Reschitza – Die bisher größte Zahl an Zeugen, die in einem Straffall in Reschitza/Reşiţa von den Staatsanwälten angehört wurden, gab es in der Causa des Schmiergelddoktors Sebastian Telbis von der Rentenkasse Karasch-Severin: rund 300. Der Untersuchungsfall der schmiergeld- und sexhungrigen Lehrkräfte der Universität „Eftimie Murgu“ (UEM) profiliert sich nun durch das zweitgrößte Zeugenaufkommen, das jemals zur Staatsanwaltschaft in Reschitza zitiert wurde: mit bislang mehr als 100. Das System funktioniert seit Enthüllung der Namen der ersten UEM-Absolventen, die ihre Lizenzarbeiten einfach gekauft haben sollen, wie ein Teufelskreis, oder ein Schneeballsystem: von einem zum anderen springen die Hinweise auf gemauschelte Prüfungen und gekaufte Diplome, wobei man als neutraler Beobachter rasch den Eindruck gewinnt, dass die Staatsanwälte regelrecht das gegenseitige Anzeigen und Verpetzen fördern. Dass das System auch an anderen Universitäten praktiziert wurde und wird, ist kein Trost: gründlich besudelt wird nun die kleine Reschitzaer Universität, die ihren unabhängigen Status erst nach der Wende erzielt hat.
Die Untersuchungen der Generaldirektion Antikorruption des Generalinspektorats der Rumänischen Polizei konzentrieren sich gegenwärtig auf die Fakultät für Sozialwissenschaften. Doch wird zunehmend auch Indizien für Korruptionsfälle an anderen Fakultäten nachgegangen, wobei laut Aussagen der bisher staatsanwaltlich Verhörten ausdrücklich Indizien in Richtung der Fakultät für Materialwissenschaften an der Studienrichtung Ingenieurwissenschaften nachgegangen wird – wo zufällig die Rektorin Doina Frunzăverde unterrichtet... . Die Lokalmedien von Reschitza treiben gegenwärtig „Zeugen“ auf und ermutigen sie, ein dutzend Jahre nach angeblich konstatierten Korruptionsfällen noch Klagen bei der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft DNA einzugeben, etwa wegen Geldeinsammelns für Prüfungen an der Fakultät für Materialwissenschaften. Der Ex-Rektor und Ex-Senator Ioan Vela, den die ADZ befragte, gab zu, dass auch zu seiner Zeit an der UEM „Gerüchte zirkulierten“, dass es unsaubere Fälle von „Erwerbung“ von Lizenzarbeiten oder von Bestehen von Prüfungen gab, dass ihm aber während seiner doppelten Mandatszeit als Rektor – er war einer der ersten Rektoren dieser Uni nach der Wende – „niemals“ eine entsprechende schriftliche Eingabe auf den Schreibtisch flatterte, aufgrund derer er einen Grund gehabt hätte, Untersuchungen einzuleiten.
Nun tauchen in den Medien immer wieder Absolventen auch jener Jahre auf, die, anonym oder unter mit den Journalisten ausgemachten Pseudonymen, „zugeben“, auf unlautere Weise zu ihren Diplomen gekommen zu sein oder Kenntnis über solcherlei Fälle gehabt zu haben. Diese Fälle werden dann dargestellt als „Menschen, die jetzt bereit sind, offen darüber zu reden“ – ohne dass ausdrücklich auf die Zweifelhaftigkeit solch später „Aussagen“ hingewiesen wird, deren Glaubhaftigkeit schon durch den Deckmantel der Anonymität oder durch die Verwendung von Pseudonymen verringert wird. Fakt ist, dass die Staatsanwälte in Reschitza nun wahre „Zeugenschlangen“ vor ihren Büros stehen haben und dass die Untersuchungen an Breite gewinnen. Rektorin Doina Frunzăverde – so die Reschitzaer Gerüchteküche – soll für Dienstag zwecks Aussagen zur Staatsanwaltschaft des Obersten Justiz- und Kassationshofs nach Bukarest vorgeladen worden sein, welche die strafrechtlichen Untersuchungen an der Reschitzaer Universität eingeleitet hat und nach wie vor führt. Die massenweise Zeugenvorladung im Untersuchungsfall bezüglich Schmiergeld und Sex-für-Noten an der UEM geschah mittels telefonischer Note der Staatsanwaltschaft beim Kreisgericht Karasch-Severin, gerichtet an die Universität.