Hohe Säuglingssterblichkeit lässt sich vermeiden!

„Salvați Copiii!“ spendet seit 13 Jahren lebensrettende ärztliche Apparatur

Auch Babys aus armen Verhältnissen haben ein Recht auf Leben. Schwangerschaftsbegleitung, Zugang zu ärztlicher Versorgung, moderne Geräte und eine gute Versorgung zu Hause sind essentiell für einen guten Start.

Professionelle Überwachung von Frühchen kann die Lebenschancen drastisch erhöhen. | Symbolbilder: Pixabay

Brutkasten, beschafft mit der Hilfe von „Salvați Copiii” | Foto: Salvați Copiii

Salvați Copiii sammelt weiterhin Spenden für Ausrüstung für lebensrettende Geräte. www.salvaticopiii.ro

Alle sieben Stunden stirbt in Rumänien ein Baby vor seinem ersten Geburtstag. Statistisch gesehen sind es etwa 1200 Kinder im Jahr. Tausende von Eltern und Familienmitglieder trauern und leiden, sind ein Leben lang von der Tragödie geprägt. Die Mütter sind oft Mädchen oder Frauen aus abgelegenen benachteiligten Gemeinden oder mit einem geringen Bildungsniveau, die keinen oder nur schwierig Zugang zu ärztlicher Versorgung finden und so das Ungeborene oder das Neugeborene in den ersten Monaten nach der Geburt verlieren. Krankenhäuser oder Arztpraxen sind viel zu weit entfernt für sie, die Schwangerschaft wird von keinem Arzt begleitet, was das Risiko für Kindersterblichkeit erhöht. Auf sehr vielen Geburtsstationen mangelt es an lebensrettenden Geräten, die Ausstattung ist überholt. Eine Analyse des Vereins „Salvați Copiii România” (Rettet die Kinder in Rumänien) von 2016 zeigt, dass auf  manchen Geburtsstationen Geräte Baujahr 1966 eingesetzt werden.

Unter diesen Bedingungen fällt es Ärzten, Hebammen und Fachpersonal schwer, in Extremsituationen zu helfen. „Im komplizierten sanitären Kontext benötigen Ärzte, Mütter und Neugeborene neueste Technologie, damit die Geburt und später die Pflege der Neugeborenen zu hohen medizinischen Standards erfolgt”, erklärt Gabriela Alexandrescu, Leiterin des gemeinnützigen Vereins, der sich für benachteiligte Kinder einsetzt. In den letzten 13 Jahren investierte die NGO rund 9 Millionen Euro in die Ausrüstung von mehr als 100 Geburtsstationen in Rumänien. 
Der Unterschied bezüglich der Ausstattung und der Kindersterblichkeit zwischen Stadt und Land wie auch zwischen den verschiedenen Regionen in Rumänien ist extrem hoch.

Apparate retten Leben

Doch diese dunklen Ziffern können geändert werden. „Einem Drittel der Todesfälle (Anm. d. Red.: durch Säuglingssterblichkeit) kann durch umfassende Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten sowie durch entsprechende Ausstattung medizinischer Einheiten vorgebeugt werden”, sagt Stefania Mircea von „Salvați Copiii“. Auch die Entwicklung und Durchführung von Unterstützungsprogrammen für Mütter und Kinder vergrößern die Chancen der Neugeborenen, zu überleben. Im Rahmen des Programms „Fiecare Copil Contează” (Jedes Kind zählt) setzt sich die NGO seit 13 Jahren für die Vorbeugung der Säuglingssterblichkeit ein.

Dank zahlreicher Spenden erhielten seit 2010 landesweit 107 Neonatologie- und Pädiatrie-Abteilungen sowie neonatale Intensivstationen über 1100 moderne ärztliche Geräte. Rund 140.000 Kinder konnten Risikogeburten gut überwinden oder sofort nach der Geburt behandelt werden. 
„Wenn ein Arzt schon früh bemerkt, dass es Probleme mit der Schwangerschaft gibt, kann er die Patientin zu einer großen, gut ausgestatteten Geburtsstation überweisen, wo ihr und dem ungeborenen Baby geholfen werden kann”, erklärt Stefania Mircea.

Lebensrettende Technologie in Reps

Die chronische Diskrepanz zwischen den Bedingungen auf Geburtsstationen auf dem Land und jenen in der Stadt führt zu Dramen. „Ein Frühchen hat viel mehr Überlebenschancen in einer modernen Geburtsklinik, als eines in einer Geburtsstation ohne oder mit veralterter ärztlicher Apparatur”, erklärt Mircea, die das Projekt „Jedes Kind zählt” im Kreis Kronstadt/Brașov koordiniert.

Ende September hat das städtische Krankenhaus in Reps/Rupea im Kreis Kronstadt vom gemeinnützigen Verein moderne Ausrüstung im Wert von 15.000 Euro erhalten. Essenziell für die Einheit sind zwei moderne Geräte für Kardiotokogramme (CTG), die die Herzfrequenz des Fötus oder des Neugeborenen, sowie die Wehen der Patientin sehr genau messen und überwachen können. Dank der neuen Technologie können nun auch Risikoschwangerschaften und die Entwicklung von Frühchen sehr gut kontrolliert werden. Das ist auch für Minderjährige von Bedeutung, die sich bis zur Geburt ihres Kindes keiner medizinischen Kontrolle unterzogen haben. Häufig kommt es zu Komplikationen. 

