Die verständlichste Zeichensprache

Der entthronte Kaiser Napoleon sagte in seiner Verbannung auf der Insel Sankt Helena zu seinem Arzt O´Meara: „Ich habe ein Herz von Marmor!“ Es war die volle Wahrheit. Nur mit einem Herzen aus Marmor konnte er Europa mit Kriegen überziehen, Hunderttausende junge, blühende Menschen in den „Heldentod“ schicken, Frauen zu Witwen, Kinder zu Waisen machen, Städte und Dörfer in Flammen aufgehen lassen. Das alles, um seinen Ehrgeiz zu stillen, Herrscher über Europa zu werden.

Er ist nicht der Einzige mit einem Herzen aus Stein. Alle Machthaber und Ausbeuter, die gewissenlos andere Menschen zu beherrschen suchten, haben, statt eines fühlenden Herzens, einen kalten Stein im Leib. Das war schon immer so, seit stärkere Menschen ihre schwächeren Mitmenschen zu beherrschen suchten. Ist das ein Naturgesetz, dem wir unterworfen sind? Nie und nimmer! Deshalb verheißt Gott durch den Propheten Ezechiel (36, 27): „Ich schenke euch ein neues Herz und lege meinen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meine Gesetze erfüllt!“
Wie sieht das neue Herz aus, das das Steinherz ersetzen soll? Der römische Feldherr Manlius hatte um 390 vor Christus Rom gerettet. Von Neidern wurde er als Verräter angeklagt. Er verteidigte sich so: Er zeigte auf seine nackte Brust mit allen Wundnarben, die er für sein Vaterland empfangen hatte und sagte: „Diese sprechen für mich!“ Diese Zeichen waren die verständlichste Sprache. Sofort wurde er freigesprochen.

Das uns von Gott versprochene „neue Herz“, von Ezechiel vorausgesagt, wurde in Christus Wirklichkeit. Der „Herr der Herrlichkeit kam ins Land der Sterblichkeit“, nicht um zu herrschen, sondern um zu dienen. Er kam nicht mit einem aufgerüsteten Heer, wie es alle Machthaber mit steinernem Herzen tun. Er opferte nicht andere für sich, sondern sich selber für uns. Er ließ sich ans Kreuz schlagen, um uns vom Bösen zu erlösen. Schauen wir doch auf das Kreuz. Die Wunden an seinen Händen und Füßen sind Zeugen seiner Liebe. Sie sprechen die deutlichste Sprache. Verstehen wir sie?

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg fand in Paris ein Kongress statt, an dem sich Vertreter aus allen Ländern der Welt beteiligten. Der französische Staatssekretär eröffnete die Sitzung mit einer großen Rede. Von Seiten der Zuhörer kam keine Reaktion. Es waren nämlich lauter Taubstumme. Erst als der Dolmetscher diese Rede in die Zeichensprache der Taubstummen übertrug, kam Leben in die Versammlung. Es gibt heute äußerst viele „geistig Taubstumme“ auf unserem Globus. Sie verstehen nicht die „Frohe Botschaft“ von der Liebe Gottes zu uns Menschen. So hat Er für uns geistig Taubstumme die Liebe seines Herzens in die Zeichensprache des Gekreuzigten übersetzt. Diese so eindringliche Zeichensprache müssten wir doch verstehen. Dazu mahnt uns der Apostel Paulus im Epheserbrief: „Ihr sollt dazu fähig sein, die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt!“ Auf Christus trifft das Wort vollkommen zu: „Der hat die größte Liebe, der ohne Motiv liebt, der zuerst liebt, der mit Feuer liebt, der bis zum Tode liebt: das ist die Liebe Gottes zu uns!“ Eines ist sicher: Die Taten Christi haben zwei Jahrtausende überdauert, weil es Taten des Herzens waren. Taten, die nur dem klugen Kopf entspringen, werden schnell vergessen. Taten, die aber im Herzen geboren werden, bleiben unvergesslich.
Was wollen wir tun? Bei vielen Menschen verstopfen sich die Adern, die mit dem Herzen verbunden sind. Das bedeutet Lebensgefahr. Der modernen Wissenschaft ist es gelungen, dieses Übel großteils zu beheben. Es werden Bypässe eingesetzt, die die Aufgaben der verstopften Adern übernehmen und so das Weiterleben ermöglichen. Bei vielen Menschen sind die geistigen Adern, die uns mit dem Herzen Gottes verbinden, durch Habgier, Genusssucht, Stolz und Weltliebe verstopft. Da hilft nur eines: Setzen wir die Bypässe des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe ein, die uns mit Gott fest verbinden. Wir wollen doch kein kaltes Marmorherz in der Brust tragen. So erhalten wir aus seinem Herzen die Kraft der Liebe und auch wir machen die gleiche Erfahrung wie der Dichter Novalis: „Hast du Ihm erst dein Herz gegeben, ist auch das Seine ewig dein!“