Eine Ansammlung von leeren Schaufenstern

Wie kann sich die Kronstädter Innenstadt neu erfinden?

Die leeren Schaufenster im Stadtzentrum bieten einen traurigen Anblick. Fotos: die Verfasserin

Ein Spaziergang über den Marktplatz/Piața Sfatului durch die Purzengasse/str. Republicii, die Michael-Weiss-Gasse und die Klostergasse/Str. Mureșenilor offenbart Dutzende leere Schaufenster. Einige der Geschäftslokale stehen seit Jahren leer, andere erst seit kurzer Zeit. Laut Experten ist eine Quote von 10 Prozent Leerstand normal, wenn der Prozentsatz höher liegt, wäre das ein Zeichen für zu hohe Mieten, die gesenkt werden müssen.

Doch im Kronstädter Stadtzentrum sieht es so aus, als ob diese Quote sogar schon 30 Prozent überschritten hätte. Gibt es dafür weitere Gründe außer den hohen Mieten, und wie könnte die Stadt aktiv entgegensteuern?

„Zu vermieten“

Wenn man vom „Modarom“ in Richtung Marktplatz geht, gibt es in fast jedem zweiten Gebäude entweder ein leeres Schaufenster oder ein Lokal, das im letzten Jahr schließen musste. Gleich neben dem Modarom-Gebäude, bei Nummer 59, befindet sich der Eingang zum „Times“, dem einzigen Tanzlokal Kronstadts, das an allen Wochentagen offen war. Nun ist schon ein Jahr vergangen, seitdem der Club seine Pforten wegen der Pandemie schließen musste.

Schräg gegenüber, im Gebäude mit der Nummer 62, musste das beliebte Restaurant „Festival 39“ wegen der Pandemie endgültig Schluss machen. An den leeren Schaufenstern auf der gegenüberliegenden Straßenseite kleben noch alte Plakate, die für Konzerte oder Theateraufführungen im Januar und Februar 2020 werben. Die Purzengasse, die berühmte Fußgängerzone, gehört eigentlich zu den besten Adressen in der Stadt unter der Zinne. In guten Zeiten reihte sich ein Laden an den anderen, viele Leute waren unterwegs zum Shoppen und die vielen Terrassen waren ein beliebter Treffpunkt, vor allem für Touristen.

Doch inzwischen bietet die einst belebte Einkaufsstraße ein trauriges Bild. „Zu vermieten“, steht in Großbuchstaben auf den Plakaten, die an den leeren Schaufenstern angebracht sind. Wer hier einen Einkaufsbummel plant, wird enttäuscht sein: In den letzten Wochen sind drei oder vier Schuhgeschäfte, ein Kosmetikladen, ein Laden mit Schmuck und mehrere Bekleidungsgeschäfte in die neue AFI-Mall umgesiedelt.

Doch nicht nur auf der Purzengasse sieht es so aus, sondern auch auf einer anderen beliebten Straße – der Klostergasse. Restaurants, Cafés und Läden sind plötzlich verschwunden. Manche sind wegen der hohen Miete weggezogen, andere sind Opfer der Corona-Krise.

Nicht nur wegen der Pandemie

Doch schließende Kaufhäuser und leere Schaufenster in Fußgängerzonen sind nicht nur in Kronstadt üblich und nicht erst seit der Pandemie ein Problem. In ganz Rumänien und auch im Ausland verdrängt der boomende Online-Handel die Geschäfte in den Innenstädten. Die Handelsstruktur verändert sich – und es besteht die Gefahr, dass bald fast alle Geschäftslokale in den Stadtzentren leer stehen werden, wenn nichts dagegen getan wird. Ein weiterer Grund, außer dem Online-Handel, sind die beiden Einkaufsmalls, die in den letzten sechs Jahren auf den Geländen ehemaliger Fabriken gebaut wurden – Coresi beim ehemaligen Traktorenwerk und AFI bei Hidromecanica.