Alexandru Polexa, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im städtischen Krankenhaus in Reps hat die CTG-Monitore bereits eingesetzt. Er konnte den gesundheitlichen Zustand eines Ungeborenen während der Wehen seiner Mutter andauernd überprüfen. „Aufgrund der Überwachung und der Aufnahmen durch das moderne Gerät konnten wir feststellen, dass der Fötus zu groß war und die Wehen nicht gut verliefen. Somit haben wir uns entschieden, die Patientin in eine Klinik höheren Ranges zu senden, wo sie besser versorgt werden kann.” Mutter und Kind sind heute wohlauf und schon zuhause bei ihrer Familie. „Ohne diese Apparate kann ein Arzt nicht wissen, wie es um den Fötus steht und ob die Schwangerschaft gut verläuft”, klärt Mircea auf. 

Mütter lernen, für ihre Babys richtig zu sorgen

Frauen aus benachteiligten Gemeinden, Schwangeren, die in abgelegenen Ortschaften leben und die Schwangerschaft nicht überwachen lassen oder Müttern mit wenig Bildung sichert „Salvați Copiii“ nachhaltige Dienste. 70 benachteiligte Dorfgemeinden aus 20 Kreisen wurden bisher unterstützt. Konkret bedeutet das, dass 90.000 Mütter, Schwangere und Kinder bis 5 Jahren behandelt oder gerettet wurden. Davon sind zahlreiche Nutznießerinnen auch Minderjährige – in Rumänien wird eines von zehn Neugeborenen von einer Minderjährigen zur Welt gebracht.

„Es ist sehr wichtig, dass künftige Mütter in der Schwangerschaft den Facharzt aufsuchen”, unterstreicht die Projekt-Koordinatorin von „Salvați Copiii”. „In guten Fällen kommen Frauen einmal zum Arzt, hören das Herzpochen ihres Fötus und sind somit motiviert, wiederzukommen”, erklärt die Koordinatorin. Doch nicht alle Schwangeren halten den Arztbesuch für wichtig.

„Es ist auch entscheidend, dass die Mütter wissen, was sie zu Hause mit ihren Säuglingen machen. Der Kindersterblichkeit kann auch zu Hause vorgebeugt werden, wenn man das Baby richtig behandelt.” Öfter kommen aus Unwissenheit fatale Unfälle vor: Kinder ziehen am Topf mit kochendem Wasser und übergießen sich damit, Mütter waschen ihre Säuglinge zu heiß oder versuchen, Flöhe mit toxischem Tier-Shampoo zu bekämpfen. Seit über einem Jahrzehnt leitet die NGO ein Netzwerk für soziale Eingliederung und Bekämpfung der Armut durch das Gewährleisten von lokalen medizinischen, sozialen und erzieherischen Diensten.

Bittere Wahrheit

Laut Eurostat starben in Rumänien im Jahr 2022 die meisten Kinder (6,6 Neugeborene pro tausend Neugeborene) in Europa. Das sind fast drei Mal so viele wie in Slowenien mit 1,9 oder in Finnland mit 2 Todesfällen auf tausend Lebendgeburten (Statista.com). Der EU-Durchschnitt liegt bei 3,3 Fällen von tausend.

Vor der Wende von 1989 starben in Rumänien 8471 Babys bis zur Erfüllung des ersten Lebensjahrs. Anfang der 2000er Jahre sank die Zahl auf 1850 (Nationales Statistikinstitut). Im Kreis Tulcea werden die meisten Todesfälle registriert: Im Jahr 2021 waren es 11,1 pro tausend Neugeborene. Bukarest verfügt landesweit über die größte Anzahl an Geburtskliniken und hat eine Sterberate von 2,3 pro tausend Lebendgeburten. In Teleorman überleben die meisten Frühgeborenen im Land: die Sterberate liegt bei 2,4 pro tausend Neugeborenen. Jeder Einsatz zählt.

Die 15.000 Euro für das Repser Krankenhaus wurden von der Kronstädter Libris-Buchhandlung gespendet. Beim Verkauf von Büchern hatten die Kunden die Wahl, drei, fünf, zehn Lei oder mehr für das Projekt von „Salvați Copiii” zu spenden. Bereits 17 Spenden im Gesamtwert von rund 650.000 Euro hat das Unternehmen in mehreren Jahren getätigt. „Kein Einsatz ist umsonst”, sagt Virgil Onița, Mitgründer von Libris.

Mit diesen und weiteren rund 350.000 Euro konnte „Salvați Copiii” Krankenhäuser in Fogarasch/Făgăraș, Kronstadt (Kinderkrankenhaus und Geburtsklinik) und das städtische Krankenhaus in Reps mit moderner Technik versehen. Fast 9 Millionen Euro investierte der Verein bislang landesweit in Geburtskliniken, -stationen und Abteilungen von Krankenhäusern, wo Säuglinge und Kinder behandelt werden.