„Das Reich Gottes ist mitten unter euch!“

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Mit großen Schritten nähern wir uns dem Ende des Kirchenjahres. Der drittletzte Sonntag des Kirchenjahres weist auf das Ende der Zeit und auf die Hoffnung der Wiederkunft unseres Herrn. Im Lukasevangelium (Luk 17, 20-24), geht es um die Frage der Pharisäer: „Wann kommt das Reich Gottes?“ Jesu Antwort ist klar: Es ist mitten unter uns. Aber wenn der Menschensohn kommen wird, um den Erdkreis zu richten, dann wird es ein unübersehbares Ereignis sein.

Sonntag ist auch das Stichwort „Wahlen“ wieder aktuell. Landesweit finden die Präsidentschaftswahlen statt, aber auch in der Evangelischen Kirche A.B. werden die kirchlichen Wahlen durchgeführt. Wir wollen beide Wahlen ernst nehmen. Einerseits werden aus unseren Reihen Menschen auserkoren, denen eine Verantwortung für die Gemeinschaft übertragen wird. Kandidaten wurden nominiert und von diesen wählen wir einige zu unseren Vertretern. Die von uns Gewählten übernehmen Aufgaben und arbeiten mit im Weinberg Gottes. 

Andererseits finden auch andere Wahlen statt, die für unsere Zukunft wichtig sind. Es gibt auch diesmal eine bunte Auswahl von Kandidaten. Welcher verdient nun unser Vertrauen? Unsere Erwartungen sind die gleichen wie auch bei der letzten Wahl: Wir erhoffen eine Verbesserung der finanziellen Situation, ein Gesundheitswesen ohne Korruption, wo die Krankenversicherung ausreichen müsste, ein verbessertes Schulwesen, wo die Schüler wissen, was sie erwartet, einen guten Arbeitsplatz, bessere Infrastruktur usw. Das sind alles verständliche Wünsche und dahinter steckt doch nur eines: Möge es doch ein klein bisschen besser werden. 
Wir hoffen also auf eine bessere Welt, auf eine heilere Welt. Auf eine Welt mit weniger Angst und mit mehr Gerechtigkeit. Ist das nicht auch die Hoffnung auf ein Stück Himmel auf Erden? 

Mit guten Menschen in Kirche und Staat, die es ehrlich meinen und denen man Vertrauen schenken kann, das wäre auch ein Stück Himmel auf Erden. Denn wir Menschen sehnen uns immer nach diesem Stück Himmel, nach einem Stück heiler Welt. 
Darum fragen die Pharisäer Jesus, wann denn nun das Reich Gottes kommt. Jesus müsste es ja wissen. Denn Jesus hatte ja vom Reich Gottes gepredigt, er hat den Menschen Hoffnung gemacht. Nun wollten sie es mit den eigenen Augen sehen. 

Augenblicke, in denen man glaubt: jetzt ist es soweit, jetzt haben wir ein Stück Himmel auf Erden, hat vielleicht jeder in seinem Leben erlebt. In Kürze sind es 30 Jahre nach dem Fall des Kommunismus. Man war frei. Unsere Leute waren frei zu gehen, in eine Welt, von der sie dachten, es sei ein Stück Himmel auf Erden. Sie hatten diese Freiheit. Aber sehr bald kam auch da die Ernüchterung. Nicht alles was glänzt, ist Gold. So kommt wohl das Reich Gottes nicht.
Aber nun sagt ja Jesus zu den Pharisäern genau das, was wir so schwer glauben können, nach all den Ernüchterungen: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch!“ Nicht erst in einer fernen Zukunft beginnt die Herrschaft Gottes, vielleicht irgendwann in vielen Jahren. Nicht erst nach unserem Tod werden wir der Macht Gottes begegnen. Nein: Das Reich Gottes ist mitten unter uns. Gott herrscht auch nicht anderswo, an einem anderen Ort, im Himmel vielleicht. Nein, er ist hier. 

Ein Theologe beschrieb einst den doppelten Weg ins Reich Gottes. Den Weg nach innen, in der Stille, im Gebet, und den Weg nach außen, in der Zuwendung zum Nächsten, in der Aktion, im Eingreifen, wo es nötig ist. Und ist nicht gerade hier dieses „mitten unter euch“? Wir stehen also mitten drin im Reich...
Vielleicht ist nun vielen diese Erklärung zu wenig. Bei so einem großen Wort wie „Reich Gottes“ müsste es ja um viel größere Dinge gehen. Aber gibt es denn Größeres als das Geschenk des Lebens? Gibt es denn Größeres als ein gelingendes Zusammenleben von Menschen? 

Ernesto Cardenal, ein Dichter und Priester aus Nicaragua, beschreibt es folgendermaßen: „Wir sind noch nicht im Festsaal angelangt, aber wir sind eingeladen. Und wir sehen schon die Lichter und hören schon die Musik, So beflügelt, mit dem Schein der Lichter in den Augen, dem Klang der Instrumente in den Ohren, dem Geschmack des Weins auf der Zunge und dem Ziel im Herzen, können wir uns den Mächten stellen, die unser Leben beeinflussen wollen. Und wir können unser Leben auf die Zusage bauen: Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“