Autochthonismus versus Freiraum

Nach dem Verschachern des Wählervotums durch die PNL und dem Verschenken der Macht an die bis Mitte 2021 noch bekämpfte PSD mussten wir vor Jahresende einen weiteren Schritt in Richtung Ehrlosigkeit und Restauration hinnehmen: die Entlassung des Richters Cristi Danile] aus dem Richterstand. Als entscheidendes Argument dafür nutzte der Oberste Magistraturrat (CSM) einige private Filmclips des unkonventionellen, der bürgerlichen Gesellschaft nahestehenden systemkritischen Richters. 

CSM hat sich schleichend zu einer Institution gemausert, die dem Lager der „autotochthonistischen Ideologie“ (eine Anpassung des „nationalen Spezifikums“ der Ceau{escu-Zeit ans heutige Rechtswesen – eigentlich: Restauration) zugeordnet werden kann. Vor allem in der Ignorierung (auch Bekämpfung/ Zurückweisung) der Entscheidungen von EU-Instanzen sowie der von Rumänien beim EU-Beitritt akzeptierten Empfehlungen des Mechanismus für Zusammenarbeit und Überprüfung (englisches Kürzel: CVM) – der Grund, weswegen Rumänien der Beitritt zum Schengen-Raum verrammelt bleibt –, durch den der Europarat den Freiheitsraum schützt.

Die regierenden Parteien dieses Landes haben eindeutig gezeigt, dass sie an einer klaren strategischen Linie im Justizbereich kein Interesse haben – bezüglich Rückgängigmachung der Rechtsverdrehungen und -beugungen des Justizministers Tudorel Toader und des später verurteilten Ex-PSD-Chefs Liviu Dragnea, des Manipulators von Toader.

Der geschasste Richter Danile] war einer der wenigen – nicht der einzige! – Justizvertreter in Rumänien, die sich entschieden gegen die Restaurationstendenzen im rumänischen Rechtswesen positioniert haben. Bei aller Sympathie, die Danile] damit in der bürgerlichen Gesellschaft genoss, wurde er damit ein bisschen auch ein Don Quijote unter Richtern und Staatsanwälten. Der vehemente Kritiker der Justizinspektion und der Sonderabteilung für die Untersuchung von Justizverbrechen war den politisch Ernannten und Manipulierten in den Obersten Rechtsorganismen schon lange ein Dorn im Auge.

Zuerst wurden die Mediensöldner der Quatsch-TV-Sender auf ihn gehetzt, die sich im Besitz eines Ex-Securitate-Spions und eines nach Serbien geflüchteten mutmaßlichen Gesetzesübertreters (ein Ex-PSD-Abgeordneter, dessen Auslieferung Serbien verweigert, was nach balkanischen Usancen auch darauf hindeutet, dass irgendwie Russland dahinterstecken könnte) befinden.

Aber das Kesseltreiben der beiden dafür gegründeten „Rechts“-Institutionen gegen korrekte und unbeugsame Richter hat nicht nur Danile] im Visier. Die Abteilung Richter des CSM hat fünf Richter aus Konstanza nach von ihnen verhängten hohen Strafurteilen in schweren Korruptionsfällen zur Verantwortung gezogen. Die Leiter der Richtervereinigungen, die gegen die Rechtsbeugungen unter Justizminister Toader den Europäischen Gerichtshof angerufen haben – Drago{ C²lin, Alexandra L²ncr²njan und Drago{ Pârlog – wurden der Justizinspektion überantwortet. Ein weiteres Dutzend Richter wird dauernd von den beiden Repressionsmechanismen des CSM gefilzt. Kein Unterschied zu den Zeiten, als Monica Macovei Abend für Abend von den TV-Sendern der Obengenannten verunglimpft wurde, „bloß“ weil sie die Justiz als Ministerin reformieren wollte. 

Wer glaubt da noch, dass die Entlassung aus dem Richterstand von Camelia Bogdan, die den TV-Sender-Boss und Ex-Securitate-Spion Dan Voiculescu zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt hatte, ein Zufall war? Oder dass es Zufall war, als das gesamte interne Repressionssystem der Justiz mobilmachte, um die Bewerbung und Ernennung der Laura C. Kövesi als EU-Chefanklägerin zu verhindern? Oder dass Justizminister Stelian Ion zufällig nicht aus anderen Gründen – mit Zustimmung von Präsident Johannis!… – entlassen wurde, als den uns öffentlich vorgemachten?
Die Justizrestauration läuft strategisch ab.