Hermannstadt - Was lange währt soll angeblich gut werden. Ob dieses noch gültig ist wenn die Langwierigkeit mancher falscher Entscheidungen oder der Ausbesserung von Fehlern zu verdanken ist, soll nicht an dieser Stelle erörtert werden. Das Hermannstädter Stadtbild ist nun um ein weiteres repräsentatives Gebäude reicher: das alte/neue Hermannstädter Stadion ist fertig. Am heutigen Mittwoch, dem 7. Dezember, lädt das Hermannstädter Bürgermeisteramt zwischen 10 und 20 Uhr zu einem Tag der offenen Tür ein, dabei kann jeder den neuen Prachtbau in Augenschein nehmen.
Die im September 2020 begonnene Sanierung des alten Stadions war nicht unumstritten. Viele Fragen standen schon während der 2018 begonnenen Planung im Raum: sollte nicht lieber der Altbau abgerissen werden und ein neues Stadion in der Nähe der Umfahrung gebaut werden? Musste die Sanierung unbedingt komplett aus der Stadtkasse finanziert werden? Wie sollen die 200 in dem Bau geplanten Parkplätze den entstandenen Bedarf abdecken? Wird sich irgendwann diese Investition selber tragen oder wird es auf unbefristete Zeit Steuergelder schlucken? Wer soll überhaupt das Stadion nutzen?
Wer einmal mit der rumänischen Projektbürokratie zu tun hatte, kann bis zu einem Punkt verstehen warum sich das Hermannstädter Bürgermeisteramt für eine Sanierung und nicht für einen Neubau entschlossen hat. Die bürokratischen Vorlagen sind in dem ersten Fall um ein Vielfaches einfacher, doch sollte man einem Apparat wie er dem Bürgermeisteramt zur Verfügung steht, doch zutrauen auch die Vorlagen für den zweiten Fall erarbeiten zu können.
Eine gewisse Planungsunsicherheit hat sich in diesen vier Jahren doch bemerkbar gemacht. So hat das neue Stadion von den ursprünglich geplanten 19.000 Plätzen nur noch 12.363. Eine der von dem ersten Bauunternehmen gebauten Tribünen musste von dem zweiten abgetragen und neu gebaut werden, da sie den neuen Anforderungen nicht mehr entsprach. Dazu kamen noch die unvorhersehbaren Schwierigkeiten: die Covid-19-Pandämie und die Erhöhung der Preise der Baumaterialien: so stiegen auch die ursprünglich auf 136,5 Millionen Lei geplanten Kosten auf fast 220 Millionen Lei.
Am 10. Dezember 2022 soll das Eröffnungsspiel im feierlichen Rahmen stattfinden. Es treten AFC Hermannstadt gegen Farul Konstanza an. Obwohl AFC Hermannstadt in der rumänischen Superliga einen guten Saisonstart hatte –zurzeit belegt der Klub Platz 8 – ist bei der Mannschaft, die das neue Stadion ihr zu Hause nennen wird, längst nicht alles rosig. Seit der Umbau des Stadions begann, stieg AFC Hermannstadt in die zweite Liga ab, um sich in der darauffolgenden Saison erneut den Aufstieg zu erkämpfen. Die finanziellen Schwierigkeiten machten es der Mannschaft nicht einfach. Zurzeit liegt dem Hermannstädter Gericht im Rahmen des Insolvenzverfahrens ein zweiter Umstrukturierungsplan vor. Wird dieser genehmigt, bleiben dem Verein nur noch Schulden in Höhe von 602.000 Lei erhalten. Im ursprünglichen von dem Gericht im März 2022 genehmigten Plan, hatte sich AFC Hermannstadt verpflichtet Altschulden in Höhe von knapp 10 Millionen Lei, von denen etwas mehr als 6 Millionen Lei dem Finanzamt geschuldet wurden, zu begleichen. Am heutigen 7. Dezember, dem gleichen Tag, an dem das Publikum das neue Stadion in Augenschein nehmen kann, soll das Gericht darüber ihr Urteil fällen.
Das Stadion soll nicht nur ein Ort für sportliche Veranstaltungen sein. Im Vorfeld hat das Hermannstädter Bürgermeisteramt die Nutzungsgebühren und -bedingungen festgelegt. So soll für Kulturveranstaltungen ein Nutzungstag 25.000 Lei kosten, zu denen noch andere Nutzungsbedingungen wie z.B. die Abdeckung des Rasens kommen. Ob Kulturveranstalter das Angebot beanspruchen werden, solange der Große Ring attraktiver, weil auch billiger, bleibt, muss abgewartet werden.
Dass Hermannstadt ein neues und modernes Stadion brauchte, ist unumstritten. Die Zeit wird zeigen, ob sich die durchgeführten Lösungen und Arbeiten als gut durchdacht und nachhaltig beweisen werden.