Die Katzenangel

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Manchmal profitieren auch Katzen vom technologischen Fortschritt der Menschheit. Nein, es ist nicht die Rede von elektronisch gesteuerten Futterautomaten, die bei Abwesenheit des Halters täglich zu einer bestimmten Uhrzeit eine vorbereitete Mahlzeit freigeben, und auch nicht von Katzentüren, die dem Stubentiger dank eines speziellen Mechanismus trotz versperrter Haustür jederzeit Einlass und Ausgang gewähren. Vielmehr von einem technischen Utensil für einen Freizeitsport, dem auch viele Menschen gerne frönen: dem Angeln.

Es begann damit, dass wir eines Tages eine Maus in unserer Speisekammer entdeckten. Statt Kleber oder Gift zum Einsatz zu bringen, wählten wir die umweltfreundliche Beseitigungsvarinate – die Katze. Am Abend, während wir in der Küche saßen, ließen wir also die Türe zu der sonst streng verbotenen Zone einladend weit auf. Eine Chance, die sich Soraya nicht entgehen ließ, denn Katzen sind neugierig wie die Pest. Verstohlen, weil sie vermutete, Verbotenes zu tun, glitt die Samtpfote in den Raum. Dort schnupperte sie euphorisiert in alle Richtungen, um dann in Jägerpose vor dem Schrank mit den Lebensmitteln zu erstarren. So verharrte sie stundenlang, bis wir irgendwann ins Bett gingen. Am frühem Morgen fand ich sie immer noch so. Nur ihr vorwurfsvoll klagendes Miauen verriet ihren offensichtlichen Misserfolg.

Arme Mieze! Wahrscheinlich hatte die Maus die ganze Nacht hinter den Schränken gefeiert, gesungen und getanzt und sich über die blöde Katze halbtot gelacht. Nur halb, leider, denn mein Mann und meine Schwiegermutter schworen Stein auf Bein, es röche immer noch nach Maus (meine Nase ist auf das Erschnüffeln von Nagetieren trotz mehrerer Jahre Landleben leider immer noch nicht geeicht). 

Da Plan A nicht funktioniert hatte, kam nun Plan B zum Einsatz: die Mausefalle. Präpariert mit Schokolade, weil bei Ködern, die auch der Katze schmecken, sich diese böse die Nase klemmen könnte. Eine halbe Stunde später – wir saßen wieder in der Küche, während Soraya ihre Jagdposition vor dem Schrank eingenommen hatte – ertönte auf einmal ein lautes „Klack“. Wie auf Kommando sprangen wir auf: die Mausefalle! Waidmanns Sieg!

Doch wer kam uns bereits aus der Speisekammer in höchster Eile entgegengerannt? Soraya – mit einem winzigen Mäuschen im Maul, an dem die vergleichsweise riesige Falle baumelte. Flugs entwischte sie zwischen unseren Beinen, hinaus in den dunklen Garten. Dort suchten wir mit der Taschenlampe zwischen Blumen und Kürbissen nach der leeren Falle und lachten uns kringelig über das schlaue Tier. Aber auch darüber, dass wir unserer Katze wohl ein großartiges „Anglererlebnis“ beschert hatten.

Seither wiederholt sich die Szene fast jeden Abend: Pünktlich um acht wird die „Angel“ mit dem Schokoladenköder an der Wand zum Schrank ausgelegt und Soraya bezieht Position. Bis zum erlösenden Klack – wenn er denn kommt, denn der Mäusevorrat eines Bauernhauses ist auch nicht unerschöpflich – denkt sie vermutlich entnervt: Wann spuckt denn dieser blöde Futterapparat heute endlich meine tägliche Maus aus?