Die Adventshoffnung

Die Statthalter des kommunistischen Imperiums sahen den Feind Nr.1 nicht in den sogenannten „kapitalistischen Ländern“. Mit diesen konnte man doch vorteilhafte Geschäfte tätigen und von ihnen die für die Wirtschaft so notwendigen Geldanlagen erhalten. Der Feind Nr.1 war die Religion, vor allem die christliche. Hier gab es keine Gemeinsamkeiten und die „friedliche Koexistenz“ wurde nie auf die Kirche ausgedehnt. Überzeugte Christen ließen sich nicht durch leninistische Parolen manipulieren. Zeitungen, Radio und Fernsehen durften keine religiösen Inhalte bringen. An kirchlichen Feiertagen kontrollierte man scharf, ob auch alle Arbeitnehmer auf dem Arbeitsplatz zugegen waren. An den Grenzübergängen achteten die Zollbeamten streng darauf, dass kein Reisender Bibeln ins Land bringe. Hingegen konnten Bücher mit brutalen und blutigen Mordgeschichten ungehindert passieren. Warum diese Feindschaft gegen die Bibel? Ist sie ein gemeingefährliches Buch, das die soziale Gemeinschaft der Staatsbürger in Gefahr bringt? Beinhaltet sie moralischen Sprengstoff?

Ein einfacher Steinbrucharbeiter äußerte darüber folgenden vernünftigen Gedanken: „Jeder, der seine fünf Sinne beisammen hat, muss sich doch selbst sagen: Kein Mafiaboss und kein Chef eines Verbrechersyndikats gibt seiner Bande Lehren wie die Zehn Gebote in der Bibel. Wollte einer von seinen Gefolgsleuten verlangen ‚Du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen und rauben, du sollst nicht falsch schwören‘, so ginge er binnen acht Tagen pleite”. 

Zwar benötigen auch die atheistischen Staaten Moralvorschriften, denn ohne Moral kann es kein geordnetes soziales Leben geben. Sie waren aber der Meinung, als Garantie für die Befolgung genüge das Strafgesetzbuch. Doch ein solches Buch gibt keine Motivation für moralisches Handeln. Noch nirgends in der Welt hat ein Strafgesetzbuch Heilige geschaffen. Das bringt nur die Bibel fertig. Sie schafft die religiöse Überzeugung, und aus dieser geht die Motivation für moralisches Handeln so natürlich hervor wie die Frucht aus dem Samen.
Sehr einleuchtend hat dies ein zum Christentum bekehrter Chinese dargelegt. Er sagte: „Auf dem Reisfeld steht eine Vogelscheuche. Die Sperlinge wissen wohl, dass diese Schreckfigur nur ein unbewegliches hölzernes Ding ist. Kommt aber der Wächter, so fliegen sie sofort davon. Solange wir nur Konfutse und seine tote Moral im Herzen tragen, treiben alle Lüste ungestört ihr Unwesen in uns. Zieht aber Christus mit seiner Lehre in unser Herz ein, so müssen Laster und Leidenschaften weichen, wie die Sperlinge im Reisfeld vor dem Wächter.“

Deshalb verkündet der erste Adventsprediger, Johannes der Täufer, keine neuen Gesetze mit verschärftem Strafkodex, sondern ruft zur inneren Umkehr auf. Als Motivation dieser Umkehr bezeichnet er den bald erscheinenden Erlöser, der den Umgekehrten das Heil bringen wird.

Heil wollten in unseren Tagen auch die Kommunisten bringen. Sie behaupteten: Das Heil bestehe in einer Überfülle an Konsumgütern. Damit sei das Heilsziel erreicht. Als ob das Glück einzig in einem satten Magen bestehe. Aber nicht einmal das brachten sie zustande. Ganz im Gegenteil. Das Resultat ihres Heilsbemühens war kläglich. Es bestand aus enttäuschten Untertanen, deren Magen vor Hunger knurrte. In den westlichen Ländern wurde tatsächlich ein Überfluss an Konsumgütern geschaffen.

Wir fragen uns: Besteht das Heil der Menschen in solchen Dingen? Dann würden die Satten im Westen wunschlos glücklich sein. Sie sind es nicht. Umsonst ist der Magen satt, wenn der Geist hungert. Deshalb war von jeher die tiefste Sehnsucht der Völker nicht auf die Erde gerichtet, obwohl sie alle zum Leben notwendigen materiellen Güter hervorbringt, sondern auf den Himmel. Der Hunger des Geistes lässt sich nicht mit Konsumgütern stillen, er hungert nach Wahrheit, Weisheit, Lebenssinn und Liebe. 

Zu Johannes dem Täufer strömten große Scharen von Menschen. Was versprach er ihnen? Weder das große Los in der Lotterie noch volle Kornspeicher. Schon seine bloße Erscheinung war ein Protest gegen den materiellen Wohlstand. Seine Kleidung: ein Gewand aus Kamelhaaren. Seine Nahrung: Heuschrecken und wilder Honig. Aber er brachte die Botschaft vom kommenden Bringer geistiger Güter. „Ich taufe nur mit Wasser“, sprach er, „aber mitten unter euch steht einer, der euch mit Heiligem Geist taufen wird.“ Der Erlöser wird die Fülle der Güter Gottes bringen. Wir alle haben den notwendig, der mit dem Heiligen Geist tauft. Diese Adventshoffnung geht nicht ins Leere, sie wird ihre Erfüllung finden .Stimmen wir mit vollem Herzen in das Adventslied ein: „Tauet, Himmel, den Gerechten, Wolken, regnet ihn herab!“