Kulturstadt mit großer Seele…

Das Temeswarfest in Berlin

Die rumänische Botschafterin Adriana Stănescu und Bürgermeister Dominic Fritz begeistern das Berliner Publikum für Temeswar. Fotos: die Verfasserin

Touristisches Material in Hochglanz und zwei Sprachen...

Die Klänge der Jazzband mit Horia Crișovan und seinen Musikern ziehen herüber bis zu den Linden und dem Brandenburger Tor. Heiter ist die Stimmung in der Rumänischen Botschaft in Berlin in der Dorotheenstraße. Viele Gäste kommen zum Fest der Stadt Temeswar/Timișoara, rasant füllt sich der große Saal. Im letzten Jahr war Temeswar Kulturhauptstadt Europas mit einem vielfältigen vollen Programm und einem wunderbaren Stadtbild. Durch die alte barocke Stadt, das „Klein Wien“ zu schlendern, an Plätzen zu verweilen, war und ist ein reines Vergnügen.

Der Bürgermeister von Temeswar kommt in diesen Sommertagen mit seiner Entourage aus der Banater Hauptstadt nach Berlin in die besagte Rumänische Botschaft. Der stattliche Bau ist ein wichtiges architektonisches Gebäude, im Stil der Spätrenaissance als Kaiserliches Postamt 1906 gebaut, zu Zeiten der DDR diente das Gebäude ebenfalls für Abteilungen der Post und die Rumänische Botschaft residierte in Ost-Berlin im Stadtteil Pankow. 2002 zogen die rumänischen Diplomaten von Bonn, der alten Bundesrepublik Deutschlands, in diesen herrschaftlichen Bau in die Dorotheenstraße.

Die rumänische Botschafterin I.E. Frau Adriana St²nescu empfängt strahlend die Gäste aus Temeswar und das Publikum im Saal. Die Vorfreude auf den Abend ist bei ihr zu spüren. Sie schüttelt Hände und umarmt die eine und den anderen. Die Ausstellung des Bildhauers Constantin Brâncuși ist eine Sensation und mit Sicherheit eine Einmaligkeit, zuerst in Temeswar und erst dann wurden seine modernen Bildhauerarbeiten in Paris ausgestellt. Brâncu{i wird 1876 in Hobița in Oltenien als Rumäne geboren und wird in Frankreich zum Franzosen, wo er 1957 in Paris stirbt. Menschen, Städte und Landschaften ihres Landes stellt die Botschafterin gerne vor. Auch die rumänische Fußballmannschaft darf nicht fehlen. 

Cristian Niculescu stellt Horia Crisovan und die Musiker der Band vor. Cristian Niculescu ist nicht nur Leiter des Rumänischen Kulturinstituts, als sehr bekannter Pianist ist er in der musikalischen Welt mit berühmten Orchestern unterwegs, auch als Solist hat er einen Namen und geht damit auf Reisen.

Temeswar zeigt sich im Hintergrund auf der Leinwand von der feinen Seite. Die Piața Unirii, eine wunderbare Kulisse, eine schöne Ansicht. Mitten drin im Banat, in Temeswar, befinden wir uns.

