Temeswar (ADZ) – Bereits am Freitag, dem zweiten Tag der russischen Aggression in der Ukraine, hat der Bürgermeister der mit Temeswar seit 2010 verbrüderten Stadt Czernowitz/Cernăuți, Roman Klichuk, seinen Temeswarer Amtskollegen um Hilfe gebeten. Bürgermeister Dominic Fritz sagte sofort zu und sagte nach dem Telefongespräch mit dem Czernowitzer Stadtvater, dass für Temeswar als erste freie Stadt Rumäniens der russische Angriff auf die Ukraine ein Angriff auf die Freiheit aller Bürger Europas sei und dass die Zeit gekommen sei, gemeinsam jene europäischen Werte zu verteidigen, für die auch Temeswar stehe und sich einsetze. Man könne dies durch eine tatkräftige Unterstützung der Ukrainer und vor allem der Bürger der Partnerstadt Czernowitz tun.
Am Samstag trafen sich dann im Ratssaal der Stadt Temeswar die Vertreter der Zivilgesellschaft, die sich in die von Bürgermeister Fritz gestarteten Hilfsaktion „Temeswar für die Ukraine“ einbringen wollen. Man müsse alle Anstrengungen koordinieren und dort helfen, wo es am meisten notwendig ist, sagte Fritz. Man wolle sich vor allem auf die Unterstützung der Stadt Czernowitz konzentrieren, weil dort mehrere Tausend Flüchtlinge aus dem Osten und dem Norden des Landes eingetroffen sei und die Stadtverwaltung sie nicht versorgen könne. Gleichzeitig müsse man auch in Temeswar Vorkehrungen für die Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen treffen. Die Temeswarer Gemeinschaftsstiftung habe ein Spendenkonto eingerichtet, in Kürze solle eine Internetseite zur Verfügung stehen, wo Informationen für alle, die helfen wollen und können, bereitstehen werden. Weitere Schritte werde das Organisationskomitee in Kürze mitteilen. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen der Stadt hätten bereits ihren Einsatzwillen bekundet und mit Geld- und Sachspenden die ersten konkreten Schritte gemacht. Es seien schreckliche Zeiten, man müsse als Stadt und Gemeinschaft Solidarität bekunden, forderte Fritz die Temeswarer auf.
Auch in der Temescher Vorortgemeinde Dumbrăvița haben die Bürger am Wochenende Lebensmittel, Kleider, Decken und Spielzeug für die ukrainischen Flüchtlinge gesammelt. Zwei Lkws fuhren bereits am Samstagnachmittag in die Bukowina, in den Städten Suceava und Milisăuți sollen die Güter an die dort untergebrachten Bürger des Nachbarlandes verteilt werden. Wie der Bürgermeister von Dumbrăvița, Horia Bugarin, mitteilte, sollen weitere Aktionen folgen.
Am Samstag teilte die Rechtsfakultät der Temeswarer West-Universität mit, dass das fakultätseigene Zentrum für die Unterstützung der Zivilgesellschaft (CJSC) allen Nichtregierungsorganisationen, die sich dieser Tage mit der Aufnahme und Betreuung der ukrainischen Flüchtlinge beschäftigen, auf Anfrage fachlichen Beistand leisten wird. Im CJSC bringen sich Lehrkräfte, Studierende und einige Temeswarer Anwälte ein, die kostenlos Rechtsbeistand für verschiedene NGOs sowie für gefährdete und schutzbedürftige Menschen gewähren. Nun wollen sie sich auf die Unterstützung bei der Betreuung der Kriegsflüchtlinge konzentrieren und bieten Beratung in Fragen des europäischen und nationalen Asyl- und Staatsbürgerrechts an. Anfragen können an die E-Mail-Adresse clinica.juridica@e-uvt.ro geschickt werden.
Am Wochenende sind etwa 80 ukrainische Flüchtlinge in den Kreis Temesch eingetroffen, untergebracht wurden sie in der Gemeinde Ebendorf/Știuca südöstlich von Lugosch/Lugoj, wo es eine ukrainische Mehrheit gibt. Von Ebendorf wollen die meisten Kriegsflüchtlinge weiter nach Italien oder Spanien reisen, dort haben sie Verwandte.