trug und heute „Florin Piersic“ heißt, sind Frühzeugnisse des Kommunismus auf Ebene Klausenburgs. Nicht alle von ihnen haben dem Ballungsraum ausschließlich Schaden zugefügt. Ohne etliche der damals errichteten Immobilien hätte sich die Universitätsstadt mitunter nicht zum heute führenden Kraftort Siebenbürgens gemausert.

In der ersten Etage des Schneider-Turms waren ab Mittwoch, dem 5. Februar, für die Dauer einer Woche von Liviu Cotoi gestellte Menschenporträts der schwarzweißen Kunstfotografie-Reihe „Life in plastic is not fantastic“ ausgestellt. Pfadfinder-Vereine und der Freiwilligen-Kreis Klausenburgs, Träger des Projekts „We future“, begleiteten die Ausstellung mit der Information, dass 2019 weltweit 300 Millionen Tonnen Kunststoff verkauft wurden.

Die Einladung in den Schneider-Turm zur Begegnung mit schwarzweißen Foto-Collagen von Ștefan Dorel Găina Gerendi, Professor an der Universität für Kunst und Design Klausenburg, gilt bis Sonntag, den 23. Februar. Hierfür erfolgt am heutigen Mittwoch um 18 Uhr die Vernissage. Der Ausstellende und sein ebenso berühmter Fach- und Universitätsnachbar Feleki Karoly beschließen das Ausstellungs-Programm des Schneider-Turms im laufenden Monat. Der Eintritt ist frei und siebenmal wöchentlich von 9 bis 17 Uhr möglich. Die hier anzutreffende schlichte Raumausstattung und unauffällige Fußbodenheizung sind Beispiele von Vorzeigequalität.