Hermannstadt - Anita Hartig hat mit gerade 28 Jahren geschafft, wovon viele Künstler ihr Leben lang träumen. Als Mimi in der Oper „La Bohème“ ist ihr in Wien der Durchbruch auf der großen Opernbühne gelungen. Nun warten die großen Häuser in Europa und Amerika.
Als „Staatsoper-Senkrechtstarterin“ übertitelte die österreichische Tageszeitung „Die Presse“ vor wenigen Tagen ein Porträt der jungen Siebenbürgerin. Nach drei Jahren im Ensemble der Wiener Staatsoper interessiert sich nicht mehr nur die Fachwelt, sondern auch die Medien für die Sopranistin.
Was sich jetzt als Glücksfall für die Opernwelt herausstellt, ist einem Zufall zu verdanken. Die in eine musikalische Familie geborene Hartig – Mutter und Bruder spielen sieben Instrumente – sang immer schon gern, verriet die gebürtige Bistritzerin den Journalisten. Allerdings hatte ihr Gesang wenig mit Oper zu tun. Eine geschenkte Callas-CD habe sie dann süchtig gemacht, der Besuch der Oper „Der Barbier von Sevilla“ weckte im Alter von 17 Jahren die Leidenschaft für das Musiktheater.
Nach dem Abschluss des Lyzeums ging sie nach Klausenburg/Cluj-Napoca, wo sie am dortigen Konservatorium studierte. 2006 machte sie ihren Abschluss und sammelte nebenbei einige Preise auf heimischen Musikfestivals, etwa den dritten Platz beim Internationalen Wettbewerb „Hariclea Darclée“ in Br²ila oder den zweiten Platz beim Nationalen Wettbewerb des rumänischen Liedes, später folgten erste Plätze beim Wettbewerb „Ionel Perlea“ und dem Gesangswettbewerb der Nationaloper Bukarest.
2006 gab Anita Hartig ihr Bühnendebüt als Mimi in Pucchinis „La Bohème“ in Klausenburg. Diese Rolle passe zu ihr wie ein perfekt sitzendes Kleid, meint sie im Interview. Bei einem Auftritt als Fiordilidgi in einer Studentenproduktion in Bukarest sitzt 2009 eine Musikkritikerin im Publikum, die den Dirigenten Ioan Holender auf die Nachwuchssängerin aufmerksam macht. Dieser lässt sich von Hartigs Gesangskünsten überzeugen und holt die junge Frau in sein Ensemble an der Staatsoper.
Auch Holenders Nachfolger Dominique Meyer schätze die Sopranistin, schreibt die Presse. Zuletzt gab sie im Dezember ihr Debüt als „wunderbare neue Susanna“ in Mozarts „Figaro“. Ihre Schicksalsrolle ist jedoch die Mimi. Nach ihrem Auftritt in der Rolle am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel meldete sich sofort die Mailänder Scala, wo sie in diesem Sommer auftreten wird. Zuvor singt sie an der Welsh National Opera in Cardiff. Gastspiele in London, Berlin und Hamburg stehen auf dem Plan für 2013. Im Jahr darauf hat sie einen Vertrag mit der New Yorker Metropolitan Opera in der Tasche. Hier singt sie Micaela in Bizets „Carmen“ und – natürlich die Mimi.