Vorbildliche Töne auf das „Magnum Misterium“

Ein Klausenburger Kammerchor singt sich zur Referenz

Schwarze Kleidung, in der Tat leuchtende Stimmen und ein zum Advent passendes Programm empfahlen die Konzert-Überschrift „Lux ex Tenebris” Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Da war nichts. Nichts, was den vollendeten Mischklang vor dem Altartisch auch nur für den Bruchteil eines Augenblicks hätte verunreinigen können. Ob sich unter den acht Damen und fünf Herren ausschließlich Berufsmusikerinnen und -musiker fanden? Sicher, hätte man nach dem stupenden „Calme des nuits“ von Camille Saint-Saëns als Zugabe behaupten können. Doch die Selbstverständlichkeit, womit am Dienstagabend, dem 25. November, die Schola Cantorum Transsylvaniens ganz ohne jeden Einsatz stimmlich überzogener Gewalt in der römisch-katholischen Stadtpfarrkirche am Großen Ring/Piața Mare auftrat, zeigt einiges an, was auf mehr als Krafttraining zurückgeht und bei ausreichend Eignung auch Laien klar erreichbar ist. Oder Profis, deren Fähigkeit die vokal übermäßigen Anforderungen von philharmonischen und Opernchören kaum je befriedigt. Eine feine Nische bleiben dürfte das Singen im Kammerchor auch in Zukunft – zumal in Rumänien – , wobei das von Erzsébet Windhager-Geréd geleitete Ensemble in Klausenburg/Cluj und Region Maßstäbe setzt, an denen sich auch und gerade manch gediegenere Formationen der siebenbürgischen Kirchenmusik-Szene eifrig zu messen haben. Michael Haydns acht Responsorien für die Weihnachts-Vigil im wohlüberlegten Wechsel mit je einem Lied von zehn Komponistinnen und Komponisten des aktuellen und letzten Jahrhunderts hätten sich schwerlich noch eine Spur ergreifender als von den 13 Mitgliedern der Schola Cantorum Transsylvaniensis singen lassen können. Schade nur, dass im Schiff der gastgebenden Stätte ein Vielfaches vom tatsächlichen Publikum Platz gehabt hätte.

Beirren jedoch ließen Chorleiterin Erzsébet Windhager-Geréd und die in zwei Reihen stehenden Sängerinnen und Sänger sich davon überhaupt gar nicht. Ihr „Pie Jesu“ nach Notenvorgabe von Judit Varga schuf den glänzenden Konzert-Einstieg, und schon nach den „Arhaisme“ (´archaische´ Gebetszeilen) von Sigismund Toduță an zweiter Stelle des Abends erfolgte die Bitte an die jäh begeisterten Zuhörer, sich allen Applaus für das Finale aufzuheben. Was gerne befolgt wurde und dem Fluss gewählt ätherischer Musik von Arvo Pärt,  Levente Gyöngyösi, Lucy Walker, Ede Teréyni, Eric Whitacre, Sergej Rachmaninow, Franz Biebl und Alessandro Kirschner zugute kam. Mutig der Kontrast durch das regelmäßige Zwischenschieben eines Responsoriums von Klassiker Michael Haydn, dessen Stil sich zum Ende des Konzerts hin nicht verbrauchte, entgegen repetitiver Einfachheit wie auch etwa in den „Dicta“ protestantischer Autoren aus dem sächsischen Siebenbürgen derselben Epoche: die Zuarbeit von Cellist Samuel Könczei sowie seinen Kollegen Elöd Gábor und Koppány Hunyadi auf ihren Violinen fruchtete, trotz der spürbaren Einschränkungen bei klammer Raumtemperatur und tiefem Orgel-Stimmton.

Richtig kalt zwar fühlte sich Hermannstadts katholische Stadtpfarrkirche nicht an, aber auch Konditionen zum Ablegen von Jacken und Mänteln herrschten beileibe keine. Dagegen stimmte die Musik, sie überzeugte makellos wie das in sich ruhende Drehen der Kronleuchter um ihre eigene Achse. „Ein frohes Fest“ hatte anfangs Erzsébet Windhager-Geréd auf Rumänisch, Ungarisch und Deutsch gewünscht, zu dem „dieses Konzert unser Geschenk sein soll.“ Was die Schola Cantorum Transsylvaniensis vorführt, darf gerne so breit wie möglich Schule machen.