Wollte der Bürgermeister die Gunst der Temeswarer Presse erkaufen?

Den Medien sollte klar gemacht werden, wer für ihr Wohlwollen bezahlt

Temeswar (ADZ) – Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen Bürgermeister Dominic Fritz (USR) und dem inzwischen entlassenen Direktor der stadteigenen Aktiengesellschaft, die die Temeswarer Bauernmärkte verwaltet, Liviu Cocean, soll Fritz im Sommer 2021 von diesem verlangt haben, allen Medienunternehmen, die von der Pie]e S.A. für Werbung bezahlt wurden, klar zu machen, dass solche Werbeverträge nur mit dem Wissen und dem vorherigen Einverständnis des Bürgermeisters abgeschlossen werden. Im Klartext: Lokale Medien sollen durch Geldüberweisungen gefügig gemacht werden und es soll ihren Verantwortlichen klar sein, dass das Geld nach der ausdrücklichen Befürwortung des Bürgermeisters fließt, dass also der Verkäufer keinen Zweifel darüber hat, wer der Käufer ist. Das Telefongespräch soll kurz nach der Ernennung von Cocean zum Direktor der Gesellschaft stattgefunden haben. Außer den Verträgen mit den Medien ging es um Investitionen in das „Image“ der Märkte, damit man der Bevölkerung zeigen könne, dass „etwas getan werde“.

Sollte die Aufzeichnung real sein, scheint Bürgermeister Fritz in der Tat daran interessiert zu sein, das Wohlwollen der Presse zu erkaufen, unter anderem sagt er seinem Gesprächspartner, dass man ja wisse, wie in Temeswar die Medien funktionieren würden. Cocean erwidert, dass die Pie]e S.A. nur zwei Verträge abgeschlossen habe, einen mit dem lokalen Fernsehsender Tele Europa Nova und einen anderen mit der Online-Publikation „Buletin de Timi{oara“, andere stadteigene Gesellschaften hätten deutlich mehr solcher Verträge abgeschlossen. Fritz besteht darauf, dass den Medienmachern zu verstehen gegeben wird, dass kein Vertrag ohne sein Wissen abgeschlossen wird, so dass die gute Tat „keinem anderen angerechnet wird“, wie er seinem Gesprächspartner sagt. Auch verlangt er von Cocean über alle Werbeverträge, die es gibt oder geben könnte, detailgenau informiert zu werden.

Die Praxis, eine positive Berichterstattung oder zumindest das Schweigen der Presse über den Abschluss sogenannter Werbeverträge zu kaufen, ist in Rumänien seit Jahrzehnten bekannt, sie stammt min-destens aus den 2000er Jahren, als die PSD unter dem damaligen Premierminister Adrian Năstase Riesenaufträge an Fernsehsender und Landeszeitungen zu vergeben hatte, im Gegenzug jedoch eine wohlwollende Berichterstattung und Schweigen in Hinsicht auf die zahlreichen Korruptionsskandale der damaligen Regierenden erwartete. Besagte Praxis scheint nie aufgegeben worden zu sein und inzwischen auch auf lokaler Ebene weit verbreitet zu sein.

Eine Reaktion des Bürgermeisters auf die Veröffentlichung des Gesprächs mit Cocean gab es zumindest am Mittwoch nicht. Der Pressesprecher des Bürgermeisters wies auf die Entlassung Coceans hin und gab zu verstehen, dass sich dieser nun an Fritz rächen möchte. In dem Gespräch soll es um etwas anderes gegangen sein, nämlich um die Aufräumung des Ladens nach der Misswirtschaft des ehemaligen Direktors, Ionu] Nasleu, heißt es in der Mitteilung der Pressestelle des Bürgermeisteramtes. Mittlerweile soll der Verwaltungsrat der Pie]e S.A. erneut Strafanzeige gegen Cocean erstattet haben, nachdem dieser sich geweigert haben soll, das Dienstauto abzugeben. Cocean erklärte, das Auto solange behalten zu wollen, bis ihm das ausstehende Gehalt als Direktor der Aktiengesellschaft bezahlt werde, allerdings macht er sich in der Tat strafbar, wenn er das Auto nicht dem Eigentümer zurück gibt.