Laut der Immobilien-Internetseite imobiliare.ro kostet die monatliche Miete für einen Geschäftsraum in der Klostergasse, wo einst ein Kleiderladen seinen Sitz hatte, etwa 2000 Euro im Monat. In der Michael-Weiss-Gasse, der Klostergasse, am Rossmarkt/Str.Bari]iu, am Marktplatz und in der Purzengasse variieren die Mieten zwischen zwölf und etwa 50 Euro pro Quadratmeter und Monat. In den Einkaufszentren sind die Mieten wesentlich niedriger, und auch die Flächen sind größer.

Es gibt Ideen, man muss sie nur umsetzen

Ein ist klar: Die steigende Tendenz der leeren Schaufenster im Stadtzentrum wird immer sichtbarer und es braucht kreative Ideen, um sie zu stoppen. Eine Idee wäre, die leeren Räumlichkeiten zeitlich begrenzt in eine Bühne für Kunst und Kultur zu verwandeln. Besonders in Corona-Zeiten könnte man diese Idee nutzen: Auf der einen Seite leiden viele Betroffene im Kunst- und Kulturbereich unter den Corona-Einschränkungen. Auf der anderen Seite traf die Corona-Situation die Betriebe besonders hart und viele Unternehmer haben coronabedingt schließen müssen. Künstler haben es schwer, eine Bühne für ihre Werke zu finden. Das Publikum vermisst die kulturellen Events. Es gibt immer mehr leere Schaufenster. Sie könnten temporär genutzt werden.

In der Stadt Odorheiu Secuiesc im Kreis Harghita hat das Theater an eine Produktion gedacht, die exklusiv in Schaufenstern stattfindet. Verschiedene Szenen spielen sich in mehreren Schaufenstern im Zentrum ab, die Leute können von draußen zusehen und von einem Schaufenster zum anderen gehen. Auch in Kronstadt gab es eine ähnliche Initiative, diesmal im Bereich bildende Kunst. Im Dezember stellten in einem Teil des Schaufensters des Star-Kaufhauses lokale Künstler für einige Zeit ihre Werke aus. Veranstalter des Projekts war das Kronstädter Ethnographische Museum.

Auch in anderen Ländern entwickelt man kreative Ideen zur Zwischennutzung leerer Geschäftsräume. Verwaiste Schaufenster werden neu belebt – zum Beispiel mit interaktiven Projektionen und virtuellen Einkaufsflächen. Die leerstehenden Geschäfte in manchen Innenstädten werden durch eine professionelle Schaufenstergestaltung mit Produkten von lokalen Händlern aufgewertet.

Andere Geschäftslokale werden zu Kinderspielplätzen umfunktioniert, in denen die Kleinen betreut werden, während ihre Eltern einkaufen. Auch Popup-Stores, temporäre Ladeneinheiten, die auf überraschende und kostengünstige Weise Produkte inszenieren, um die Aufmerksamkeit der Kunden auf sich zu ziehen, werden oft zur Verfügung gestellt.

Bürger können sich einbringen

Die Initiativen, das Zentrum neu zu erfinden, können auch von den Bewohnern der Stadt vorgeschlagen werden: Gegen Ende des Monats März wird beim Bürgermeisteramt Kronstadt die Ausschreibung für Projekte starten, die vom Bürgerhaushalt finanziert werden sollen. Dabei handelt es sich um Projekte und Vorschläge, die von Bürgern stammen und für die Entwicklung der Stadt gedacht sind. Jeder Bürger kann einen Projektvorschlag einreichen, danach können alle Kronstädter, die im Portal für partizipativen Haushalt eingeschrieben sind, für jeweils ein Projekt stimmen.
Die elektronische Wahl wird auf brasovcity.ro erfolgen, in der Sparte „Servicii cetățeni, Bugetare participativă“/„Bürgerdienste, partizipativer Haushalt“.