Der Beschluss Nr.223/13.03.2012 des Verfassungsgerichts ist noch nicht im Amtsblatt Monitorul Oficial (MO) erschienen, hat folglich noch keine anwendbare Gesetzeskraft. Also, erklärt die Nationale Versicherungskasse für Öffentliche Renten, CNPP, laut Mediafax, wird die Interpretation, derzufolge nur das Rentenquantum, das über 740 Lei/Monat liegt, mit 5,5 Prozent Gesundheitsversicherungssteuer belegt wird, noch nicht angewandt.
Die Rentner, welche die Rentenversicherung mit Gesuchen um Erstattung der seit Januar 2011 zurückbehaltenen Summen überrennen, hätten keine Chance, da das Urteil des Verfassungsgerichts nicht rückwirkend angewandt wird.
Hingegen werde ab der Veröffentlichung im Amtsblatt die Rentenkalkulation der Entscheidung des Verfassungsgerichts Rechnung tragen und „automatisch“ den vorgeschriebenen Berechnungsmodus anwenden – ohne dass dazu ein Gesuch seitens der betroffenen Rentner nötig sei, gibt CNPP bekannt.
Die Urteilsbegründung des Verfassungsgerichts vom 13. März ist am Dienstag auf der Webseite des Verfassungsgerichts veröffentlicht worden, wobei auf Art. 259, Abs.2, des novellierten Gesundheitsgesetzes 95/2006 „Über die Reform im Gesundheitswesen“ Bezug genommen und die Kalkulation der Gesundheitsbesteuerung der Renten geregelt wird.
Das Urteil des Verfassungsgerichts folgt auf eine Klage des Klausenburger Bürgers Andrei Kiss (Dossier 204/33/2011) vor dem Berufungsgericht Klausenburg, Abteilung Handel, Verwaltungs- und Steuerfragen, der die Verfassungskonformität der Rentenbesteuerung anzweifelt, wie sie im Dringlichkeitserlass der Boc-Regierung Nr.107/2010 anzuwenden empfohlen wird.
Dadurch werde teilweise das verfassungsmäßig zugesicherte Recht auf Renten und auf „ein dezentes Leben“ der Rentner übertreten, urteilt das Verfassungsgericht und empfiehlt, bloß den Teil der Renten mit der Gesundheitssteuer von 5,5 Prozent zu belegen, der 740 Lei/Monat überschreitet.
Das Verfassungsgericht findet, dass die Rentenversicherungskasse ihre Hauptaufgabe, die „Sicherung eines minimalen Niveaus der Gesundheitsbetreuung der Bevölkerung“ auch erfüllen kann, ohne die geringeren Renten zu besteuern und ohne von allen Renten, die höher als 740 Lei/Monat sind, pauschal 5,5 Prozent Rentenversicherung einzubehalten. Es reiche auch, wenn bloß jene Summen besteuert werden, die über diesem Grenzwert liegen. Das halte man für eine gerechte Besteuerung, wobei implizite die Beitragskapazität der Steuerzahler, bzw. die Verteilung der Steuerverpflichtungen auch der Pflicht des Sozialschutzes gegenüber den Einkommensschwachen Rechnung trage.
Versichert seien, laut Urteilsschluss Nr.35/24.Januar 2012 des Verfassungsgerichts, schriftlich ausformuliert am 13. März 2012 und am vergangenen Dienstag auf der Internetseite des Verfassungsgerichts veröffentlicht, „alle Personen, die zum Nationalen Sozialen Gesundheitsversicherungsfonds beigetragen haben“, indem sie einen Teil ihres Einkommens an diesen abtraten.
Da die Rente ein Einkommen sei, habe der Gesetzgeber – und nur er – das Recht, Anwendungsausnahmen zu formulieren wie die gegenwärtige für Renten bis zu 740 Lei und darüber.
In diesem Fall habe der Gesetzgeber von seinem Recht Gebrauch gemacht und einen Teil der Renten ganz, einen anderen teilweise von der Zahlungspflicht an die Rentenversicherungskasse enthoben. Das sei das Exklusivrecht des Gesetzgebers, das nicht zensuriert werden könne aus der Perspektive der Garantierung des verfassungsrechtlich zugesicherten Rechts auf Rente.
Die Verfassung schreibe vor, dass „ein dezentes Lebensniveau der Rentner“ nur begrenzt durch Einkommensbeschneidungen geschmälert werden dürfe.
Daraus folgert das Verfassungsgericht, dass sowohl die Rentner mit einem Rentenniveau von bis einschließlich 740 Lei/Monat, als auch jene, welche einen Beitrag zur Gesundheitsversicherung für alle Summen abgeben müssen, die 740 Lei überschreiten, gleichgesstellt sind als Gesundheitsversicherte. Mit dieser Maßnahme schalte man die Ungerechtigkeit aus, dass bislang Rentner, deren Netto-Renteneinkommen ab 741 Lei/Monat voll um die 5,5 Prozent Gesundheitsversícherung geschmälert wurde, gegenüber den Rentnern mit bis zu 740 Lei/Monat eklatant benachteiligt waren.
Ab nun darf durch die Besteuerung der Nettorente deren Wert nicht unter den Grenzwert von 740 Lei sinken. „Fiskalität muss nicht nur gesetzeskonform, sondern auch proportionell, vernünftig und gerecht sein und darf keine Differenzierungen generieren“, urteilt das Verfassungsgericht. Das heißt, bei der Verteilung der Steuerlast müsse konkret berücksichtigt werden, wie diese berechnet wird und wie sie als Last vom Besteuerten empfunden wird.
Der bisher angewandte Berechnungsmodus sei für gewisse Einkommenebenen aus Renten „weder vernünftig noch gerecht“ gewesen, urteilt das Verfassungsgericht. Als positives Beispiel wird die Einkommensteuer auf Renten erwähnt, die erst ab einer Monatsrente von 1000 Lei erhoben wird – auf das, was darüber liegt. Ungerechtigkeiten werden so vermieden und auch im Gesundheitsversicherungssystem soll es künftig so sein.
Schlussendlich unterstreicht das Verfassungsgericht ausdrücklich, dass die Auswirkungen seines Urteils nur in Zukunft Folgen haben. Angewandt werden sollen diese Folgen von der Nationalen Öffentlichen Rentenkasse CNPP durch die Rentenkassen in den Verwaltungskreisen „ab Datum der Veröffentlichung der Entscheidung des Verfassungsgerichts“. Gerichte sollen bei Klagen dieses Urteil des Verfassungsgerichts „nur in den Fällen anwenden, die anhängig sind in der zeitlichen Folge nach der Veröffentlichung dieses Urteils und in Fällen, auf welche dieses Urteil anwendbar ist“. Bei laufenden Prozessen – rumänienweit ist von mehreren tausend Klagen der Rentner in dieser causa die Rede – sei die Verfassungswidrigkeit des bisherigen Anwendungsmodus ein Revisionsgrund.