Eine amüsante Überraschung erwartete die Hermannstädter, die dieser Tage an einer Veranstaltung im Forumssitz teilnehmen wollten. Am Ende der Stiege erwartete sie eine Anzeige mit zwei Pfeilen: rechts zu den nun schon traditionellen „Hermannstädter Gesprächen“, links zu einem außerordentlichen Barockkonzert. Handelte es sich um einen Organisationsfehler, oder wollte man die Hermannstädter auf die Probe stellen, was ihnen wichtiger sei? Für die Musikliebhaber war das Konzert ein Muss, doch viele wollten auch gerne wissen, wie sich der kompetente und beliebte Rechtsanwalt des Forums die Zukunft dieser Organisation vorstellt, denn sein Vortrag trug den Titel: „Das Deutsche Forum in das dritte Jahrzehnt“ – ein Manifest für eine intensive Teilnahme des Forums an der rumänischen Gesellschaft.
Über die Zukunft des Deutschen Forums zu sprechen, ist ein heikles Thema. Die Männer der ersten Stunde sind zwar fast alle noch da und auch einsatzbereit, doch viele bejahrt und überladen mit allen möglichen Funktionen. Aber wie lange noch? Deshalb hatte man anschließend ein Treffen mit der Nachfolgegeneration angeschlossen und dafür im letzten Augenblick 130 Briefe an junge Forumsmitglieder zwischen 30 und 50 Jahren losgeschickt. Und 15 davon waren dem Ruf gefolgt! So hatten beide Veranstaltungen ihre „Zuhörer“. Obwohl Florin Albulescu gebürtiger Rumäne ist, der ausgezeichnet deutsch spricht, ist er seit den Anfängen des Forums mit von der Partie. Er ist der „Vertrauensanwalt“ des Forums, der immer wieder einspringt, wenn juristische Hilfe gefragt ist. Er fühlt sich zum Forum gehörig und spricht von „uns“, wenn es um Forumsbelange geht.
Seine Beständigkeit beweist, dass man auch mit Rumänen gut zusammenarbeiten kann, wenn sie gewillt sind mitzumachen. Doch wie gewillt ist man, die eigenen Reihen zu öffnen? Was tut man konkret dafür?
Außer Vorschlägen eigentlich zu wenig, denn leicht ist ein Umdenken keineswegs, wenn eine hundertjährige Tradition Denken und Handeln bestimmt. Noch wurde keine Lösung gefunden, um deutschsprachige Rumänen und Bundesdeutsche, die hier leben und mitmachen wollen, legal einzubinden. Es ist wahr, das ist ein kompliziertes Problem, aber die einzige Überlebenschance des Forums.
Die nächste Generation, die mitmachen könnte, ist 3-4 Jahrzehnte jünger und stammt hauptsächlich aus Mischehen und Rückkehrern. Aber es gibt sie, wie inzwischen festgestellt wurde!
Aber zurück zu Florin Albulescu. Er sieht die Zukunft dieser Organisation in einem verstärkten Einsatz des Forums in die Landespolitik. Das Forum ist öffentlich anerkannt und landesweit geschätzt, besonders im letzten Jahrzehnt durch den Einsatz des Bürgermeisters Klaus Johannis und des Parlamentariers Ovidiu Gan]. „Das soll und muss ausgenutzt werden!“ ist die Meinung Albulescus. Man könnte „einen Dialog auf Landesebene“ starten, sich gegen die „Gleichgültigkeit oder Undurchsichtigkeit“ in der Landespolitik einsetzen, dagegen Stellung nehmen, Artikel und Berichte zu brennenden Themen veröffentlichen. Zwar gehört die ADZ zu den wenigen objektiven Landeszeitungen in Rumänien, gelangt aber kaum in die Hände rumänischer Leser. Mit Übersetzungen gehaltvoller Beiträge in der rumänischen Presse könnte dieses überbrückt werden. Wenigstens einmal im Monat sollte man Stellungsnahmen zu wichtigen Themen – wie beispielsweise Verfassung und Regionalisierung – publizieren. Der Evangelischen Akademie käme hierbei eine wichtige Rolle zu, so Albulescu. (Doch seien wir ehrlich: die EAS hat diese Rolle jahrelang innegehabt: Persönlichkeiten aus der rumänische Politik und aus Deutschland waren hier oft die Vortragenden, die Ökumene hatte endlich einen einmaligen Treffpunkt gefunden. Warum hat man diese Tradition nicht bewahrt?)
Bei der anschließenden Diskussion kam heraus: Die Ziele sind zu hoch gestellt, man braucht Zeit umzudenken. Man ist noch nicht soweit, um in der großen Politik mitzumischen. Aber die Vorschläge haben Sinn. Man muss umdenken, neue Ansätze sind gefragt, die Öffnung zur rumänischen Öffentlichkeit ist wichtig. Ein aktiver Pressesprecher sollte eingesetzt werden. Neue Leute können neue Ideen entwickeln.
Anschließend kamen die neuen Leute zu Wort. Es handelt sich um die Generation unter 40, die bislang dem Forum ferngeblieben ist, aber durch die Briefe angestachelt wurde, einmal Tuchfühlung mit dem Forum zu nehmen. Es kam zu einem ersten Kennenlernen, man wurde aufgefordert, Vorschläge und Meinungen von sich zu geben. Deshalb war die Anregung, beispielsweise einen Stammtisch zu organisieren oder gemeinsam Ausflüge zu unternehmen, ein guter Anfang.