Bericht des DFDR-Vorsitzenden bei der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission  für Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien

Rede von Dr. Paul-Jürgen Porr, Berlin, 1. bis 2. Juli 2024

Wie in jedem Jahr seit Abschluss des Freundschaftsvertrags zwischen Rumänien und Deutschland vor über 30 Jahren, wurde die deutsche Minderheit in Rumänien auch 2023 von beiden Staaten trotz der verschiedenen, sich überlappenden Krisen finanziell (und nicht nur) umfassend unterstützt. Dafür möchte ich auch bei dieser Gelegenheit den beiden Regierungen über die hier anwesenden Vertreter unseren herzlichsten Dank aussprechen. Die Tatsache, dass wir uns heute zum 27. Mal zu diesem Zweck treffen, ist ein beredter Beweis für das Gesagte.

Deutsche Schulen

Betreffend den Unterricht in deutscher Muttersprache muss gesagt werden, dass dieser bei uns eine sehr alte Tradition hat, selbst unter Ceau{escu weiter erhalten blieb und ein hohes Qualitätsniveau hatte und hat. Dieses weiter zu erhalten ist eines der Hauptziele des DFDR (Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien) und dabei werden wir von beiden Regierungen voll unterstützt. Der Beruf des Lehrers ist leider in Rumänien wegen der im Vergleich zur freien Wirtschaft kleinen Löhne nicht besonders attraktiv, so dass vor allem Deutsch sprechende Lehrkräfte viel zu oft in rentablere Gebiete abwandern. Das hat den Bundestag seit mehreren Jahren bewogen, dem Antrag des DFDR  stattzugeben und den Lehrkräften, die an deutschen muttersprachlichen Schulen unterrichten, eine Aufwandsentschädigung zukommen zu lassen, so dass eine Abwanderung der Lehrer tatsächlich gestoppt werden konnte. Diese Gelder wurden gerecht und transparent, jeweils in Form von zwei Jahresprämien, zur Zufriedenheit der Zielgruppe, verteilt. Es ist dieses eine Voraussetzung dafür, dass die Anzahl unserer Lehrer nicht weiter fällt, also evtl. Klassenzüge oder sogar Schulen in einigen Jahren geschlossen werden müssten, was zur Folge hätte, dass in weiteren Jahren die Anzahl der Deutsch Sprechenden fallen würde, was letztendlich auch auf die in Rumänien ansässigen deutschen Wirtschaftsunternehmen negative Auswirkungen hätte. Für das DFDR ist der Erhalt der muttersprachlichen Schulen aus all diesen Gründen von vitalem Interesse! Das Problem haben wir auch S.E. dem Bundeskanzler anlässlich seines Besuches in Bukarest persönlich dargestellt.

In den vergangenen Jahren wurde in der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission wiederholt auf die Bedeutung des Zentrums für Lehrerfortbildung in deutscher Sprache Mediasch (ZfL) für den deutschsprachigen Unterricht hingewiesen. Dieses Zentrum eingerichtet zu haben und zu erhalten, ist ein Verdienst des rumänischen Bildungsministeriums. Leider ist die Tätigkeit des ZfL in letzter Zeit durch eine akute Unterfinanzierung seitens des Bildungsministeriums eingeschränkt. So mussten die Referenten in manchen Fällen, um die geplanten Seminare halten zu können, auch Eigenmittel einsetzen. Soll die Qualität der Arbeit des ZfL erhalten bleiben, muss der Zustand der Unterfinanzierung enden.

Schulbücher

Ein Problem, das weiter besteht und bei dem das rumänische Bildungsministerium gefordert ist, ist die Neuauflage von verschiedenen  Schulbüchern in deutscher Sprache, von denen einige seit 15-20 Jahren nicht mehr frisch aufgelegt wurden. Seit vier Jahren wurden immerhin bedeutend mehr Lehrbücher übersetzt und gedruckt als in den Jahren davor.  Auch die Herstellung von Schulbüchern, die direkt in deutscher Sprache geschrieben werden, hat zugenommen. Die Einstellung einer Schulbuchreferentin seitens des DFDR hat sich als sehr effizient erwiesen.

Wir bitten ebenfalls um eine klare Stellungnahme der deutschen Seite, ob die Entsendung von Gastlehrern noch beabsichtigt ist, wovon wir hoffen, ausgehen zu dürfen. Wir bitten also hiermit, in den zuständigen Kultusministerien der Bundesländer darauf hinzuwirken, entsendungswillige Lehrkräfte freizustellen und auf die Möglichkeiten in Rumänien hinzuweisen.
Ein anderer Aspekt, den wir voll und ganz unterstützen, ist die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild, die an einigen Orten (Kronstadt, Temeswar, Hermannstadt, Mühlbach) vor allem durch Initiative der deutschen Wirtschaftsklubs und der deutschen Botschaft Bukarest schon gut funktioniert. Sicher ist da auch das rumänische Bildungsministerium gefordert, und das nicht nur die duale Ausbildung betreffend, sondern  die Wiedergründung der Berufsschulen, die nach 1989 leider praktisch eingegangen sind. In den letzten Jahren sind diesbezüglich aber bedeutende Fortschritte zu bemerken.

