Michelsberg – „Wir können nicht wissen, worauf Siebenbürger Sachsen in 200 Jahren ihre Identität gründen werden“, unterstrich Sammler und Kurator Thomas Emmerling Sonntag, am 16. Juni, im Kunsthaus 7B Michelsberg/Cisnădioara zwecks seiner Einführung in die bis zum 11. August offene Ausstellung „Saxon Contemporary – Gegenwartskunst der Siebenbürger Sachsen“. Es wäre zwar „gut und richtig, unsere Kultur zu erhalten“ sowie „mit Vertrauen und Erwartung in die Vergangenheit zu schauen“, aber die „Hoffnung auf die Zukunft“ nicht zu streichen. „Denn auch unsere Generation schafft kulturelle Werte“, die Thomas Emmerling zufolge eben „die Auffassung von Leuten in 200 Jahren“ prägen könnten. Dem Credo vom Leiter der Galerie in Michelsbergs siebenbürgisch-sächsischem Schulhaus vergangener Zeiten, dass Abgesang auf Traditionen zum Einen und die bildende Kunst des 21. Jahrhunderts auf der anderen Seite einander nicht ausschließen, dürften streng Konservative sich nur bedingt anschließen wollen. Angehörige der deutschsprachigen Minderheit Rumäniens und Rumäniendeutsche aus dem westlichen Europa dagegen, die dem Großen Sachsentreffen am ersten August-Wochenende in Hermannstadt/Sibiu und Umland entgegenfiebern, werden auf ihrer Suche nach einem weder historisch noch politisch vereinnahmten Diskurs sicher im Kunsthaus 7B fündig. So nämlich, wie die unterschiedlichen Stilrichtungen und Arbeits-Techniken der sieben hier exponierenden Künstlerinnen und Künstler aufeinander abgestimmt scheinen, kann auch Siebenbürgen sowohl alte als auch neue Heimat-Vorstellungen bedienen. Die Liebe zu einem gewissen Landstrich und seinen Menschen entscheidet sich nicht allein durch die Herkunfts-Frage.
Malerin Birgit Reiner aus Bonn etwa, in Hermannstadt geboren und anfänglich in Kanada ausgebildet, wird Michelsbergs Kunsthaus 7B laut einer Ankündigung von Thomas Emmerling „vielleicht Anfang August“ aufsuchen, und mit etwas Glück könnte zeitnah am selben Ort auch Zeichner und Klausenburger Armin Mühsam aus Kansas City (USA) zu einer Künstler-Visite eintreffen. Das größte Werk der Sammelausstellung übrigens, 2017 von Axel Wagner (Greifenberg, Bayern) in Öl auf Leinwand gemalt und von ihm „Vasero“ genannt, interpretiert der Kunsthaus-Leiter wegen seiner starken Farben als „passend für das Büro eines Strafverteidigers“ – das auf 7500 Euro Verkaufspreis dotierte Bild ist eines der teuersten Exponate. Nicht zu verdrängen auch, dass es Käufern wie Nicht-Käufern ein Rätsel aufgibt, wo Thomas Emmerling vom „Anglerhaken“ zu schwärmen weiß, den der gebürtige Hermannstädter Axel Wagner jedem seiner Bilder an versteckter Stelle einarbeitet. Dass die beiden Skulpturen von Wahlberlinerin Pomona Zipser nicht zufällig im Teilraum für Abstraktes auf Besucheraugen warten, überzeugt mit der gleichen Stärke und Klarheit wie auch die Arbeiten von Bildhauerin Sorina von Keyserling in der etwas klassischer gehaltenen Abteilung links des Kunsthaus-Korridors. Betreffend ihre bronzene Büste, die ihn selber zeigt, gönnt Thomas Emmerling sich die Behauptung, dass „ich stets versuche, so auszusehen wie er. Es gibt nicht mehr viele Künstler mit dem Blick für so viele Details“, und dass damit auch die realistischen bis gar surrealistischen Exponate von Malerin und Mutter Rodica von Keyserling gemeint sind, erklärte sich Mitte Juni am Vernissagen-Nachmittag im Kunsthaus 7B Michelsberg wie von selbst. Klausenburgerin Anne Nebert schließlich lobte der Hausherr für ihre Fähigkeit, das siebenbürgische Sonnenlicht wiederzugeben. Manch ein Gast kostete es anschließend im Weinglas aus und hatte Freude an der „Sternenguckerin“ Sorina von Keyserling´s, die dem Bild „Flying“ von Birgit Reiner wie aufgesogen nachhängt. Regie-Können vom Besten.