Temescher Behörden verschärfen Kritik an Bukarest

Bürgermeister Fritz und Staatssekretär Arafat plädieren für Deeskalation

Temeswar (ADZ) – Während der Temescher Kreisratsvorsitzende Alin Nica seine Kritik an den Zentralbehörden noch einmal verschärft und am Montag erklärt hat, dass Bukarest, genauso wie 1989, nicht in der Lage ist, Verständnis für die Temeswarer aufzubringen, mahnte Bürgermeister Dominic Fritz vor einem falschen Konflikt. Man müsse keinen künstlichen Krieg zwischen den Behörden herbeiführen und unterhalten, so ein Streit bringe niemandem etwas. Noch nie sei man in Bukarest auf so viel Wohlwollen gegenüber den Anliegen des Kreises Temesch und der Stadt Temeswar gestoßen wie gegenwärtig, sagte Fritz. Ein Streit, wie ihn die Temescher PNL vom Zaun gebrochen habe, sei vollkommen unangebracht, die bedrohliche Lage in den Spitälern und die zahlreichen Probleme, die die Bekämpfung der Epidemie mit sich bringe, würden eine solche Vorgehensweise einfach verbieten, setzte Fritz fort. Obwohl er sich in die internen Auseinandersetzungen der Liberalen nicht einmischen wolle, müsse er zu Vernunft allemal mahnen, so der Temeswarer Bürgermeister.

Den Temescher Kreisratsvorsitzenden hatten noch am Montag seine Bukarester Parteikollegen zurechtgewiesen, allen voran Innenminister Lucian Bode, aber auch der PNL-Vorsitzende Ludovic Orban. Bode sagte, dass das Problem des Temeswarer Lockdowns auf die Tagesordnung der heutigen Regierungssitzung gestellt werde. Das Kabinett müsse eingreifen, da die lokalen Behörden überfordert seien. Auch verteidigte Bode seinen Untergeordneten, Staatssekretär Raed Arafat, der die Verlängerung der Quarantäne rechtmäßig verordnet habe. Dem pflichtete PNL-Chef Orban bei, Arafat habe nach geltenden Vorschriften gehandelt. Im Vorfeld hatte Nica den Staatssekretär aufgefordert, zu erklären, nach welchem Gesetz er überhaupt aktiv geworden sei, und drohte, gegen die Entscheidung des Vorsitzenden des Landeskomitees für Katastrophenschutz gerichtlich vorzugehen.

Am Montagabend meldete sich Arafat selbst, er erklärte, dass die dreitägige Verlängerung des Lockdowns nicht als eine Kriegserklärung an die Temescher Behörden zu verstehen sei, sondern als eine Maßnahme, die allein der Bekämpfung der Pandemie diene. Es gehe niemandem darum, lokale Behörden vor den Kopf zu stoßen oder zu zeigen, wer das Sagen hat, schrieb Arafat. Der Vorschlag, die Quarantäne zu verlängern, kam von der Temescher Gesundheitsdirektion und nicht von wo anders, da aber das Kreiskomitee für Katastrophenschutz keine Entscheidung treffen konnte, musste die zentrale Behörde eingreifen. Wenn bis Mittwochmitternacht das Temescher Kreiskomitee keine Entscheidung zur weiteren Verlängerung trifft, laufe die in Bukarest beschlossene Maßnahme aus und werde nicht verlängert. Was dann zu tun sei, werde man sehen, erklärte der Staatssekretär.

Der Temescher Präfekt Zoltan Nemeth hatte bis Dienstagmorgen das Kreiskomitee noch nicht einberufen, er sagte, dass seinen Informationen nach die Regierung am Mittwoch das Temeswarer Problem erörtern werde und man deshalb die Kabinettssitzung abwarte.

In einer gemeinsam mit dem PNL-Abgeordneten Marilen Pirtea veranstalteten Pressekonferenz detaillierte der Kreisratsvorsitzende Nica seine Vorschläge zur Bekämpfung der Pandemie und forderte noch einmal die Aufhebung des Lockdowns. Er habe mehrmals seine Ideen den Zentralbehörden, aber auch dem Bürgermeister und dem Präfekten erläutert, doch niemand reagierte darauf. Nica schlägt die Beschleunigung der Massenimpfung vor, dafür sollen mehr Impfzentren rund um die Uhr arbeiten, auch soll der Kreis Temesch um 50 Prozent mehr Impfdosen erhalten. Ordnungskräfte sollten verstärkt dort kontrollieren, wo Menschenandrang entsteht, jedoch verstärkt auf Vorbeugung und Aufklärung setzen und Geldstrafen nur in Härtefällen verhängen. Auch soll Arafats Behörde Maßnahmen ergreifen, um die Anzahl der Betten auf den Intensivstationen zu erhöhen.

Ferner müsse man die Inzidenzzahlen nach der tatsächlichen Einwohnerzahl der Stadt Temeswar berechnen, diese sei deutlich höher als jene, die die Gesundheitsbehörde bei der +Berechnung benutzt. Der Abgeordnete Pirtea empfahl Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft, darunter die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie von 9 auf 5 Prozent, die Aussetzung der Immobiliensteuer sowie weitere Erleichterungen im Zusammenhang mit der Ausbezahlung des Krankenurlaubs im Falle aller Unternehmen, die aufgrund des Lockdowns schließen mussten. Arafat und seine Leute sollen die Bürger nicht mehr als trockene Zahlen betrachten und endlich auch etwas anderes tun als nur Lockdowns zu verhängen, schlussfolgerten die beiden PNL-Politiker.