Familiäre Zeitreise aus Stoff und Schnur

Genealogische Stickerei-Ausstellung im Bauernmuseum

Dalina B˛descu mit bestickter Tischserviette ihrer Großmutter (Hintergrund) Foto: der Verfasser

Das Nationale Bauernmuseum in Bukarest lädt vom 10. August bis zum 3. September auf eine genealogische Reise aus Stoff und Faden ein. Die rumänische Künstlerin Dalina Bădescu sammelte Stickereien von sieben verschiedenen Frauen aus ihrer Familie und präsentiert diese in der Sala Noua Galerie unter der Ausstellung „Fire“ (Fäden). 

Die Werke sind eigentlich simple Alltagsgegenstände, die jeder bei sich zu Hause findet: Taschentücher, Servietten,  Tischdecken. Der Kunsthistoriker und Literat Pavel Țușară bezeichnete die Ausstellungstücke bei der Vernissage als „unbeabsichtigte Kreationen“ - die Künstlerinnen hatten sie schließlich nicht dafür angefertigt, sie jemals auszustellen. Das lässt sich auch teilweise sehen: So weisen unter anderem die großen Tischdecken Flecken oder Risse auf. Dies macht sie nicht weniger besonders und sie erzählen dadurch ihre ganz eigene Geschichte. Wer die Geschichte dahinter nicht kenne, meint Țușară, erfasse nur eine einzige Sichtweise. 

Auf die Nachfrage, welches Stück ihr Lieblingswerk sei, konnte sich die Künstlerin zuerst nicht festlegen. Es sei sehr schwer, sich zu entscheiden, da die Ausstellungsstücke von sieben ganz verschiedenen Frauen stammen, die unterschiedliche Perspektiven und Aspekte repräsentieren. „Aber wenn ich mich für eins entscheiden müsste, dann wäre es dieses dort“, zeigt sie spontan auf ein kleines, blaues Tuch, dessen Details aus der Ferne kaum erkennbar sind. Näher betrachtet gewinnen langsam allerlei Tierchen Kontur: Störche, Enten, Frösche, ein Hase... „Eine Tischserviette von meiner Großmutter, die sie für ihre beiden Kinder gefertigt hatte, darunter auch für meinen Vater“, erzählt sie mit spürbarer Bewunderung in der Stimme. Beeindruckt sei sie von der Phantasie und dem spielerischen Geist, die in diese einfache Serviette eingeflossen sind. 

Künstlerin Dalina Bădescu schöpft ihre Inspiration vor allem aus ihrer eigenen Familie. Mutter Daniela B˛descu und Großmutter Liana Bădescu, welche die meisten Werke der Ausstellung geschaffen haben, seien für sie „Vorbilder von Stärke und Mut in schweren Zeiten gewesen“, bekennt sie ein wenig emotional, fügt traurig an, die Mutter sei dieses Jahr im Alter von 56 Jahren an einer Krankeit verstorben. „Die Kraft, die du aus der Familie ziehst, ist alles was du brauchst, um dein Gleichgewicht wieder zu finden“, bekennt Dalina B˛descu.
Ihre eigenen Bilder reihen sich in der Ausstellung an die Exponate ihrer Vorfahren an – als eine Art liberale Neuinterpretation, so [u{ar˛. Da die vorangegangenen Künstlerinnen oft Blumenornamente in ihre Werke eingebaut haben, griff Dalina das Motiv selbst auf – und präsentiert in einem Bild sieben Blumen auf Leinwand – eine Blume für jede Frau aus dieser Ausstellung: Ecaterina Vlad (1890-1942), Elena Jianu (1902-1990), Nadeja Popa (1905-1990), Maria Dobrovicescu (1915-1971), Liana Bădescu (1935), Lucia Popa (1940) und Daniela Bădescu (1966-2023).