Vom Mühlensterben und -retten

Buchautor Radu Trifan und sein „Acasă în Banat“ zum Thema Bürgerpflicht angesichts des Mühlenerbes

Radu Trifan, der Autor des Buches über die Mühlen des Banats – im Hintergrund eine Präsentationswand des von ihm gegründeten Freiwilligenvereins „Acasă în Banat“, mit (v.l.n.r.) einem Gruppenfoto der Volontäre, die in Valeapai eine „Colour the Village“-Aktion durchgeführt haben, mit einer der Großmühlen (Tageskapazitäten: – bis 100 Tonnen Mehl) der Müllerfamilie Prohaszka, und – rechts – eine der fünf Windmühlen, die einst in Triebswetter funktioniert haben. Foto: Werner Kremm

Reschitza – In diesen Tagen und Wochen macht Radu Trifan gemeinsam mit Gleichgesinnten eine Präsentationstournee seines Buches „Morile Banatului“/„Die Mühlen des Banats“ durch ausgewählte Banater Ortschaften. Und das Mitglied des TIMS (The International Molinological Society – Die Internationale Molinologische Gesellschaft) nutzt jede Gelegenheit, zu seinen Buchvorstellungen die noch im Banat lebenden Müller einzuladen. Und in der Tat folgen diese seinem Ruf, was auf ein solides Vertrauensverhältnis zwischen Trifan, der seit vier Jahren an der Inventur noch vorhandener Banater Mühlen arbeitet, und den wenigen noch aktiven Müllern hinweist – und die Teilnehmer an den Buchvorstellungen einzuladen, selber Hand anzulegen, sich zusammenzuschließen, um zu retten was noch an Mühlen existiert.

Denn Radu Trifan hat das Jahr 2004, als Rumänien – implizite das Banat – eine konkrete Perspektive des EU-Beitritts bekam und sich darauf vorzubereiten begann, als Schlüsseljahr identifiziert, in dem das „Mühlensterben“ in Rumänien begann. Er bestätigte anlässlich der Buchvorstellung im Nákó–Kastell von Großsanktnikolaus (mit einer Ausstellung kommentierter Fotos zu Banater Mühlen) die Aussage des aus dem Geschäft ausgestiegenen letzten Betreibers und Besitzers der „Bachmann“-Mühle, Alexandru Hiticaș, dass Rumänien bei der „Anpassung“ an die EU-Regelwerke den falschen Weg gegangen sei. Statt die Mühlenbesitzer und Müller (finanziell!!) zu unterstützen – wie in anderen Kandidatenländern und auch in den EU-Mitgliedsländern - um die Anpassung an EU-Regeln zu schultern, schickte man „Inspektoren“ aus, um nachzuprüfen, ob die Mühlen und Müller den EU-Regeln angepasst sind und überschüttete sie so lange mit Strafgeldern wegen Nichtrespektierung der kommenden EU-Regeln, bis die Mühlen abgestellt und geschlossen, anschließend verkauft oder dem Verfall preisgegeben wurden.

Interessant auch die Reaktionen der in Großsanktnikolaus anwesenden Müller. Silviu Cristea, der Müller von Sarafol/Saravale drückte beispielsweise seine Besorgnis aus wegen des Nachwuchsmangels in diesem schweren und verantwortungsvollen Beruf und bedauerte, dass es im ganzen Banat keine einzige Berufsschule – auch keine duale Berufsschule („denn das Müllerhandwerk lernt man in der praktischen Tätigkeit“) – dafür gibt und dass die einzige Berufsschulklasse für Müller in Südrumänien, in Oltenien sei, wo allerdings die Mehrheit der Schüler Mädchen seien. „Und bei aller Achtung für Frauen und Mädchen: Müller sein ist kein Frauenberuf“, sagte er im Privatgespräch. Ähnliches bekräftigte der resolute Stelian Vinca, der Müller von Gertjanosch: „Schauen Sie uns an, in welchem Alter wir, die noch aktiven Müller der Banater Ebene, sind, und wie wir ausschauen: kein Müller ohne Schäden an der Wirbelsäule, an den Gelenken, in den Schultern. Müllerei ist Schwerstarbeit, physische Arbeit, doch das Köpfchen muss immer dabei sein.“ Der 90-jährige Müller Klein aus Großsanktnikolaus, der heute noch alle Maschinen und den Verlauf des Mahlens des Getreides in der Prohaszka-Mühle, der größten der alten Mühlen in Westrumänien aus dem Effeff kennt, fügte hinzu: „Wenn ein Müller in die Mühle eintritt, müssen alle seine Sinne wach sein: das Gehör – wie laufen die Maschinen, wie klingt der Mahlgang; das Auge – wie schaut das Mehl aus, wie die in der Arbeit befindlichen Müller; der Geruchssinn – wie riecht das Mehl, wie die Luft in der Mühle; der Tastsinn – wie fühlt sich das Mehl an, wie die Kleie, wie der Gries; und nicht zuletzt muss er Intuition haben: geht es meinen Leuten zuhause, in ihrer Familie, gut? Sind meine Leute gesund? Sind sie voll bei der Sache? Das muss man ihm nicht sagen, das muss er alles intuitiv erfassen.“
Radu Trifan nutzt jede Buchvorstellung auch zu Aufrufen, zu Appellen an den Bürgersinn: „Wenn Sie in Ihrer Ortschaft eine Mühle, ein Sinnbild des Werdens ihrer heutigen Gesellschaft haben, die vom Verfall bedroht ist: Wer oder was hindert Sie daran, Gleichgesinnte um sich zu scharen und selber etwas zur Rettung des Bedrohten zu tun? Es funktioniert bis zuletzt, auch bei uns!“