Bukarest - Vieles kann man über Marili Machados Künste lesen. Alles klingt großartig und vielversprechend. Und doch nichts, kein Wort, ist dieser Stimme würdig, der Stimme von Buenos Aires, „La Voz de Buenos Aires”. Zusammen mit dem Nuevo Tango Quintet riss sie das Publikum am Sonntag im ArCuB hinein in das intensive Lebensgefühl des argentinischen Tangos. Vorn in der Mitte der Bühne, nebst Gitarre und Mikrofon, stand ein schlichter, einfacher Stuhl, auf dem niemand saß. Drum herum: vier Männer, eine Frau. Sie begeisterten mit ihrer Musik, verführten und machten Lust auf mehr. Die Temeswarer Band Nuevo Tango Quintet spielte an diesem Abend zum zweiten Mal an der Seite von Marili Machado, der legendären Sängerin aus Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens. Doch eine knappe Stunde lang blieb dieser einsame Stuhl leer und die fünf Musiker Alin Stoianovici, Lucian Petrila, Roxana-Yvonne Coşereanu, John Dorobanţu und Johnny Bota führten kraftvoll in den Sonntagabend. Melancholisch, verliebt und ehrlich sang das Akkordeon, weinte die Fidel. Dann eroberten Mut, Lust und die Leidenschaft Südamerikas den Saal. Der Bass donnerte, die Geige brach in Jubel aus und das Piano tanzte Tango, echten argentinischen Tango.
Ohne große Worte, ohne viel Tamtam begrüßte der Mann am Akkordeon, Alin Stoianovici, die Weitgereiste auf der Bühne des ArCuB. Sie schritt lachend nach vorn. Ihre Ausstrahlung war bemerkenswert und sie gab sich auf Augenhöhe mit dem Publikum, suchte das Gespräch. „Aus zwei Sprachen wurde eine”, erklärte Machado nach dem Konzert im Interview, die heilfroh gewesen war, dass das Publikum „un poquito” Spanisch verstand. Nun begann sie zu singen. Ein Lied gemeinsam mit der Band. Doch schon dann verließen die fünf Temeswarer die Argentinierin, ließen sie allein auf der Bühne zurück, allein mit ihrer Gitarre. Doch sie war nicht allein. Sie hatte ihre Stimme und eine Kraft, die sie weit und tief in ihrem Innern beherbergt und wie aus dem Nichts hervorzaubern kann. Ein ganzes Land, eine ganze Geschichte, die Welt selbst schien sich zu öffnen und erlaubte alles. Faszination bis zur Katharsis. Jubelstürme ergossen sich durch das Publikum: „Bravo! Bravo!” Niemand hatte je zu viel versprochen. Diese Frau ist ganz groß. Gegen Ende ihres Auftritts setzte sie noch die berühmte Kirsche auf die Sahnehaube, indem sie „Lume, Lume” von Maria Tănase in Originalsprache vortrug.
„Ich sah sie damals in einer kleinen Kneipe”, resümiert der in Deutschland lebende Schriftsteller Jan Cornelius, „sie sang und ich erkannte, sie war Weltspitze”. Cornelius hat vor über einem Jahr den Kontakt zwischen Machado und dem ihm aus der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ bekannten Nuevo Tango Quintet geknüpft, mit dem sich die Sängerin daraufhin für das Plai-Festival 2012 in Temeswar beworben hat. Mit Erfolg. Die Menge war begeistert und anschließend war es nur eine Frage der Zeit, bis auch Bukarest eine Einladung aussprechen würde, genauer: ArCuB, Instituto Cervantes und die argentinische Botschaft brachten in Zusammenarbeit Marili Machado auf die Bühne der Hauptstadt Rumäniens.
Nach eigener Aussage wolle sie unbedingt wiederkommen. Sie sprach vom nächsten Oktober, doch genauer gab es nichts zu erfahren. „Es war ein wundervolles Gefühl”, verriet sie noch über den Auftritt vor dem Bukarester Publikum und verabschiedete sich herzlich.