„Ich gebe zu: Seit meinem Buchdebüt vor vielen, vielen Jahren habe ich eine solche Buchvorstellung mit solch empathischen und auf meine Intentionen zutreffenden qualifizierten Bemerkungen über die von mir vertretene Literatur nicht mehr erlebt.“ Das sagte ein ansonsten eher der Ironie und beißendem Spott zugeneigter Emil Hurezeanu vor einem hochinteressierten und sichtlich mitgehenden Publikum im Innenhof des deutschen Kulturzen-trums „Alexander Tietz“ in Reschitza – eine Stadt, die der viel Herumgekommene erstmals („zu meiner Schande!“) besucht hat. Eingeladen worden war er vom Reschitzaer Bürgermeister Ioan Popa und dessen Kulturbeauftragten Dorinel Hotnogu (der Kunstsammler und ansonsten Bauunternehmer: „Nur im 250. Jubiläumsjahr der Stadt stehe ich ihr als Kulturbeauftragter zur Verfügung!“) sowie von der Kreisbibliothek „Paul Iorgovici“ und dem Demokratischen Forum der Banater Berglanddeutschen.
Zugegen waren die Botschafterin der Republik Österreich in Rumänien, Ihre Exzellenz Isabel Rauscher, der österreichische Honorarkonsul in Temeswar, Georg Bardeau, der Vizepräsident des Kreisrats Karasch-Severin, Marius Isac, Bürgermeister Ioan Popa und zahlreiche weitere Honorationen, darunter der Abgeordnete des DFDR im Parlament, Ovidiu Ganț, die offiziell und in Privatgesprächen einstimmig ihre Erleichterung über die Lockerungen ausdrückten, die allmählich solcherlei Veranstaltungen möglich machen. Die Österreichische Botschafterin weilt dieser Tage erstmals auf Besuch im Banater Bergland und dankte dem DFBB-Vorsitzenden Erwin Josef Țigla öffentlich für seine „Hartnäckigkeit im Einladen“. Die Genugtuung, die sie verspüre, bei zwei so wichtigen Kulturereignissen dabei zu sein, besänftige ihre „Gewissensbisse“, aus objektiven Gründen erst so spät in ihrem Mandat nach Karasch-Severin zu kommen.
Die Buchvorstellung mit Hurezeanu („seit 19. Mai mein Pendant als Botschafter Rumäniens in Wien“) und die Freitag nach Redaktionsschluss im Museum des Banater Montangebiets eröffnete Ausstellung (Kurator: der aus dem Banat stammende Josef Wolf) mit alten Karten des Donauraums aus Archiven Baden-Württembergs sind Veranstaltungen zum 250. Gründungsjahr des industriellen Reschitza. Das Buch stellte zuerst Dr. Ada Cruceanu vor. Akribisch wie immer hatte sie sowohl den technisch-typographischen Teil (Hurezeanus Lyrikauswahl ab 1979 erscheint im Ludwigsburger Pop-Verlag gegenwärtig in zweiter, überarbeiteter Auflage) untersucht, als auch inhaltlich sich ins Buch vertieft und teilte ihre Bemerkungen (auch als in Hermannstadt Geborene – wie Hurezeanu) in einem teils kryptischen, teils tiefenempathischen Stil mit, alles in freier Rede, vereinzelt gespickt mit treffenden und – wie alles von Hurezeanu Geschriebene – zum Weiterdenken anregenden Zitaten (mal aus dem Gedächtnis, mal aus dem Buch), nie ihren eigenen und des Autors Bezug zu Hermannstadt aus dem Blick verlierend. Hingegen spielte der ihr folgende Literaturkritiker, Verleger und Literaturhistoriker Gheorghe Jurma eher den listigbelustigten Clown, der die gut und weniger gut bekannten Brücken zwischen Wien und Reschitza ins Gedächtnis rief, nicht umhin konnte, von Reschitza als „der Stadt der Poeten“ zu sprechen, wo ein Hurezeanu gern aufgenommen werde und der – völlig zurecht – darauf hinwies, dass eine aufs Wort gebaute Lyrik wie die von Hurezeanu nicht unbedingt jedermanns Sache sein muss, doch kennen sollte sie jeder, und sei es auch „nur“ als ein Bildungsfaktor. Und wenn sie bekannt ist, diese Lyrik, wird sie auch geschätzt. Irgendwie ließ Jurma aber durchblicken, dass der politische Journalist Hurezeanu in seinen Augen noch die Pose des Lyrikers überschattet.
Hurezeanu selber improvisierte eine glänzende 13-Minuten-Dankes- und Hommage-Rede, während welcher er sein enormes kulturelles und politisches Wissen und seine umfassende Bildung unter Beweis stellte, seine intellektuelle Schläue wie seine wohlwollende Abgeklärtheit, seine (diesmal diplomatisch) bezähmte Ironie (allein seine Augen verrieten manchmal, was er dachte), aber auch seine menschliche Wärme. Immer aber schien durch: er kennt sehr wohl die Macht des Wortes und er versteht es, damit meisterhaft umzugehen (Worte als Werkzeug des Ausdrucks von Gefühlen – so könnte man seine Lyrik definieren), was seiner Lyrik ein hohes Pensum an Ratio verleiht (und vom Leser erforderlich macht) und sie vorrangig für kritische Geister anziehend gestaltet.