Ein kreativer Treffpunkt im Grünen mitten in Bukarest

Im Gespräch mit Irina Lăptoiu über den Garten der Glasbläser – „Grădina Sticlarilor“

Irina Lăptoiu hinter der Theke auf dem Dachboden in der Culmea-Veche-Straße 12
Foto: Iulia Năstase

Der Garten der Glasbläser ist eine Oase mitten in Bukarest, in der Vasile-Lascăr-Straße Nr. 36, nur wenige Minuten von der Piaţa Universităţii entfernt. In einem Gespräch zwischen Irina Lăptoiu und Janin Volkmann erfahren wir, was genau sich hinter diesem Ort verbirgt und was diesen so besonders macht. Irina Lăptoiu ist von Anfang an eine von drei Hauptverantwortlichen des Gartens. Sie stammt aus Gala]i und lebt seit acht Jahren in Bukarest.
 

Irina, was können wir uns unter dem Garten der Glasbläser vorstellen?

Der Garten ist ein öffentlicher Raum der Begegnung. Ähnlich wie bei einem Café kann man einfach kommen, sich einen Kaffee oder andere Getränke bestellen und die Seele baumeln lassen. Zahlreiche Sitzgelegenheiten, die wir zum Teil selbst gebaut haben, bieten eine breite Auswahl für jeden Geschmack. Ob es der klassische Tisch mit Stühlen ist, die Hängematte, eine liebevoll gestaltete Holzkonstruktion oder eine Schaukel – gemütlich ist es in jedem Fall. Vor allem in den wärmeren Monaten verwandelt sich der Garten in eine grüne Oase, die zudem etwas Abkühlung bietet. Abends gibt es auch Programm. Es finden Workshops, Lesungen, Live-Konzerte verschiedener Genre und Kino-Abende statt. Wir feiern aber auch Kindergeburtstage und bieten jedem die Möglichkeit, sein persönliches Projekt hier zu verwirklichen. Sei es eine Ausstellung oder ein Vortrag zu einen bestimmten Thema. Wir arbeiten sehr gern mit Künstlern zusammen.
 

Wie sind Sie zu diesem Objekt gekommen?

Es fing alles damit an, dass meine Kollegin Iulia Năstase auf der Suche nach einem Raum für ihre Projektgruppe der Reflektierenden Kunst war. Dort sollten Workshops und Übungen zum Thema Glasbläserei und Malerei stattfinden. Das Haus in der Vasile-Lascăr-Straße fand dann sozusagen zu ihr – alles war eher glücklicher Zufall. Es handelte sich zu diesem Zeitpunkt noch um eine Haushälfte plus ein Stück vom Garten. Sie mietete die Räumlichkeiten und bot dort ihre Workshops an. Später übernahm sie die ganzen 400 Quadratmeter des Grundstücks.
 

Und wie ging es dann weiter?

2015 öffnete sie unter dem Titel „Grădina Sticlarilor“ erstmals die Türen für ein breiteres Publikum bei der Nacht der offenen Häuser. Sie fragte mich und meine Freundin Diana Pintilie, ob wir uns für diese Veranstaltung eine Bar im Garten bauen könnten und in der Nacht auch betreuen würden. Wir sagten „Ja!“ Die Nacht der offenen Türen war ein großer Erfolg für den Garten und wir trafen alle gemeinsam die Entscheidung, den Ort auch zukünftig für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Iulia und ihr Freund reisten dann für zwei Jahre nach Indien – Diana und ich übernahmen die Arbeit im Haus und Garten und realisierten unsere eigenen Veranstaltungen in dieser Zeit. Ja, so fing eigentlich alles an.
 

Was genau waren die ersten Schritte dann zu zweit?

Wir haben im Haus eine Teestube eingerichtet und verschiedene Veranstaltungen geplant und durchgeführt. Einer unserer Klassiker, den wir von Anfang an im Programm hatten, ist „Dienstags im Garten“. Damit wollten wir vor allem eine Alternative zu verschiedenen Clubs bieten, die dienstags Getränke zum halben Preis anbieten. Das ist ja eigentlich eine gute Sache, nur findet das alles drinnen statt. Wir hatten einen Garten und sahen großes Potenzial, dass die Leute zu uns ins Grüne kommen.
 

Sie sagten, man könnte einfach kommen und einen Kaffee bestellen. Was unterscheidet den Garten von anderen Cafés?

Besonders ist zum einen, dass bei uns nicht der Konsum von Getränken im Vordergrund steht, sondern die miteinander geteilte Zeit und die Begegnung. Man zahlt pro Stunde 10 Lei und kann dafür an die Bar kommen und sich Säfte, Limonaden oder Tee holen – alles, was man dort vorfindet. Zum anderen kann sich jeder in jeglicher Art einbringen, wenn er will. Es gibt Besucher, die nehmen an unseren Workshops und Veranstaltungen teil, andere bringen Materialien vorbei, aus denen wir dann Brauchbares für den Garten bauen, wieder andere bauen selber Möbel oder fragen, ob sie nicht woanders mithelfen können. Wir versuchen, so gut es geht, zu recyceln und Dingen wieder eine Verwendung zu geben. Alles in allem ist unser Garten kein Ort, wo man nur hingeht, um etwas zu trinken. Es ist vielmehr ein Treffpunkt für den Austausch und Aufbau von Netzwerken. In der „Grădina Sticlarilor“ verschwimmen die Grenzen zwischen Gruppen – und das auf magische Weise ganz unbewusst.
 

Das klingt nach einer sehr familiären Atmosphäre.

Ja, in der Tat. Wir haben ein tolles Team von Freiwilligen, die regelmäßig kommen und mit anpacken und auch eigene Ideen haben und diese umsetzen. Eine unserer Stammbesucherinnen stellt zum Beispiel selber Sandalen aus fair gehandelten Materialien her und verkauft diese an die Besucher vor Ort. Das Schöne ist, dass man ihr bei ihrer Arbeit zuschauen kann. Das inspiriert die Leute dort, selber auch kreativ zu werden. Es gibt aber auch immer wieder neue Gesichter und einige davon sieht man dann wieder öfter. Dadurch, dass wir wirklich ganz verschiedene Veranstaltungen haben, sei es zum Beispiel musikalische, haben wir auch ganz unterschiedliches Publikum. Das macht es auch für uns spannend.
 

Und im Winter finden auch Veranstaltungen draußen im Garten statt?

Nein, aber das ist ein gutes Stichwort. Dieses Jahr haben wir uns das erste Mal dazu entschlossen, für den Winter nach einer Alternative zu schauen, da das Haus in der Vasile-Lascăr-Straße nicht so gut isoliert ist. Tatsächlich haben wir einen mindestens genauso, wenn auch ganz anders, wundervollen Ort im Zentrum Bukarests, in der Straße Culmea Veche 12, gefunden. Es ist ein sehr schönes altes Haus mit hohen stuckverzierten Wänden, gut isoliert und mit großen Zimmern. Dort haben wir den Dachboden hergerichtet, wo die meisten der Veranstaltungen stattfinden werden. Kürzlich fanden dort bereits das erste Konzert und eine Ausstellung bei der Nacht der offenen Galerien statt. Der Dachboden ist sehr gemütlich und versprüht eine sehr warme Atmosphäre. Wir sind sehr gespannt, wie der neue Ort bei unseren Gästen ankommt. Wir lieben ihn jedenfalls jetzt schon.
 

Wo erfährt man von euren Veranstaltungen?

Wir veröffentlichen unsere Veranstaltungen aktuell auf unserer Facebook-Seite.
 

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für die Zukunft.