Besucherbilanz in der ersten Jahreshälfte der Kulturhaupstadt

Tourismus wird in Temeswar und im Kreis Temesch nicht genug gefördert

Laut Nationalem Statistikamt sind Temeswar und der Kreis Temesch bisher nicht unter den besten zehn rumänischen Reisezielen im Jahr 2023. Fotos: timisoara2023.eu

Nach sechs Monaten als europäische Kulturhauptstadt ist die Stadt Temeswar/Timișoara auf dem richtigen Weg und nähert sich in Bezug auf die Zahl der Touristen, die in die Stadt kommen, den Zahlen vor der Pandemie von 2019, hieß es oft in letzter Zeit seitens „Asociația pentru promovarea Timi{oarei“, dem Verein zur  Förderung der Stadt Temeswar. Offizielle Daten des Nationalen Statistikamts zeigen aber, dass sich die Stadt und der Verwaltungskreis Temesch/Timi{ nicht unter den zehn am meisten besuchten Reisezielen in Rumänien befindet. 

Laut Simion Giurcă, dem Geschäftsführer des Temeswarer Fördervereins, hätten in diesem Jahr 180.000 Menschen die Stadt bislang besucht. „Möglicherweise werden viele von ihnen wiederkommen, denn die Stadt verfügt über große Perspektiven, die jedoch noch nicht genutzt werden“, sagte Giurc² vor Kurzem beim Treffen der Allianz für Tourismus Rumänien (APT) in Temeswar, als sich Vertreter der Allianz in der Bega-Stadt zu ihrem halbjährlichen Treffen zusammensetzten. Vertreter der wichtigsten Organisationen in diesem Bereich in Rumänien sind speziell am letzten Juliwochenende in Temeswar eingetroffen, vor allem um zu testen, wie sich die Stadt im Jahr 2023 präsentiert und welches Angebot sie für ihre Besucher hat. Die Schlussfolgerungen waren: „Die touristischen Perspektiven, die Temeswar bietet, sind enorm, leider wird das Angebot eher schlecht beworben und ist vor allem denjenigen, die hierher kommen könnten, nicht bekannt“, so der neue Vorsitzende des Nationalen Reisebüroverbands von Rumänien (ANAT), Alin Chipăilă. 

Auch Simona Constantinescu, die neue Vorsitzende des rumänischen Hotellerieverbands (FIHR), war bei der Begegnung in Temeswar dabei und begeistert von dem, was sie in Temeswar vorfand. Leider sei, auch ihrer Meinung nach, das Angebot sehr wenig bekannt, sowohl, was die Stadt im Allgemeinen als auch als Kulturhauptstadt betrifft. „Ich komme aus Bukarest und gratuliere Ihnen zu dem, was Temeswar den Besuchern bietet. Es hat alles zu bieten, was man braucht, um ein interessantes Reiseziel zu werden: Geschichte, Kultur, touristische Informationen. Viele Besucher kommen wegen jeweiliger Veranstaltungen, nun ist es wichtig, dass Touristen wiederkommen und das Reiseziel weiter empfehlen. Die Menschen kommen heutzutage an einem bestimmten Ort für das Erlebnis“, sagte Simona Constantinescu bei ihrem Besuch in der Bega-Stadt. Die FIHR-Vorsitzende kam auch mit einer traurigen Schlussfolgerung. „Die Rumänen wissen einfach nicht, was Temeswar zu bieten hat. Sie wissen nicht, was es hier gibt und halten die Stadt nicht für ein echtes Städtereiseziel. Bei den Treffen, die wir veranstalten, frage ich die Leute, ob sie bereit sind, hier einen City-Break zu unternehmen. Weniger als zehn von fünfzig Befragten geben an, dass sie über eine solche Reise nach Temeswar nachdenken“, sagte Simona Constantinescu.

Höhere Belegungsquote der Unterkünfte

In den ersten fünf Monaten des Jahres ist die Belegungsquote der Unterkünfte in Temeswar von 27,3 Prozent auf 36,3 Prozent gestiegen, der Landesdurchschnitt liegt bei 24 Prozent. „Wir stehen also gut. Die meisten Touristen kommen aus Deutschland, wir schätzen Österreich an zweiter Stelle. Viele Leute wussten, dass Temeswar Kulturhauptstadt ist, es sind Touristen mit kulturellen Kenntnissen. Es gab einige, die alle drei Kulturhauptstädte besucht haben. Temeswar hat besser abgeschnitten als die anderen beiden, ohne dass wir damit prahlen wollen. In der zweiten Jahreshälfte erwarten wir, dass die Zahl der Touristen zunimmt, so dass sie sich einer Million Besucher nähert, auch derer, die ohne Übernachtung hierher kommen“, sagte Simion Giurc² beim Treffen in Temeswar.