Ein sehr lobenswerter Aspekt ist der, dass an verschiedenen Hochschulen (Klausenburg, Temeswar, Bukarest u.a.) verschiedene Studiengänge in deutscher Sprache unterrichtet werden. An der Babe{-Bolyai-Universität in Klausenburg wurde vor einigen Jahren das 25-jährige Jubiläum des  deutschsprachigen Zweiges gefeiert, was neben den rumänischen und ungarischen Studienlinien europäischen Modellcharakter hat!

Jugendarbeit

Der Zukunft unseres Verbandes gilt nach wie vor unsere ganze Sorge. Deswegen erachten wir es von größter Bedeutung, dass das DFDR eine aktive Jugendorganisation hat, dessen Mitglieder die Aufgaben des DFDR weiterführen werden. Durch den Beschluss der Vertreterversammlung des DFDR im April 2023 zur Anstellung mehrerer Jugendreferenten bei der DFDR-Zentrale entsteht eine Jugendabteilung, die hauptamtlich den Jugendorganisationen bei allen anfallenden Aufgaben Unterstützung leistet und mit Rat und Tat zur Seite steht. Wir erwarten von dieser Maßnahme zahlreiche neue Impulse in unserer Jugendarbeit.

Ein wichtiges Anliegen des DFDR in der Jugendarbeit ist die Förderung der Zusammenarbeit der rumäniendeutschen Jugend mit Jugendlichen aus Deutschland, die auf rumäniendeutsche Wurzeln zurückblicken. Diesem hauptsächlichen „Nebenzweck“ diente das Große Sachsentreffen in Hermannstadt 2017, das im August 2024 wiederholt wird. Jährlich finden im Sinne der Völkerverständigung, aber auch zur Kenntnis des gemeinsamen kulturellen Erbes, mehrere internationale Jugendkooperationen statt. In diesem Sinne ist auch die Internationale Siebenbürgische Akademiewoche, die 2023 bereits zum 37. Mal stattfand.

Kultur

Betreffend Kultur haben wiederum beide Regierungen umfassend zum Erhalt unserer Kulturgüter beigetragen. Der Rhythmus der Immobilienrückgaben bzw. Entschädigungen an die Kirchengemeinden, der in den letzten Jahren fast zum Erliegen gekommen ist, ist seit Anfang dieses Jahres wieder etwas zügiger geworden, während die Rückgaben an das Forum mit mehr oder weniger fadenscheinigen Gründen abgelehnt wurden, so dass nun mit ungewissem Ausgang prozessiert werden muss. Die vor einem Jahr geäußerten Hoffnungen mit Blick auf einen Paradigmenwechsel unter der neuen Leitung der ANRP (Nationale Agentur für Rückgabe des Eigentums)  wurden nicht erfüllt.

Erwähnenswert ist die Stiftung Kirchenburgen, die als Schirmherren die beiden Staatspräsidenten hat. Anlässlich des Besuchs von Bundespräsident Steinmeier wurde symbolisch die Kirchenburg Großau von beiden Präsidenten besucht, wobei Bundespräsident Steinmeier sehr beeindruckt war. Trotzdem ist die Finanzierung durch das BKM ausgelaufen und ein neuer Antrag wurde nicht bewilligt. 

Auch in den schwäbischen Dörfern im Banat gibt es eine Reihe von Kirchen, die durch die massive Auswanderung der Deutschen in einem bedauerlich schlechten Zustand sind.  Um dieses kulturelle und historische Erbe zu erhalten, wäre unser Kulturministerium gefordert.

Es gab dann ein Problem, dass schon seit 19 Jahren besteht: Das Brukenthalmuseum in Hermannstadt wurde 2005 dem rechtmäßigen Eigentümer, der evangelischen Kirchengemeinde in Hermannstadt, zurückerstattet. Es wurde damals zwischen Kulturministerium und dem evangelischen Bischofsamt ein Abkommen unterzeichnet, das die gemeinsame und zwar paritätische Verwaltung dieses herausragenden Erbes festlegt. Diesem sollte ein Regierungsbeschluss folgen, was jetzt vor wenigen Wochen zu  aller Zufriedenheit geschehen ist, vor allem duch die Initiative unserer Kulturministerin Raluca Turcan.

Das DFDR war im Rahmen der Veranstaltungen zur Europäischen Kulturhauptstadt Temeswar 2023 unter vielen Aspekten aktiv impliziert, z.B. beim Heimattag der Banater Schwaben, oder bei einer Kooperation mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa (Potsdam) in die Umsetzung des Stadtschreiberstipendiums, das 2023 an Thomas Perle vergeben wurde.

