Weltspitze in der Dorfkirche

Kontrastprogramm zum Folkfestival Wolfsberg: Jazzkonzert in Weidenthal

Das Trio, das am Sonntag in Weidenthal ein herausragendes Musikereignis schuf (v.l.n.r.): Georg („Puba“) Hromadka, Nicolas Simion und Sorin Romanescu
Foto: Dr.Ing.Sergiu Morariu

Der Komponist Prof. Dr. Sabin Păutza, Ehrendirigent mehrerer US-amerikanischer Simfonieorchester
Foto: Werner Kremm

Weidenthal – Samstag traten in der römisch-katholischen Dorfkirche von Weidenthal der aus der Nähe von Kronstadt/Braşov stammende und in Deutschland lebende Saxophonist und Klarinettist Nicolas Simion, der Bukarester Gitarrist Sorin Romanescu und der aus Temeswar stammende und in Deutschland als Musiklehrer lebende Schlagzeuger Georg („Puba“) Hromadka auf.

Das Konzert, das dessen Initiator, der Komponist und Free-Jazz-Kenner Sabin Păutza (in seiner Eigenschaft als Präsident der Reschitzaer Kulturgesellschaft „Metarsis“) als eine „Jamsession“ bezeichnete („weil die drei sich bloß am Abend vorher begegnet sind und nichts anderes getan haben als ein Repertoire des heutigen Auftritts zu skizzieren – keine vorherige Probe“ – so Păutza in seiner kurzen Einführung), wurde zum außergewöhnlichen Ereignis, das bewusst als Kontrastprogramm zum zeitgleich auf der Freilichtbühne des Wolfstals im Wolfsberg stattfindenden Folk-Festival gedacht war. Sabin Păutza gehört zu den Bewunderern und Förderern Nicolas Simions, hat für ihn in seiner Eigenschaft als eine der Schlüsselfiguren der New Yorker Musikszene USA-Konzertreisen organisiert und hat eigens für den virtuosen Saxophonisten Nicolas Simion zwei Konzerte komponiert, die, mit Simion als Solist, in New York in den vergangenen Jahren uraufgeführt wurden. Simions geheime Leidenschaft ist allerdings nach wie vor der Ethno-Jazz („Transilvania-Jazz“ nennt sich eine seiner jüngsten CDs) und den beherrscht er virtuos.

In der kleinen Dorfkirche in Weidenthal, wie immer vom Reschitzaer Erzdechant des Banater Berglands, József Csaba Pál, mit Großzügigkeit für kulturelle Ereignisse zur Verfügung gestellt, musste er die Teilnehmer sogar in seiner eigenartigen Mischung aus Humor und Ironie warnen: „Bitte nicht tanzen! Wir sind in einer Kirche!“ Dies, als er zu einer Banater Abart der Klarinette, der „Torogoată“, griff (die er während des Konzerts zweimal gleichzeitig mit der Klarinette blies) und eine Suite Südbanater rumänischert Volksweisen aus dem Gugulaner-Raum um Karansebesch-Ferdinandsberg, angehaucht mit Jazz-Kultur, als Soloeinlage darbot.

Der Auftritt des improvisierten Trios, des melancholischen Gitarristen Sorin Romanescu, ein Perfektionist, der jedem Ton nachlauscht, den er seinem Instrument entlockt, des souveränen Nicolas Simion, der mit sichtbarem Spaß bei der Sache war und im Rahmen der (trotz allem: strenge Regeln respektierenden) Jamsession mit enormem Teamgeist und Kulanz die beiden Partner zur Geltung kommen ließ und sie zu Soli animierte, und des mit fein nuancierter, disziplinierter Exuberanz seine Trommeln behandelnden Schlagzeugers „Puba“ Hromadka (der in Weidenthal, gegenüber der Kirche, ein Eckhaus erworben hat, wo – so die unter Musikern herumgeisternde Legende - die ersten „Wolfsberger Jazzkonzerte“ stattfanden) wird, bei aller gebotenen Zurückhaltung in der Bewertung, als das Ereignis dieses Sommers in Weidenthal in die Musikannalen der beiden Deutschböhmendörfer unter dem Semenik eingehen. (Der heutige Musiklehrer Georg-Puba Hromadka hat übrigens seinerzeit bei Sabin Păutza in Jassy studiert und gehörte in den 1970er Jahren zu den Gründervätern der Temeswarer Jazz-Szene, Neben Johnny Bota, Béla Kamocsa, Kurt-Toni Kühn, Liviu Butoi u. a. . Hromadkas Verhältnis zu seinem ehemaligen Musiklehrer Păutza scheint auch heute exzellent zu sein).

Sabin Păutza („ich habe den Fehler gemacht, in diesem Jahr 70 zu werden und seither musste ich 14 Konzerte dirigieren und immer wieder öffentlich auftreten!“), der zusammen mit dem Ehepaar Camelia und Lucian Duca den Musikliebhabern das Ereignies des vergangenen Wochenendes beschied, meinte beim Aufräumen der Szene vor dem Altar der Weidenthaler Kirche, an dem er sich, in aller Selbstverständlichkeit, aktiv beteiligte: „In diesem Banater Bergland liegt immer noch Musik in der Luft – von New York aus hätte ich das bis vor einigen Jahren so nicht geglaubt.“ Die Familie Duca besitzt im Wolfsberg ein Haus. Sie stellen die arbeitende Seele der Kulturgesellschaft „Metarsis“ dar, deren denkende Seele der im Banater Bergland wieder heimisch werdende Sabin Păutza ist.