Michelsberg – Je älter die Musik, desto enger ihre Anbindung an das Religiöse: zum mittelalterlich geballten Doppelauftakt der „Michelsberger Spaziergänge/Plimbări muzicale la Cisnădioara“ im genau 800. Jahr nach der ersten urkundlichen Erwähnung der gleichnamigen Burg des Nachbarorts von Heltau/Cisnădie und Hermannstadt/Sibiu brachte die Schola Gregoriana Siculeni aus dem Kreis Harghita der romanischen Basilika und ihrem Stamm-Publikum hoch über dem Dorf Sonntagnachmittag, am 9. Juli, ein geradezu himmlisches Präsent gregorianischen Gesangs dar, dem Psalm-Sänger Petre Moise vom Mönchskloster „Antim Troianul“ aus Râmnicu Vâlcea eine Woche darauf am 16. Juli das historisch authentische Pendant byzantinischer Schreibweise, Überlieferung und Überzeugung hinzufügte. Anstatt miteinander um die Wette zu singen, entfachten West und Ost vor der Kulisse von Historie und dem Michelsberger Panorama ungeteilte Begeisterung. Gast Petre Moise geleitete seine Zuhörer meisterhaft und mit großem Stimmumfang durch das 14. Jahrhundert im christlich blühenden Konstantinopel, und Chorleiter Ványolós András war bereits vor dem Auftritt der ihm treu ergebenen Schola Gregoriana Siculeni vom Ambiente der Michelsberger Burg und ihrer Basilika zutiefst ergriffen. Auch die Marschroute der gastgebenden evangelischen Kirchengemeinde, zunächst Historiker Dr. Konrad Gündisch für einen Vortrag über das 13. Jahrhundert an das Pult zu bitten, und Kirchengeschichtler Dr. András Bándi mit dem Querschnitt durch das 14. Jahrhundert zu beauftragen, ergänzte beide Konzerte zu je einer Zeitreise kultureller Ausnahmequalität. Unter den Zuhörern der Schola Gregoriana Siculeni war in erster Reihe einschließlich Heltaus Vize-Bürgermeister Dănuț Mihai Filip auszumachen, und die amtierende Kulturministerin Raluca Turcan (PNL) versprach, Lobby für eine Restauration der Michelsberger Burg unternehmen zu wollen. Zorán Kézdi, Pfarrer der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) in Heltau und auch in Michelsberg tätig, fügte der Ansprache von Raluca Turcan bei, dass „die Michelsberger schwer vergessen“. Und nicht einmal der regional heftige Sturm, der in einer Nacht unter der Woche zwischen dem ersten und zweiten Konzert leider auch über die nach dem Erzengel und Schutzpatron Michael benannte Burg hinwegfegte und einen knorrig alten Nussbaum aus dem Erdboden riss, konnte Pfarrer Kézdi davon abbringen, sowohl Petre Moise als auch der Schola Gregoriana Siculeni für das Erleben zweier „Gottesdienste des Herzens“ zu danken. Die letzten beiden Konzerte der „Michelsberger Spaziergänge“ am 20. und 27. August werden erneut in der Basilika der Burg stattfinden. Beginnend mit Sonntag, dem 23. Juli, bezieht die programmatisch lockende Reihe für die Dauer von vier Stationen ihr Quartier in der evangelischen Dorfkirche.