Traian Băsescu: Justizwesen ist selbst schuld

Ehemaliges Staatsoberhaupt besucht West-Universität

Foto: Virgil Simonescu

Temeswar (ADZ) – Auf Einladung der West-Universität verweilte der ehemalige Staatspräsident Traian Băsescu am Donnerstag in Temeswar, er sollte den Studierenden der Fakultät für Politikwissenschaften, Philosophie und Kommunikation einen Vortrag über die Zukunft der Europäischen Union halten. Obwohl es in der Einladung hieß, dass das ehemalige Staatsoberhaupt zu aktuellen Fragen der Innenpolitik keine Stellung nehmen werde, konnte sich Băsescu einige Bemerkungen zu den gegenwärtigen Entwicklungen nicht verkneifen und äußerte sich im Anschluss an seinen außenpolitischen Vortrag ausführlich auch zur innenpolitischen Lage.
Zur Außenpolitik sagte Băsescu, dass der Erfolgsschlüssel einer Nation die Gewährleistung der Sicherheit sei. Das geschehe im Falle von Rumänien durch die Mitgliedschaft in der NATO, die Europäische Union sorge für ökonomischen Wohlstand. Allerdings, so Băsescu, habe die EU seit zehn Jahren keine ihrer inneren Krisen bewältigen können, es sei derzeit ungewiss, wohin sie treibe. Der ehemalige Präsident plädierte ferner für die wirtschaftliche Konvergenz innerhalb der EU, die reichen Mitglieder müssten für die Entwicklung der ärmeren weiterhin aufkommen, weil sie, unter anderem, von der Massenauswanderung aus dem Osten profitieren würden. Rumänien fehlen nicht nur 16.000 ausgewanderte Ärzte, sondern auch 220.000 Ingenieure, die ebenfalls weg seien. Es sei auch im Interesse der westlichen EU-Staaten, wenn die östlichen ökonomisch vorankommen. An diesem Prozess müssten sie sich finanziell beteiligen, sagte Traian Băsescu. Er ging ferner auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen ein, die auf den Westen durch die Erstarkung der Volksrepublik China sowie durch die aggressive russische Außenpolitik zukommen.
An der jetzigen Misere in der rumänischen Gesellschaft sei allein das Justizwesen schuld, weil es nicht die Kraft hatte, sich selbst zu reinigen und den heutigen Machthabern deshalb die Möglichkeit gegeben habe, das Recht mit den Füßen zu treten. Staatsanwälte hätten Beweismittel gefälscht, sie hätten falsche Zeugen verhört und sich dabei nicht viel gedacht. Doch die Angeklagten sind dadurch zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, obwohl sie unschuldig waren und ihre vermeintliche Schuld nur durch Heranziehung von falschen Beweismitteln bewiesen werden konnte. Solchen Entwicklungen sah der Oberste Rat der Magistratur (CSM) tatenlos zu, kein Staatsanwalt wurde aus seinem Beruf entlassen. Man habe innerhalb des CSM ein System der gegenseitigen Protektion geschaffen, so dass kein Staatsanwalt oder Richter ernsthaft zur Verantwortung gezogen wurde, sagte Băsescu. Genau dieses System habe der jetzigen politischen Macht Anlass gegeben, unter dem Vorwand der Beseitigung realer Missstände das Justizwesen unter ihre Kontrolle zu bringen. Er ärgere sich immer, wenn er über die Justiz spricht, setzte B˛sescu fort. Dafür müsse er sich entschuldigen.
Andererseits, so der ehemalige Präsident, sei seine größte Errungenschaft die Stärkung des Rechtsstaats und die Beseitigung der politischen Kontrolle. Bis 2004, als er das Amt des Präsidenten antrat, war es so, dass der Premierminister (Adrian Năstase, Anm. d. Red.) und Rodica Stănoiu (Justizministerin zwischen 2000 und 2004, Anm. d. Red.) beim Sitz der PSD gemeinsam beschlossen haben, wer strafverfolgt wird und wer nicht. Dieses Problem konnte Băsescu aus der Welt schaffen. Sein größtes Problem war aber, nie zu wissen, wen die Staatsanwaltschaft gerade strafrechtlich verfolgt. Selbst als sein Bruder angeklagt und verhaftet wurde, habe er nichts gewusst, so Traian Băsescu. In der Politik sei er nur ein Laie gewesen, ihm habe gar nicht gefallen, dass er in seiner zehnjährigen Präsidentschaft von allen nur verflucht wurde.