Ein gutes Jahr für Meister Adebar

Storchzählung im Kreis Hermannstadt – bald auch auf ARTE!

Andreas Zeck am Spektiv Foto: Anne Zeck

Die Drohne kehrt vom Nest zurück und landet zwischen den Storchenzählern. Foto: Matthias Ewert

Durch Stromschlag verendeter Storch Foto: Matthias Ewert

Storchennest in Marpod Drohnenaufnahme: Max Köber

Storchzählung vom Turm in Großau aus Foto: Anne Zeck

Mehr wie in anderen Jahren war die Planung der Storchzählung für die letzte Juni-Woche eine logistische Herausforderung. Es galt nicht nur möglichst alle bekannten Orte mit Storchennestern aufzusuchen, sondern auch weitere Termine und Vorhaben aller Teilnehmer zu koordinieren. Denn zusätzlich zu der eigentlichen Zählung hatte sich ein Fernsehteam vom Sender ARTE angesagt, das uns dann in Großau/Cristian bis auf den Turm begleitete, aber auch die von Konsulin Kerstin Ursula Jahn (die auch dabei war!) angeregte Begegnung zwischen den Vertretern des Stromversorgungs-Unternehmens (der Chef blieb leider fern) und den Storchenbetreuern aus Brandenburg, Anselm Ewert, Großau, Dr. Miruna Pripoianu und Hermannstadt/Sibiu organisierte. In der ersten Augusthälfte wird darüber ein Dokumentarfilm auf ARTE zu sehen sein. 

Immer noch sind im Kreis Hermannstadt die meisten Mittelspannungsleitungen mit nicht isolierten Stützisolatoren ohne Schutzhauben angebracht, an denen es regelmäßig zu Unfällen landender Störche kommt. So auch in diesem Jahr z.B. zwischen Neustadt/Noi{tat und Hundertbücheln/Movile. Die meisten durch Stromschlag verendeten Störche sehen wir nicht, da sie nicht in der Leitung hängen bleiben! Aber auch was die Anbringung von Nisthilfen auf Strommasten betrifft, ist in unserem Kreis viel zu wenig getan worden. Denn von den rund 280 Masthorsten sind nur 53 mit einem Untersatz versehen, davon 25 in Großau. Mehr als 85 Prozent der Storchennester befinden sich aber auf Masten. Darüber und über mögliche Hilfen in diesem Bereich durch Zusammenarbeit zwischen unserer Region Zentrum und ihrem Partnerland Brandenburg wurde auf der Besprechung beraten, sinnigerweise unter solchen nicht isolierten Masten in Großau. Ich konnte dabei einem Vertreter des Unternehmens mit den Ergebnissen der Storchzählung nicht nur die Orte angeben, wo es bereits solche Nisthilfen gibt, sondern auch auf den dringenden Handlungsbedarf bei einem Nest in Marpod hinweisen, das am Mast bis auf die Drähte durchgerutscht ist. Anselm Ewert würde gerne den hiesigen Materialbedarf an Schutzhauben u. a. kennen, um sich bei seinem Stromversorgungsunternehmen in Brandenburg darum zu bemühen.

Kurz vor Beginn der Zählwoche kam per Anruf von der Rumänischen Ornithologischen Gesellschaft (SOR) die Aufforderung an mich, an dem 8. internationalen Weißstorchzensus teilzunehmen. Ich übernahm gerne die Zählung für den ganzen Kreis Hermannstadt. Für mich bedeutete das aber auch, wieder einmal Orte aufzusuchen, die wir seit Jahren nicht mehr besucht hatten, da es dort vor 10 und 20 Jahren bei den damaligen internationalen Zählungen keine Störche gab. Und siehe da, in mehreren Orten gibt es inzwischen (wieder) Storchennester. So in Aciliu, Glimboaca, Neudorf/Nou Săsesc im Lassler Tal, }eline, Topârcea oder Vale. Aber auch in weiteren 17 uns bekannten Orten kamen in diesem Jahr neue Nester hinzu, so dass wir im Ganzen 328 besetzte Horste zählten – 34 mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der  Jungstörche stieg dementsprechend auf 941 (85 mehr als im Vorjahr). Es gab wieder viele 5er Bruten (29 in 25 Ortschaften) und 4er Bruten (89 in 47 Orten). Da in den neu angelegten Horsten gewöhnlich etwas weniger Jungstörche aufwachsen, sank der durchschnittliche Bruterfolg erfolgreicher Paare leicht von 3,39 auf 3,30. Das ist aber immer noch einer der besten Werte der Zählung seit 1988, also alles in allem ein sehr gutes Storchenjahr!

Die meisten Nester (68) und Jungstörche (181) zählten wir wieder in Großau. Während Dr. Miruna Pripoianu und ihr Mann unten von Storchennest zu Storchennest gingen, zählte Anselm Ewert vom Kirchturm aus mit dem Spektiv die Jungstörche des entsprechenden Nestes, Andreas Zeck trug sie in die Tabelle ein und ich kommunizierte mit dem Walkie-Talkie mit denen von unten. Anschließend verglichen wir im Pfarrgarten unsere Resultate.