Wirtschaftsförderung

Betreffend Wirtschaftsförderung über das Bundesministerium des Innern (BMI), d.h. Gründung von Klein- und Mittel-Unternehmen, läuft diese finanzielle Hilfe, zu sehr günstigen Bedingungen für die Geförderten, seit über 30 Jahren. Es wurden so im Laufe der Zeit tausende Arbeitsplätze geschaffen. Wichtig ist nicht nur diese Förderung, sondern für das DFDR die Rückflussgelder, die zum Teil für gemeinschaftsfördernde, bzw. ethnokulturelle  Maßnahmen verwendet werden können, was äußerst nützlich ist. Es ist dies übrigens der einzige investive und nicht nur konsumtive Sektor in der Förderung der deutschen Minderheit. Wir freuen uns, dass die Leitung des BMI und Frau Bundesbeauftragte Pawlik es gebilligt haben, die vom BMI gewährten wirtschaftlichen Hilfen für die deutsche Minderheit in Rumänien als Maßnahme weiter bestehen zu lassen. Dieses wird uns helfen, unsere Eliteförderung und unsere Arbeit in den Begegnungsstätten weiter auszubauen.  

Sozialarbeit

Betreffend  Sozialarbeit ist diese wegen der Altersstruktur unserer Gemeinschaft für das DFDR ein wichtiges Problem.  Von beiden Regierungen gefördert, sind unsere Altenheime bzw. andere soziale Einrichtungen (z. B. Küche auf Rädern) voll in Anspruch genommen. Hilfe kommt auch von den Sozialwerken der Landsmannschaften, bzw. über die diakonischen Einrichtungen der katholischen und evangelischen Kirche. Die konsistente Aufstockung der Gehälter im staatlichen Gesundheitswesen hatte aber zur Folge, dass ein Großteil der Pflegekräfte abgewandert ist oder es tun will. Deshalb drohte eine ähnliche Tendenz wie im Schulwesen.  Dazu kommen die enormen Preiserhöhungen bei Gas und Licht und nicht nur, sowie die etwa 7-prozentige Inflation. Deshalb wurde der Beitrag des rumänischen Staates bedeutend erhöht. Ein großes Problem ist zurzeit die Anhebung des Mindestlohns in Rumänien nach EU-Normen, was für die Altenheime eine große finanzielle Herausforderung sein wird. Deshalb ist unsere Bitte an das BMI, schon in diesem Jahr die zugesagte Finanzierung für die beiden großen Altenheime in Temeswar und Hermannstadt um 10 Prozent zu erhöhen. 

Ein großes Problem ist auch der Erlass Nr. 2489 von Dezember 2023, der die in einigen Heimen bei Bukarest festgestellten Missstände korrigieren soll. Das ist absolut löblich, nur besagt derselbe Erlass, dass die staatliche Sozialbehörde aus dem jeweiligen Kreis bestimmen wird, ob und wer in ein staatliches oder privates Heim aufgenommen werden soll. Das ist im Falle unserer Altenheime absolut inadäquat, da es transparente Wartelisten gibt und dazu kommt die Tatsache, dass der Erlass weit über die Kontrollfunktionen der Sozialämter hinaus geht und den Heimbewohnern vorschreibt, was diese tun dürfen und sollen. Über diesen Missstand wurde auch die deutsche Botschaft in Bukarest informiert, weil 80 Prozent der Finanzierung dieser beiden Altenheime aus Mitteln der Bundesregierung kommen.

Entschädigungen für Deportation

Es werden weiterhin die ehemals in die UdSSR als Zwangsarbeiter Deportierten von beiden Staaten unterstützt und auch deren Kinder und Stiefkinder, inklusive die im Ausland lebenden. So erhielten schon zahlreiche Antragsteller im In- und Ausland ihre Zahlungsbescheide. Leider hat in einigen Kreisen die zuständige Behörde AJPIS die Anträge der Kinder der ehemaligen Deportierten mit der Begründung abgewiesen, dass die Bescheinigungen der evangelischen Kirche A.B. in Rumänien keine offiziellen Dokumente im Sinne des Gesetzes darstellten. Hier handelt es sich um eine eklatante Übertretung des Gesetzes, welches alle legalen Beweismittel für die Verschleppung nach Russland zulässt, inklusive Zeugenaussagen. Ebenso wurden die vom Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes übermittelten Originalunterlagen aus Russland (die Interniertenkarteien, die aus Moskau übernommen wurden) abgewiesen, was absolut inakzeptabel ist.

Seit Februar 2022 hat sich das DFDR auch aktiv für die Hilfe von ukrainischen Flüchtlingen eingesetzt und tut es weiterhin.

Last but not least, versucht das DFDR im politischen Bereich, wie schon seit seiner Gründung, nicht nur theoretisch Brückenbauer zwischen unseren beiden Ländern zu sein, sondern diese Funktion tatsächlich mit Leben zu füllen. Die aktive Teilnahme von Forumsvertretern bei Arbeitsbesuchen rumänischer Regierungsdelegationen in Deutschland, sowie bei Besuchen verschiedener Delegationen von Politikern aus Deutschland in Rumänien (Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundesminister, Bundestagsabgeordnete, hohe Vertreter von Bundesländern u.a.) ist dadurch gekennzeichnet, dass das DFDR immer Ansprechspartner ist.