Temeswar (ADZ) – In Temeswar ist ein Streit über das Programm eines Weihnachtskonzerts der Banater Philharmonie eskaliert. Der Musiker Nicolae Voiculeț beschuldigt Bürgermeister Dominic Fritz (USR), zwei Stücke auf Grundlage von Gedichten des umstrittenen Autors Radu Gyr aus dem Repertoire gestrichen zu haben. Fritz und die Philharmonie weisen einen politischen Einfluss entschieden zurück. Voiculeț hatte auf Facebook schwere Vorwürfe gegen den gebürtigen Deutschen erhoben. In einem scharf formulierten Beitrag fragte er, wie sich Fritz „erlauben“ könne, sich „an die Seele des rumänischen Weihnachtsfestes“ zu wagen. Die Philharmonie habe angeblich auf Veranlassung des Bürgermeisters zwei traditionelle Stücke – „Leru-i Doamne Ler“ und „Ziurel de ziuă“ – entfernt, weil sie auf Texten des wegen Kriegsverbrechen verurteilten Dichters und Mitglieds der Legionärsbewegung Radu Gyr basierten.
Bürgermeister Fritz wies die Anschuldigungen klar zurück. Er erklärte, er habe „nichts mit dieser Entscheidung zu tun“ und erst aus der Presse von der Programmänderung erfahren. „Natürlich entscheidet der Bürgermeister nicht, was die Philharmonie spielt“, schrieb Fritz. Die Behauptung, er habe „Weihnachtslieder verboten“, bezeichnete er als „neue Fake News aus einer extremistischen Manipulationsblase“. Zudem verwies Fritz auf die historische Verantwortung im Umgang mit Gyrs Texten. In Temeswar seien 1938 vier Menschen bei einem legionarisch motivierten Anschlag auf eine jüdische Veranstaltung getötet worden, sagte er. Wenige Jahre später habe Gyr als Generaldirektor der staatlichen Theater die Entfernung jüdischer Schauspieler aus öffentlich geförderten Bühnen verfügt. „Vielleicht ist er nicht der passendste Dichter für die Feier der Geburt des jüdischen Jesus“, so Fritz. Auch die Banater Philharmonie betonte ihre Entscheidungsautonomie. Die Leitung erklärte, man habe nach einer Konsultation mehrerer Fachinstitutionen – darunter dem Nationalen Elie-Wiesel-Institut für die Erforschung des Holocaust in Rumänien – beschlossen, die beiden Stücke aus dem Programm zu nehmen. Das Institut habe darauf hingewiesen, dass Gyr wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde und die rumänische Gesetzgebung die öffentliche Förderung der Erinnerung an faschistische oder legionäre Symbolfiguren untersagt. Die Philharmonie erklärte, es handle sich nicht um Zensur, sondern um die Einhaltung rechtlicher Vorgaben. Das Konzert enthalte weiterhin traditionelle und christliche Weihnachtslieder aus dem nationalen und internationalen Repertoire. Philharmonie-Intendant Ovidiu Andriș unterstrich, das Programm werde „ausschließlich nach professionellen Kriterien“ gestaltet und stehe „nicht unter politischem Einfluss“.
Voiculeț reagierte erneut und forderte den Bürgermeister in einem weiteren Facebook-Beitrag auf, öffentlich Stellung zu beziehen. Er fragte Fritz, ob dieser bereit sei, gemeinsam mit den Bürgern von Temeswar ein traditionelles Weihnachtslied zu hören und sich zu bekreuzigen. „Ein einziges Wort erwarte ich: Ja oder Nein“, schrieb Voiculeț und erklärte, im Falle einer Ablehnung solle „ganz Rumänien wissen“, dass das Weihnachtsfest „in der Märtyrerstadt der Revolution“ vom Bürgermeister „gestoppt“ worden sei. Die Philharmonie plant, das Konzert am 19. Dezember wie vorgesehen durchzuführen.




