Diese Menschen brauchen unsere Hilfe


Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!
Jesaja 58, 7


Die Nacht ist eisig kalt. Die einfachen Turnschuhe sind längst durchnässt und die Kälte kriecht in den ausgehungerten Körper. Die dünnen Windjacken halten der Kälte und dem Wind nicht stand. Langsam und fast lautlos folgen die jungen Männer und die paar Mädchen und Frauen dem Mann, der sie aus dem Versteck abgeholt hat. Was haben sie schon alles auf ihrer Flucht unterwegs erlebt.

In dieser Nacht sollen sie noch eine Grenze auf dem Weg zu ihrem Ziel passieren. Immer nachts unterwegs zu sein, hat die Kräfte und Nerven aufs Äußerste strapaziert. Und die ganze Ungewissheit, ob es klappt und wie es sich für sie weiterentwickeln wird. Einige aus der Gruppe müssen immer wieder stehen bleiben und schnappen nach Luft. Ihr Führer ist ungeduldig und drängt auf Eile. Immer wieder stolpern welche in der Dunkelheit.

Plötzlich hören sie Motorengeräusche. Sie kauern sich unter die Büsche. Jetzt hören sie auch Hundegebell und Stimmen. Kommandos werden gerufen und starke Scheinwerfer erleuchten die Landschaft. Äste knacken um sie herum und Raureif rieselt von den Blättern. Sie sind entdeckt, von Lampen geblendet und umstellt. Sie werden angeschrien und bedroht. Soldaten mit Gewehren bringen sie zu einem Fahrzeug, sie werden eingeschlossen. Auch hier drin ist es eisig kalt. Nach langer Fahrt auf holprigen Wegen folgt ein kürzerer Abschnitt auf Asphalt. Der Wagen hält kurz, ein Metalltor wird quietschend geöffnet und hinter ihnen wieder geschlossen. Nach kurzer Fahrt hält der Wagen wieder. Kommandos ertönen, dann wird die Türe aufgerissen. In Abständen müssen sie nun draußen stehen mit Soldaten neben sich. Einer nach dem anderen werden sie in ein Büro gebracht. Ihre Personalien werden aufgenommen, Fotos werden von ihnen gemacht und dann gelangen sie in einen ebenfalls kalten Raum.

Erschöpft und klamm von der Kälte müssen sie bis zum Schichtwechsel am Morgen ausharren, ohne Trinkwasser, ohne Essen, ohne Decken. Am Morgen beginnt dann für alle Aufgegriffenen die Odyssee durch die bürokratischen Abläufe für illegale Grenzübertritte. Jetzt im Dezember ist es für die vielen Flüchtlinge, die unterwegs sind und auch zu uns nach Rumänien kommen, besonders schwierig. Hilfsorganisationen, die diesen Menschen helfen wollen, brauchen unsere Hilfe.

Selten kommen diese Menschen bis vor unsere Tür. Aber sie sind da, die, die unsere Hilfe brauchen. Verschiedene Hilfsorganisationen nehmen sich ihrer an, doch die Bereitschaft, solche Einrichtungen mit Spenden zu unterstützen, ist deutlich zurückgegangen. Doch gerade in der Advents- und Weihnachtszeit öffnen besonders viele Menschen ihre Herzen für die Hilflosen und Bedürftigen hier bei uns und in der weiten Welt. Es geht dabei nicht nur darum, dass sie überleben, sondern dass ihnen ein menschenwürdiges Leben möglich gemacht wird und dass sie eine hoffnungsvolle Perspektive bekommen.

Der Zimmermann Josef musste damals die beschwerliche Reise von Nazareth nach Bethlehem, das sind immerhin rund 160 km, zusammen mit der hochschwangeren Maria irgendwie zurücklegen. Wo sie unterwegs unterkamen und wie sie sich verpflegten konnten, wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass sie in Bethlehem keine Herberge fanden und dann Zuflucht in einem Stall mit Tieren fanden. Und schon kurz nach der Geburt des Jesuskindes musste die junge Familie vor den Soldaten und Schergen des grausamen Diktators Herodes des Großen nach Ägypten fliehen. In der Bibel finden wir sehr viele Flucht-Geschichten, Berichte von Fluchten Einzelner, ganzer Familien oder manchmal auch von dem ganzen auserwählten Volk Gottes.
Menschen, Familien oder Völker, die auf der Flucht sind, sind auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Wie dankbar waren unsere siebenbürgischen Landsleute, als sie einzeln oder in organisierten Trecks im August/September 1944 ihre Flucht gen Westen begannen, für jede Geste der Zuwendung oder noch so kleine Hilfe. Mein Vater erzählte aus der Zeit seiner Deportation in die Sowjetunion, dass er immer wieder dankbar war, wenn er für ein bisschen Brot und andere Lebensmittel nach der Schicht in der Umgebung zusätzliche kleine Arbeiten bekam. Oder ein freundliches Wort, was den ehemaligen Kriegsgegnern gegenüber gar nicht selbstverständlich war.

Wir brauchen nur offene Augen, offene Ohren und vor allem offene Herzen für die Not der Menschen. Oft kann mit ganz Wenig große Not gelindert werden. Gerade jetzt in der Advent- und Weihnachtszeit.