Eis ist kalt und Feuer ist heiß. Zu diesen allbekannten Weisheiten gehört in unseren Breitengraden gewiss auch diese: Im Winter kommt der Schnee. Doch wenn diese Tatsache jedem Kindergartenkind wohl bekannt ist, scheinen die zuständigen Institutionen jedes Jahr vom kalten Niederschlag überrascht zu sein. Da können die Meteorologen bis zum Umfallen warnen, der erste Schnee kommt wie immer unerwartet. Die TV-Sender profitieren von jeder Schneeflocke und berichten ausführlich über die Staus und nicht aufgeräumten Straßen.
Eine weitere Kategorie der Menschen, die aus der im Vorjahr gemachten Erfahrung nicht lernen will, sind Autofahrer. Auch wenn es die ganze Nacht geschneit hat und der Vierrad-Freund kaum unter der Schneehaube zu sehen ist, können oder wollen sie nicht auf eine Autofahrt verzichten. Dabei schleppen sie sich mit der Geschwindigkeit einer verletzten Schnecke hinter dem Aufräumfahrzeug, fluchen und hupen. Gewiss kann es auch schlimmer kommen, wenn das Auto im Schnee der nicht aufgeräumten Straßen stecken bleibt oder auf dem glatten Untergrund ausrutscht. Auf die zur Pflicht gewordenen Winterreifen hat so mancher Autofahrer verzichtet, in der Hoffnung, der Winter käme doch nicht.
Nicht besser ergeht es den nicht dem Wetter entsprechend ausgerüsteten Fußgängern. Frauen, die auf ihre hochhackigen Schuhe nicht verzichten wollen, latschen durch die rutschige Maße aus dem halb geschmolzenen Schnee und dem Sand-Salz-Gemisch. Diese Schuhe fressende Mixtur findet sich in besonders großer Menge auf den Bürgersteigen, die in diesem Land als letzte, wenn überhaupt, aufgeräumt werden. Zum Glück fürchten die meisten Geschäfte eine Bestrafung seitens der Rathäuser und schrubben den Fleck vor den eigenen Schaufenstern bis zum glatten Pflasterstein. Jedoch steigt in den schneereichen Tagen die Anzahl der Knochenbrüche enorm.
Die einzigen, die sich über den Schnee von ganzem Herzen freuen, sind Kinder. Sie verarbeiten den Schnee zu Schneemännern und Schneeburgen, führen Schneeballschlachten nach allen Regeln der Kriegsführung oder rodeln bis zur völligen Erschöpfung mit den Schlitten. Vielleicht ist dies die einzig richtige Einstellung, denn es hat keinen Sinn, sich über den Schnee zu ärgern. Auch wenn das ganze Land sich ganz stark über den Schnee aufregen würde, wird es ihn nicht heiß machen. Wieder Ärger mit dem Winter.