„Tradition nicht nur für das Museum“

Ein Erasmus-Plus-Projekt für Jugendliche nimmt wieder Fahrt auf

Zufriedenheit und fertige Handwerksprodukte auf einem Gruppenbild im Treppenhaus des Brukenthal-Gymnasiums Hermannstadt. Foto: Sebastian Marcovici

Hermannstadt – Der Besuch von Schülerteams und Lehrkräften des international besetzten Erasmus-Plus-Projekts „Entrepreneurial Journey – Reanimating Craftsmanship“ in der großen Glashütte SC Fabrica de Sticlă SA bei Freck/Avrig vor der verschneiten Kulisse des Fogarascher Gebirges/Munții Făgărașului Anfang März 2020 dürfte eine der letzten ausführlichen Stippvisiten von Laien in den Werkhallen vor Ort gewesen sein. Kein halbes Jahr später mussten alle 130 Arbeitnehmer der Frecker Glashütte wegen Schließung sich beruflich neu orientieren. Dabei hätten nur noch vier Jahre bis zum 400. Geburtstag des Betriebs gefehlt, der 1625 vergleichsweise klein zu produzieren begonnen hatte. Die Schülerinnen und Schüler aus Lettland, Österreich, Griechenland, Portugal und Rumänen arbeiten jedoch weiter an ihrem Projekt, sei es auch online, wenn gerade nicht anders möglich. Deutschlehrerin Bianke Grecu vom Samuel-von-Brukenthal-Gymnasium Hermannstadt/Sibiu ist stolz auf ihre Schule, die dem Erasmus-Plus-Projekt „Entrepreneurial Journey – Reanimating Craftsmanship“ neun Lehrkräfte und 18 Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse stellt – zahlenmäßig das größte unter allen fünf teilnehmenden Teams.

Vom einschneidenden Frühjahr 2020 angefangen bis in den späten Herbst 2021 hinein durften weder physische Projekt-Begegnungen stattfinden noch dafür erforderliche Reisen unternommen werden. Aber die Arbeit an dem Enieo Eidiko Epaggelmatiko Gymnasio in Lykeio, Katerinir (Griechenland), der Agrupamento de Escolas da Maia (Portugal), der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe, Tourismus, Mode und Bekleidungstechnik in Oberwart (Österreich), dem Grobinas gimnazija (Lettland) und natürlich auch am Brukenthal-Gymnasium Hermannstadt setzte in der langen Zeit nicht einfach aus. Zeitnah um den Nikolaustag 2021 trafen sich die Jugendlichen und Lehrkräfte auf der Online-Plattform Webex und zeigten einander vor, was quer durch sämtliche fünf Partnerländer gefertigt wurde.

Bis zu zehn Stunden Arbeitszeit stecken hinter jedem einzelnen Ei aus Styropor in einer von Hand gestickten Hülle in siebenbürgisch-sächsischen Mustern, wofür einige Jugendliche aus Hermannstadt sich entschieden haben, um daraus einen Osterbaum zu gestalten. Auf die kreisrunde Handtasche aus Stoff und geflochtenem Schilf entfallen sechs Stunden weniger Aufwand, letztlich aber auch eine feine Produktqualität. Ihre Projektmitarbeit jedoch krönten Bianke Grecu und das Hermannstädter Team mit den selbstgeschneiderten und - gestickten Blusen aus richtigem Hanf mit rumänisch ruralen Motiven.

Ende Februar 2022 steht in der Tat wieder einmal eine echte Reise an. Drei Lehrerinnen und Lehrer sowie fünf Schülerinnen und Schüler vom Gymnasium der Kleinstadt Grobina an der lettischen Ostseeküste freuen sich darauf, den Erasmus-Projektnachbarn aus Rumänien, Portugal, Griechenland und Österreich ihre baltische Heimat endlich ohne Bildschirm-Zwischenschaltung vorstellen zu können.