Jugendpartei: Deutsche Minderheit in Dänemark sollte die neuen Grenzkontrollen nicht feiern

Die Freude über die veränderten Grenzkontrollen kann Katharina Kley nur bedingt nachvollziehen (Archivfoto). Foto: Karin Riggelsen

Feste Fahrbahnmarkierungen, die zwei Spuren auf eine verengt haben, wurden kürzlich in Krusau (Krusĺ) abgefräst, und Schilder wurden weggetragen. Foto: Marle Liebelt

Im Rahmen des MIDAS-Netzwerks publiziert die ADZ regelmäßig geteilte Beiträge anderer Partnermedien. Die Europäische Vereinigung von Tageszeitungen in Minderheiten- und Regionalsprachen (MIDAS) wurde 2001 auf Vorschlag der Chefredakteure von Tageszeitungen gegründet, die in Minderheiten- oder Regionalsprachen erscheinen. Ziel war es, ihre Strategien zu koordinieren und die Zusammenarbeit in den Bereichen Informationsaustausch, Druck und Marketing zu fördern. Inzwischen haben sich 27 Zeitungen aus 12 verschiedenen Ländern MIDAS angeschlossen. Die derzeitige Präsidentin ist Edita Slezáková.

Die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Dänemark sind kürzlich erneut verlängert worden. Allerdings wird weniger Personal eingesetzt – und an den meistgenutzten Übergängen nicht mehr rund um die Uhr kontrolliert. Eine Nachricht, die viele im Grenzland und in der Minderheit erfreut aufgenommen haben. Wie Tonderns Bürgermeister Jřrgen Popp Petersen beharren die Europäische Jugend, die Jugendpartei der deutschen Minderheit und die Jugend des Grenzvereins allerdings darauf, dass die Grenzkontrollen komplett abgeschafft gehören. „Wenn die Minderheit die Umordnung der Grenzlockerungen gefeiert hat, legitimiert sie nur die Politik der Regierung, statt dafür zu kämpfen, die Grenzkontrolle völlig abzuschaffen“, sagt etwa Jakob Wind, Landesvorsitzender der Europäischen Jugend in Dänemark, in einer gemeinsamen Pressemitteilung der drei Verbände.

Die Chefin der deutschen Jugendpartei in Nordschleswig hätte sich mehr Kritik an dem „klitzekleinen Schritt“ gewünscht, der an der Grenze gemacht wurde. Für sie sind die Kontrollen weiter ein „illegales“ Hindernis. Katharina Kley erklärt im Interview, wie sie Politike- rinnen und Politiker zum Umdenken bringen will.

Katharina Kley, war das, was jetzt an den Grenzübergängen passiert ist, nicht ein Schritt in die Richtung, die ihr euch wünscht?  

Grundsätzlich ja, aber eben ein viel zu kleiner. Man tut nur so, als würde man lockern, in Wirklichkeit hat es ja keinen Unterschied gemacht, bis jetzt jedenfalls noch nicht viel. Wir hätten uns gewünscht, dass die Grenzkontrollen ganz abgeschafft werden oder dass auf jeden Fall ein wesentlich größerer Schritt in Richtung Abschaffung der Grenzkontrollen gemacht wird. 

Im Grenzland hat die Politik zunächst vorwiegend positiv darauf reagiert, dass Stichprobenkontrollen statt permanenter Kontrollen gekommen sind. Weshalb stoßt ihr euch daran?  
Wir wünschen uns einen etwas kritischeren Zugang. Also dass man diesen kleinen Schritt nicht so sehr feiert, sondern dass man weiterhin darauf drängt, dass das noch lange nicht genug ist und dass die Grenzkontrollen ganz weg müssen. Man darf so einen klitzekleinen Schritt, wie die dänische Regierung ihn jetzt getan hat, nicht als großen Erfolg hinnehmen. Denn das ist er ja leider nicht. 

Erklär noch einmal, was ihr gegen die Grenzkontrollen habt.  

Die Grenzkontrolle trennt unser deutsch-dänisches Grenzland. Sie verhindert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, sowohl symbolisch als auch praktisch. Sie ist sehr teuer und im Verhältnis zum Preis ineffizient, was etwa die Anzahl an Anzeigen oder beschlagnahmten Waffen angeht. 

Die Kontrollen sind ein Schritt in die ganz falsche Richtung, weil wir als Jugend uns ein offenes Europa wünschen. Ein Europa, wo gerade über Grenzen hinweg zusammengearbeitet wird und wo eben die Grenzen aus den Köpfen der Leute verschwinden und nicht wie jetzt verdeutlicht werden.

Warum glaubt ihr, dass ihr als Jugendliche da etwas bewegen könnt?  

Der erste Schritt zur Abschaffung ist, dass es eine Diskussion gibt, ein kritisches Gespräch darüber, ob man überhaupt Grenzkontrollen benötigt und wieso. Und wie man es anders machen könnte. Da haben wir auch unterschiedliche Perspektiven. Jonas Wind von der Europäischen Jugend zum Beispiel hat einen etwas breiteren Winkel aus Kopenhagen. Ihm ist es wichtig, dass wir ein offenes Europa haben und dass die Grenze auch aus gesamtdänischer Sicht offen bleibt. Denn eine gute Beziehung zu Deutschland als größter Handelspartner ist einfach wichtig. Und es ist wichtig, immer wieder zu unterstreichen, dass die Kontrollen laut EU-Gesetz einfach illegal sind. Wir als guter Teil der EU und gute Mitbürgerinnen und Mitbürger in der EU sollten daran mitarbeiten, wenn es darum geht, ein offenes Europa zu schaffen.


„Der Nordschleswiger“ ist das deutschsprachige Medienhaus in Dänemark. Herausgeber ist der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN). Der BDN ist der Dachverband der deutschen Minderheit in Dänemark. „Der Nordschleswiger“ wurde 1946 als erste freie deutschsprachige Zeitung in Westeuropa gegründet und erschien zunächst als Wochenzeitung. Ab 1951 wurde er bis zur Digitalisierung im Februar 2021 als Tageszeitung herausgegeben, seither ist „Der Nordschleswiger“ ein Online-Medium – kostenlos abrufbar unter www.nordschleswiger.dk. Die Hauptredaktion hat ihren Sitz in Apenrade (Aabenraa), Lokalredaktionen gibt es in Apenrade (Aabenraa), Tingleff (Tinglev), Hadersleben (Haderlslev), Sonderburg (Sřnderborg) und Tondern (Třnder).