Nach der Anzahl der Nester und Jungstörche folgen dann Orlat (24/60), Leschkirch/Nocrich (15/37), Mergeln/Merghindeal (15/39), Scorei (9/21) und Porumbacu de Jos (8/21). In Hermannstadt haben wir auch in diesem Jahr vier Nester mit zusammen 10 Jungstörchen.

So wie im vergangenen Jahr hatten wir auch diesmal an einem Tag die wertvolle Hilfe von Max Köber (5. Klasse Hermannstadt), der uns mit seiner Drohne auf der Fahrt durch die Dörfer im Osten der Fogarascher Senke half, die Zahl der Jungstörche im Nest schnell und sicher zu bestimmen.

Und bei der Zählung in Neppendorf/Turnișor konnte Anselm Ewert bei dem einen Altstorch den Ring mit den Zahlen 8141 ablesen. Die offizielle Antwort von der Rumänischen Ornithologischen Zentrale aus Bukarest auf meine Nachfrage ergab schon nach einigen Tagen, dass dieser Storch im Juni 2020 als Nestling in Acățari im Kreis Muresch beringt wurde.
Wenn man diese Storchzählung seit so vielen Jahren durchführt, bemerkt man natürlich auch langfristige Veränderungen. In den ersten Jahren nach 1988 befanden sich die meisten Storchennester auf Schloten und Scheunen, oft hinter der Häuserreihe und dadurch schwer einzusehen. Heute befinden sie sich meist auf Masten. Man findet sie also viel leichter! Und oft sind es die Masten am Anfang oder am Ende des Dorfes oder solche an Straßenkreuzungen. Ich zeige meinen Helfern dann gerne, wo vor Jahren die Nester waren. Aber auch zwischen Ortschaften gibt es Verlagerungen der Storchenpopulation. So zum Beispiel von Schönberg (heute nur noch 2 Nester) nach Mergeln (heuer 15 Nester). Solche Veränderungen haben natürlich ihre Ursachen, die untersucht werden müssten. Auch bei den vielen Störchen in Großau und Orlat wüssten wir gerne, woher sie das Futter für die vielen Jungstörche herbeischaffen! Nach dem Ausfliegen der Jungstörche und bis zu ihrem Abflug im August müssen in diesen beiden Orten 425 Störche Futter finden! Zum Glück fressen sie nicht nur Frösche!

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen, die uns bei der diesjährigen Storchzählung unterstützt haben, bei Anselm und Matthias Ewert, die zum 25. Mal dabei waren, bei Andreas Zeck (6. Klasse, Reutlingen), der mit seinen Adleraugen wieder mehrere neue Nester fand, bei Max Köber und seiner Begleitung für die Hilfe mit der Drohne, bei Richard Reb für die Fahrten in die ausgebliebenen Orte, bei meinen Kindern (die mich auf den Turm in Großau begleiteten), besonders auch bei meiner Frau Ilse, die durch die gute Verköstigung der ganzen Truppe an den Abenden wesentlich zur Aufrechterhaltung der guten Stimmung an diesen heißen Tagen beigetragen hat! Dank auch an alle, die mir telefonisch Auskunft gaben! Ich bin froh, die Zählung auch in diesem Jahr gemacht zu haben, so dass die Beobachtungsreihe nicht unterbrochen wurde!


Eindrücke von der Storchzählung 2024

Es war wieder so weit. Wie auch in den letzten fünf Jahren durfte ich dieses Jahr wieder an der Storchzählung meines Großvaters teilnehmen. Mein schönstes Erlebnis war diesmal die ganztägige, sogenannte „Kerz-Tour“: Früh morgens fuhren wir im Auto von Matthias Ewert (einem der beiden langjährigen Helfer aus Brandenburg) in Richtung Arpa{u de Jos und von da aus über die Dörfer wieder zurück in Richtung Hermannstadt. Nach einer Weile stieß eine Gruppe Helfer zu uns, unter ihnen Max Köber mit seiner Drohne. Dies war für uns ein großer Vorteil, da so die Jungstörche in schwer zugänglichen Nestern (z.B. in Sebe{ul de Jos) leichter gezählt werden können. Für die Störche stellte dies meist nur eine kurze Störung dar.
Wie jedes Jahr sind gerade die Nester in Freck/Avrig so gut versteckt, dass selbst der langjährige Zähler Anselm sie nicht auf Anhieb fand. Auch dieses Mal suchten wir in dem Straßengewirr fast eine halbe Stunde.

Viele neue Nester waren in diesem Jahr zu verzeichnen. Fast jeden Tag entdeckte ich eines: in Fofeldea, Orlat, Salzburg und Boi]a. Dies freute mich besonders und war für die anderen Zähler sehr hilfreich, da sie nicht so flinke Augen hatten. 

Es war aber auch ein relativ gutes Jahr mit vielen „Fünfer-Bruten“ (29). Zwar gibt es genug Jungstörche, doch nur noch wenige Sachsen in den Dörfern, die früher von meinem Großvater auch aufgesucht wurden. Und doch wurden wir bei unserem Überraschungsbesuch in Gießhübeln/Gusu bei der Kuratorfamilie Gottschling mit leckeren Krapfen bewirtet! Alles in allem war es dieses Jahr wieder eine wunderbare Zeit, in der Gemeinschaft der Storchzähler durch Siebenbürgen zu fahren, die Gastfreundlichkeit und die wunderbare Landschaft zu genießen!

Andreas Zeck