Die „Kronstädter Gruppe“ unterstützt eigenen Kandidaten

Irineu Darău kandidiert als USR-PLUS-Parteivorsitzender

Vorstellung der „Împreun²“-Plattform vor dem Regierungspalast in Bukarest
Foto: agerpres

Das Ausscheiden der USR-PLUS aus der Regierungskoalition dürfte deren Reihen eigentlich nur festigen. Premierminister Florin Cî]u habe durch seine Vorgehensweise den bisherigen Regierungspartner praktisch mit dem Rücken an die Wand gestellt, sagt der Kronstädter USR-PLUS-Abgeordnete Tudor Benga, so dass nur ein Rücktritt aus der Regierung in Frage kommen konnte. 

Ansonsten hätte diese junge Partei an Glaubwürdigkeit verloren und ihre Mitglieder und Sympathisanten arg enttäuscht. Wahrscheinlich ist sich die USR-PLUS-Führung in dieser Hinsicht einig, vielleicht sogar auch in der bisher ausgeschlossenen, nun umstandsbedingten Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AUR-Partei für das Vorlegen eines Misstrauensantrags gegen das Cîțu-Kabinett. Aber im Inneren dieser Partei brodelt es schon seit einiger Zeit.

Die Ankündigung einer dritten Kandidatur für die Wahl des neuen Parteivorsitzenden war dennoch eine Überraschung. Außer Dan Barna und Dacian Ciolo{, die noch gemeinsam dieser aus der USR-PLUS-Fusion entstandenen Partei vorstehen, meldete am 5. August auch der Kronstädter Senator Ambrozie Irineu Darău seine Kandidatur als Unabhängiger für den Parteivorsitz an. 

Am 24. August wurde, ohne große Aufmachung, in Bukarest vor dem Victoria-Regierungspalast die Plattform „Împreună USR-PLUS“ (Zusammen USR-PLUS) vorgestellt. Hinter ihr stehen der Kronstädter Bürgermeister Allen Coliban und Vizebürgermeisterin Flavia Boghiu, die Abgeordneten Cătălin Teniță und Mihai Polițeanu, der EU-Parlamentarier Nicu Ștefănuță und einige andere, weniger bekannte USR-PLUS-Mitglieder. Eine Ausnahme macht der anfangs erwähnte Abgeordnete Tudor Benga, der davor warnt, die Kronstädter USR-PLUS-Organisation als eine vorbildlich funktionierende Kreisfiliale zu betrachten. 

Da Coliban als Leiter dieser Plattform gilt, wurde von einer „Kronstädter Gruppe“ gesprochen, die einen sogenannten dritten Weg für die bisher an der Regierung mitbeteiligte Partei vorschlägt. Dass diese Gruppe den Ex-Vorsitzenden der Kronstädter USR-Kreisfiliale Irineu Darău in den Wahlen, die ab 15. September eine Woche lang online unter den Parteimitgliedern laufen, für den Parteivorsitz unterstützt, war nun keine Überraschung. Darău selbst hatte erklärt, er stehe für dieselbe Plattform „Împreună“. Es geht aber nicht nur um den Parteivorsitz, sondern auch um die Wahlen beim Parteitag, der für den 2. und 3. Oktober angesetzt wurde. Dort sollen die Mitglieder des wichtigsten Parteiorgans, das Landesbüro („Biroul Național“) gewählt werden.

Dar²u und seine Unterstützer sind unzufrieden mit den Entwicklungen innerhalb ihrer Partei, wie auch mit dem, was als Regierungspartner an der Seite der Nationalliberalen und des Ungarnverbandes erreicht werden konnte. Schuld daran würden auch Dan Barna und Dacian Ciolo{ tragen. Die Erwartungen der USR- und der PLUS-Wähler seien nicht erfüllt worden; mehr noch: In der Partei mache sich Vetternwirtschaft und Autoritarismus immer stärker bemerkbar. Eine Rückbesinnung auf die ursprünglichen Werte dieser aus der Zivilgesellschaft hervorgegangenen politischen Formation sei unbedingt notwendig. Dafür stehe die „Kronstädter Gruppe“, und selbstverständlich, wie es der Name der Plattform verdeutliche, für Einheit innerhalb der Partei, wo nun nicht mehr von einem USR- und einem PLUS-Lager die Rede sein könne.

Marius Oprea, ein anderer Kronstädter, aber kein USR-PLUS-Anhänger, bezeichnet diese Gruppe als „konservativ“ und vergleicht sie mit den Orban-Unterstützern in der PNL, weil sie traditionellen Werten wie Kirche oder Familie mehr Aufmerksamkeit schenke als andere Parteiflügel, die in dieser Hinsicht zu umstrittenen Einstellungen neigen. Er schätzt ihre entschiedene Kritik an der Vetternwirtschaft in der Partei – eine echte Krankheit, zum Unterschied zu der Kampagne „Ohne Straftäter“, wo es sich mehr um eine Imageverbesserung gehandelt habe, um Beseitigung von ärgerlichen Symptomen, nicht aber des eigentlichen Übels.

Dar²u und seine Unterstützer gelten vorläufig als klare Außenseiter. Barna begrüßte sogar diese Kandidatur und bezeichnete sie als einen Beweis für eine lebendige Partei, in der jeder frei seine Meinung äußern könne. 

Dass aber im direkten Kampf mit seinem Rivalen Cioloș einige Stimmen, auf die er bisher gerechnet hatte, nun an Dar²u verloren gehen, dürfte ihm Sorgen bereiten. Denn für ihn steht viel, fast alles, auf dem Spiel. Unterliegt er bei den Wahlen um den Parteivorsitz, so kommt auch seine Kandidatur fürs höchste Amt im Staat nicht mehr in Frage. 

Einige Mitglieder der Kronstädter Gruppe könnten den Sprung ins Landesbüro schaffen und dort die erwartete Mehrheit, das „Barna-Team“, nicht zu stark werden lassen. Denn die Kronstädter Gruppe distanziert sich vom Ex-Vizepremier und potentiellen Präsidentschaftskandidaten, was Dacian Cioloș entgegenkommt. Von dieser Überlegung ausgehend zu unterstellen, dass Darău, Coliban und die anderen eigentlich dem PLUS-Lager helfen, ist übertrieben. Die USR-PLUS als Reformpartei sollte interne Dispute, vor allem in dieser Krisenperiode, überwinden können, ohne dass es dabei nur um Klientelismus, Machtkampf oder Flügelkämpfe geht.