„Invokavit“

– Halte durch! Bleibe dran!

Predigttext 2. Kor. 6, 1-10

I. Stellen Sie sich vor, Sie laufen einen Marathon. Alles ist bisher wunderbar gelaufen. Gute Ausdauer, gute Kondition, schönes Wetter. Sie liegen an der Spitze. Mehrere Kilometer liegen schon hinter Ihnen, nur noch wenige hunderte Meter, und Sie kommen ans Ziel. Aber: Wenn Sie jetzt aufgeben, dann war all die Mühe vergebens.

Unser Leben als Christ in dieser Welt gleicht mit dieser Vorstellung eines Marathonlaufes. Startpunkt: Die Gnade Gottes – wir laufen mit Jesus, wir laufen im Glauben – das Ziel: ewiges Heil. Aber wenn man vorzeitig aufgibt, wenn man sich von Jesus abwendet und den Glauben verliert, dann war alles vergebens.

II. Der Apostel Paulus bekommt Nachrichten von der Gemeinde aus Korinth, die er selbst vor einigen Jahren gegründet hat. Er erschreckt sich, als er erfährt, dass viele Gemeindemitglieder vom rechten Glauben abzufallen drohen. Paulus hat einen angekündigten Besuch in der korinthischen Gemeinde über längere Zeit aufgeschoben. Deswegen scheint er jetzt einigen unzuverlässig. Diese bezweifeln sogar, ob man sich auf seine Verkündigung des Evangeliums verlassen kann. Zur selben Zeit werden sie von „Überaposteln“, also Fremdmissionaren und deren Ideen, verwirrt.

Es war wahrscheinlich ein großer Schreck für Paulus, dies zu erfahren. Sofort setzt er sich hin und verfasst diesen Brief an die Gemeinde. Er schreibt unter anderem: „Als Mitarbeiter ERMAHNEN wir euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt.“

Diese Ermahnung ist eigentlich vielmehr eine Ermunterung. Paulus ermuntert, er ruft auf zum Durchhalten. Man soll sozusagen „Das Ziel nicht aus den Augen verlieren“. Am Evangelium dranbleiben, denn das Ziel ist greifbar nahe, seit Jesus in die Welt gekommen ist. Er hofft durch diesen Zuruf die Korinther wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Er hofft, dass durch die Worte, die er ihnen zuruft, ihr Glaube gestärkt wird.

Das hoffe ich auch für uns, die wir heute dieses Wort lesen. Dass wir dranbleiben und nicht abfallen vom Glauben. Dass wir nicht das Ziel verfehlen, das Gott uns vor Augen gestellt hat.
Gefahr besteht heute wie damals: Ein Zuschauer beim Marathonlauf, der die Absperrung durchbricht und dir ein Bein stellt, so dass du stolperst und zu Fall kommst.

III. Das Leben – wie auf den Kopf gestellt. Gewissheiten von früher gelten nicht mehr. Wie wenn der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Ist manchem von uns wohl ein bekanntes Gefühl.

Wie schafft man da noch weiterzulaufen, wenn der Gegenwind so stark ist?

Wie kommt es eigentlich, dass manche Menschen – selbst, wenn sie Fürchterliches erleben – daran nicht zerbrechen und aufgeben?

Aaron Antonovsky, ein israelisch-amerikanischer So-ziologe, hielt es für wichtig, einen Sinn im Leben sehen zu können, zu verstehen, was geschehen ist, und das Gefühl zu haben, mit den Umständen umgehen zu können. Sinnhaftigkeit – Verstehbarkeit – und Handhabbarkeit. Antonovsky nennt dieses Trio: Kohärenzgefühl. Menschen, die ein solches „Kohärenzgefühl“ entwickeln, können selbst furchtbare Erfahrungen bewältigen.

Paulus schreibt, wie er mit den verschiedenen Situationen umgeht, die ihm zugestoßen sind: „In – ALLEM – erweisen wir uns als die Diener Gottes: (…) als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten und doch nicht getötet; als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben und doch alles haben.“

IV. Die Passionszeit hat begonnen. Als Christen erinnern wir uns daran, dass Jesus für uns durch das Leiden gegangen ist. Er hat für uns als Vorläufer die Strecke markiert, die wir laufen müssen. Ein Weg, der zum neuen Leben führt, aber kein schöner Weg. Und doch ist er diesem Weg nicht ausgewichen. Er hat diesen Leidensweg auf sich genommen, wurde verraten, verspottet, geschlagen und gefoltert, gekreuzigt. Er tat es, damit wir das ewige Heil erhalten und uns auf unserer Marathonstrecke nicht verlaufen.

Halte durch und warte nicht nur auf bessere Zeiten! Egal was passiert, sei es Gutes oder Böses, bleibe dran! Alles bringt möglicherweise etwas in dein Leben, das du willkommen heißen kannst.