Die Bürgermeisterwahl in Temeswar fand vor Kurzem statt und Dominic Fritz wird erneut gewählt. Es ist ein Segen für die Stadt an der Bega. Dominic Fritz ist im Schwarzwald geboren worden. Er ist wohl der einzige Bürgermeister in Europa, der nicht die Staatsbürgerschaft des Landes besitzt? Eine Einmaligkeit? Noch ist er kein Rumäne. Er plaudert über seine vergangenen Jahre als Oberhaupt des Rathauses, erzählt über die gut funktionierende starke Wirtschaft in Temeswar, erzählt auch über das Kulturjahr 2023 und seine positiven Auswirkungen. Ganz intensiv wird in die Kultur investiert. Drei Theater gibt es in der Stadt, eine Oper und eine Philharmonie, neue Kulturzentren werden eröffnet, alte Kinos renoviert. Den Menschen geht es gut, die Löhne steigen, es gibt keine Arbeitslosigkeit. Eine starke europäische Kraft ist in Temeswar zu spüren meint er. Bulgarische, serbische und ungarische Minderheiten sind zu Hause, auch Roma, Deutsche und Juden, doch das multikulturelle Leben von ganz früher existiert nicht mehr so richtig, 90 Prozent der Bewohner sind Rumänen. Das Abitur kann in verschiedenen Sprachen absolviert werden. Von der Wurzel der Vielfalt ist zu hören und unterschiedlichen Religionen. Wir brauchen einen neuen Blick nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs, ist die Meinung von Fritz. Über Rumänien geistern völlig falsche Vorstellungen durch die Köpfe der westlichen Menschen. Gut ausgebildete junge Leute mit guten Ideen forschen und entwickeln, mit westlichen Firmen wird kooperiert. In Temeswar ist die Jugend hungrig auf Zukunft. 

1989 begann die Revolution in dieser Stadt durch die ungarische-reformierte Kirche, sehr viele andere Unzufriedene gegen den Diktator Ceaușescu schlossen sich an. Aus diesem Geist wird die Temeswarer Kraft gespeist. 

Die Botschafterin stellt Simion Giurca vor und er wird Temeswar vorstellen. Simion Giurca wirbt nicht nur enorm für seine Stadt, er ist ein geborener Temeswarer, hat dort studiert und präsentiert in seiner unvergleichlichen Leidenschaft die Metropole des Banats in schönsten und höchsten Tönen. Er lädt die Menschen mit großer Begeisterung in die Metropole des Banats ein, beschreibt diese Stadt als das Interessanteste und Schönste, was es gibt. Er ist strategischer Berater des Vorsitzenden der Destination Management Organization, OMD, und kümmert sich um zahlreiche verschiedene Angelegenheiten, die mit Landeskunde, Tourimus und Kultur zu tun haben. Er preist die Museen und Kirchen und die Synagogen. Wir sind die „besten“ Rumänen und haben einen tollen Bürgermeister, ist seine Aussage. Kulturstadt mit großer Seele, „Klein Wien“. Seit alters her müssen wir uns verteidigen und zusammenhalten. Temeswar bricht alle Vorurteile, die man über Rumänien hat. Giurca spricht von Toleranz und schwebt über die wunderschönen Plätze der atemberaubenden Stadt, schwärmt von den exzellenten wunderbaren Palais in barocker Bauweise und im Jugendstil, erwähnt auch die Moderne der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Für Giurca ist es die Stadt der Romantik, nicht nur exzellent angelegte Parks können durchstreift werden, eine Allee mit japanischen Bäumen gehört dazu. In der historischen Altstadt wird auf der größten Fußgängerzone Rumäniens flaniert, die neuen gelben und lilafarbenen Straßenbahnen bringen den Einheimischen und Fremden bequem durch die Stadt. Das Schwärmen nimmt kein Ende. Wir hören von ihm, dass die Gastfreundschaft ihr Markenzeichen ist und beim Beschreiben der kulinarischen Besonderheiten läuft mir regelrecht das Wasser im Mund zusammen.

Produkte des Banats werden beim Zubereiten der abendlichen Häppchen und Happen in der Botschaft verwendet und wunderbar kredenzt. Das Bier aus dem Temeswarer Bierfass strömt, der Wein ist nicht zu übertreffen.

Der Deutsche Botschafter in Bukarest, S.E. Dr. Peer Gebauer, ist unter den Gästen, er hat den weiten Weg von Bukarest nach Berlin nicht gescheut, schließlich soll das Fest ein sommerliches werden mit Temeswarer Köstlichkeiten und grandiosem Jazz. Irgendwo taucht der bekannte Banater Schriftsteller und Publizist William Totok auf. Zur „Aktionsgruppe Banat“ gehört er, hat Höhen und Tiefen im Banat, im kommunistischen Rumänien, miterlebt.
Der Temeswarer Sommerabend in der Dorotheenstraße in Berlin ist ein Abend der Superlative.