Temeswar (ADZ) – Der PNL-Abgeordnete Marilen Pirtea, der seit 2012 das Amt des Rektors der West-Universität Temeswar bekleidet, weiß nicht, warum er von seinem direkten Vorgesetzten in der PNL, dem Temescher Kreisverbandschef Alin Nica, auf die Liste der liberalen Kandidaten für das Temeswarer Bürgermeisteramt gesetzt wurde. Zwar könne er es sich schon vorstellen, für dieses Amt zu kandidieren, wisse aber von einer diesbezüglichen Diskussion in der Partei nichts, gab Pirtea zu verstehen. Immerhin sei er erster stellvertretender Vorsitzender des Temescher Kreisverbands der PNL, Mitglied im Kreisvorstand und Abgeordneter. Was aber zähle, seien die Wünsche und die Vorstellungen der Bürger, man müsse über Umfragen ein klares Kandidatenprofil erstellen, um den Kandidaten zu bestimmen.
Er habe festgestellt, dass 30 Jahre lang alle Parteien nur am Gewinnen von Wahlen interessiert gewesen sind, ohne im Anschluss überhaupt zu wissen, was getan werden müsse, wenn man die Wahlen gewonnen hat. Keiner denke im Vorfeld an die zahlreichen Probleme, die nach Wahlgewinn und Amtseinführung gelöst werden müssen. Die Temeswarer USR sei das jüngste Beispiel, sie habe die Kommunalwahlen gewonnen und sei jetzt fehl am Platz, weil deren Team keine Verwaltungserfahrung habe. Der Gewinn von Wahlen sei kein Selbstzweck, persönlich halte er es mit Nicolae Iorga, dem rumänischen Historiker der Zwischenkriegszeit, der empfohlen habe, so zu handeln, dass Gutes zurückbleibe, sagte Pirtea, der seine öffentlichen Auftritte bis zur Ermüdung mit Zitaten zu schmücken pflegt. Klar ist jedenfalls, dass die Wähler immer wieder derbe Enttäuschungen erleben müssen, weil die Politiker nur Wahlen gewinnen wollen und im Nachhinein nicht wissen, was sie tun müssen. Sollte er für die PNL in das Temeswarer Rathaus einziehen, verfüge Pirtea über die nötige Erfahrung, um die Lebensqualität der Temeswarer deutlich zu verbessern, dessen sei er sich sicher und dafür bürge er. Enttäuschen werde er niemanden.
Wie die ADZ berichtete, hatte sich der Temescher Kreisratsvorsitzende und PNL-Kreisverbandschef Alin Nica selbst als Bürgermeisterkandidaten ins Gespräch gebracht und gesagt, er würde schon kandidieren, auch wenn ihm das keine besondere Freude bereiten würde. Daraufhin wurde Nica von Mădălin Bunoiu, PNL-Mitglied und Prorektor der West-Uni (also einer der Stellvertreter Pirteas), heftig kritisiert, Bunoiu sagte, es gäbe mindestens einen in der Temescher PNL, der einen dezenten Kandidaten abgeben würde, nämlich Pirtea. Nica ruderte dann zurück und präsentierte der Öffentlichkeit eine vierköpfige Kandidatenliste: Vizebürgermeister Cosmin Tabără, Marilen Pirtea, der Ex-Bürgermeister Nicolae Robu und er selbst.
Dem 49-jährigen Freimaurer Pirtea, der aus dem Kreis Bihor stammt und einen selbst für die fluiden Verhältnisse der 2000er Jahre steilen Aufstieg als Professor und Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften erlebt hat, werden sehr große Ambitionen nachgesagt. 2016 wollte er Bildungsminister werden, doch ein nie gänzlich aufgeklärter Plagiatsskandal sowie der Gewinn der damaligen Parlamentswahlen durch die PSD bremsten seine Karrierepläne. 2019, 2020 und 2021 war er erneut im Gespräch für einen Ministerposten, doch auch daraus wurde vorerst nichts. In Temeswar wird inzwischen erzählt, dass er nun Bürgermeister werden wolle, weil er in Bukarest nicht besonders gern gesehen wird und er sich bislang dort nicht die richtigen Freunde machen konnte, sodass er wahrscheinlich keinen hohen Posten in der Regierung bekommen wird.