„Wir wollen die Aufenthaltsdauer erhöhen, jetzt haben wir einen Durchschnitt von 2,03 Übernachtungen pro Besucher, wir wollen dies auf 2,3 - 2,4 erhöhen. Im privaten Bereich, in Appartements oder verschiedenen Herbergen ist die Zahl der Übernachtungen sogar höher als im Hotelbereich. In den Appartements beträgt die Steigerung 4 Prozent. Wir glauben, dass Temeswar einen Weg eingeschlagen hat, die Stadt wird zu einem touristischen Ziel, das wir in den kommenden Jahren fördern wollen. Der Tourismus ist ein wichtiger Wachstumsvektor für die Stadt, auch wirtschaftlich“, fügte Giurc² hinzu.

Statistikamt verweist auf geringere Zahlen

Kurz nach diesem Treffen Ende Juli in Temeswar wurden jedoch Anfang August offizielle Daten seitens des Nationalen Statistikamts bekannt gegeben: Der Verwaltungskreis Temesch schaffte es in der ersten Jahreshälfte nicht unter die zehn besten Tourismusziele in Rumänien. Die Daten zeigen, dass die Hauptstadt Bukarest mit 867.049 Touristen auf dem ersten Platz im Ranking steht. Die nächsten neun Plätze werden von den Verwaltungskreisen Kronstadt/Bra{ov mit 667.670 Besuchern, Konstanza mit 331.638, Klausenburg/Cluj (317.426), Prahova (276.689), Bihar/Bihor (240.234), Hermannstadt/Sibiu (227.379), Suceava (221.860), Marosch/Mure{ (207.438) und Vâlcea (194.223) belegt. Der Kreis Temesch befindet sich mit nur 152.467 Touristen außerhalb dieses Rankings. Von diesen waren 115.904 Rumänen; 36.563 Besucher kamen aus dem Ausland. Was die Anzahl von Übernachtungen im Kreis Temesch betrifft, wurden in der ersten Jahreshälfte insgesamt 319.636 registriert.

Touristische Entwicklung nach dem Kulturhauptstadtjahr

Alin Chip²il², der APT-Vorsitzende, kommt aus Hermannstadt und sprach beim Treffen in der Bega-Stadt über die Entwicklung der siebenbürgischen Stadt nach dem Kulturhauptstadtjahr 2007. Zunächst einmal hat die Kulturhauptstadt zu einer Entwicklung der kulturellen Infrastruktur in der Stadt geführt, aber auch zu einer wirtschaftlichen Entwicklung, darüber hinaus wurden 16 Prozent mehr Steuern eingenommen, sagte er. „Hermannstadt wurde lange Zeit nach dem guten Ruf infolge des Kulturhauptstadtjahres besucht“, bestätigte auch der ehemalige ANAT-Vorsitzende Dumitru Luca. Seiner Meinung nach kommt es jetzt darauf an, wie die Stadt Temeswar in der Lage sein wird, das, was „TM2023“ geboten hat, weiterzuführen.

Auch C²lin Ile, der ehemalige Vorsitzende des rumänische Hotellerieverbands und aktueller Ehrenvorsitzende unterstreicht, dass Temeswar die großen Zahlen von Stadtbesuchern erst in den kommenden Jahren registrieren wird. „Ich war bei der Kulturhauptstadteröffnung im Februar mit Reiseanbietern aus dem Ausland dabei. Sie finden die Stadt attraktiv, jedoch werden sie zunächst die Stadt als Reiseziel fördern müssen und erst danach, wenn sie genug Reisende überzeugt haben, Temeswar sei einen Besuch wert, werden wir die vielen Touristen auch sehen. Aber das passiert nicht über Nacht“, erklärte der Fachmann der ADZ gegenüber. 

Mittel- bis langfristige Strategien

Einladungen an Entscheidungsträger von Reisebüros, um zu sehen, was hier passiert, und um dann Reisepakete zu schnüren, sind sehr wichtig. „Werbung wird Nachfrage schaffen und die Nachfrage wird Möglichkeiten schaffen“, fuhr C²lin Ile fort. „Der Prozess der Werbung für ein Reiseziel braucht Zeit. Jeder Reiseveranstalter braucht Zeit, um ein Reiseziel zu planen, um herauszufinden, wie viele Touristen dort sein werden, welches Profil sie haben, was sie interessiert, ob es Kultur-, Geschäfts- oder Abenteuertourismus ist. Wie die Reise organisiert werden soll, welche Art von Transport dafür besser geeignet ist. Jede Werbekampagne soll auf allen Kanälen geführt werden - auf professionellen Reisemessen, auf denen sich Reiseveranstalter treffen und Reiseziele planen - auf nachhaltige und konstante Weise. Wir auf Länderebene haben dieses Problem im Allgemeinen“, sagte auch Simona Constantinescu der ADZ gegenüber. 

Wenn das Kulturhauptstadtjahr für diese notwendige Werbung sorgen wird, so wird Temeswar in den kommenden zwei Jahren besser auf touristischer Ebende  aussehen, sind die Tourismusexperten überzeugt. „2024-2025 wird mit mehr Hotelentwicklungsprojekten und einem besseren Image auf nationaler und internationaler Ebene für Temeswar daherkommen“, sagte C²lin Ile, wobei Simona Constantinescu der Meinung ist, „dass die Stadt in einem Jahr einen Anstieg des Verkehrsaufkommens um mehr als 25 Prozent erleben wird“.