Madame Blogary lanciert neues Schneewittchen

(Noch) Online-Bewegung Neue Republik bemüht sich um konkrete Formen

Mihail Neamţu ist der Autor des Projekts Neue Republik.
Foto: Agerpres

Letzte Woche noch dachten einige von uns genau zu wissen, was auf der Szene als   „Schneewittchen“ agiert: Die Volksbewegung (Mişcarea Populară), ein Projekt auf der Mitte-Rechts-Seite des politischen Spektrums, das laut Sorin Frunzăverde, erster stellvertretender Vorsitzender der Liberaldemokraten, bis Dezember 2011 reif sein sollte für die Taufe als „eine gut strukturierte politische Kraft“, gebildet aus (unzufriedenen, enttäuschten, noch lethargischen, glaubwürdigen) politischen Gruppen, Vertretern der Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und „natürlichen Personen“.

Es ist schwer zu glauben, dass es im Publikum noch Leute gibt, welche die Rolle der PDL in diesem Konstrukt nicht entziffern. Und verstehen. Frische Gewänder zu weben, mit dem Ziel, das abgetragene Image einer (Regierungs)Partei zu verbessern, ist nämlich nichts Neues und/oder Beschämendes im Instrumentarium der Politik. Also haben die Liberaldemokraten Sebastian Lăzăroius „Schneewittchen“-Konzept übernommen, es verwandelt und Volksbewegung benannt. Unklar und unverständlich ist allerdings die Art und Weise, wie sie diese noch inhaltslose Form mit Leben zu erfüllen verstehen, denn bis jetzt scheint sich die Volksbewegung nicht viel anders zu entwickeln als ein rechts orientiertes Pendant des oppositionellen Verbands USL, in dem Ehrgeiz und Ambitionen mehr zählen als das Wohlergehen der Bürger. Wie sonst könnten immer lauter werdende Gerüchte von möglichen Allianzen mit Dan Diaconescu, Gigi Becali und anderen winzigen oder längst vergessenen Satelliten-Parteien interpretiert werden? Unter solchen Auspizien ist es zu befürchten, dass treue konservative Wähler der PDL, die eventuell hinwegschauen könnten über die Fehler und Misserfolge der letzten Jahre, 2012 auch noch die Flucht ergreifen werden.  

Das ist der Kontext, der „Schneewittchen“ dazu bewegte, auch nach anderen Erscheinungsformen zu suchen. Vorige Tage brodelte es (zunächst) in der virtuellen Welt. Ursache der Aufregung? Die Veröffentlichung auf Madame Blogary eines neuen politischen Zentrum-Rechts-Konzepts. Autor Mihail Neamţu nennt es Neue Republik (Noua Republică). Was bedeutet Madame Blogary? Wer ist Mihail Neamţu und was will diese Neue Republik?

Madame Blogary ist eine Webseite, eine Zeitung, laut eigener Beschreibung, die es nicht mehr gibt auf dem Medienmarkt, welche bekannte und unbekannte Stimmen vereint, um zentrums-rechte Ideen und Prinzipien zu verbreiten. Unlängst gründeten  Mirel-Valentin Axinte (Berater des Ex-Arbeitsministers Lăzăroiu), Mihail Neamţu und andere vier Blog-Kollegen den Verein Blogary, mit dem erklärten Ziel, eine Online-Plattform zu schaffen für die Förderung und Bekanntmachung von neokonservativen Prinzipien und Politiken.

Mihail Neamţu (geboren 1978), pragmatischer Idealist und Philosoph, Doktor der Theologie, guter und charismatischer Redner, ehemaliger wissenschaftlicher Leiter des Instituts zur Erforschung der Verbrechen des Kommunismus und des rumänischen Exils, Mitglied mehrerer Verbände und Stiftungen, ist der Autor des Projekts Neue Republik, womit er die jüngste „Schneewittchen“-Verkörperung geschaffen haben könnte.

Und was ist diese auf der einheimischen innenpolitischen Bühne soeben erschienene Neue Republik? Theoretisch und erklärtermaßen „eine demokratische Plattform, die klassisch-liberales, konservatives und christlich-liberales Empfindungsvermögen vereint in einer kohärenten und sichtbaren Aktion und sich an zentrums-rechts orientierte Bürger richtet, die enttäuscht sind von den gegenwärtigen politischen Strukturen in Rumänien“. Konkret noch ein Manifest zur Erneuerung der zemtrums-rechten Politik, noch eine (Online-)Bewegung, die auf 25.000 Unterschriften hofft, um sich in eine Partei  umwandeln zu können, die sich, laut Autor Mihail Neamţu in einer B1-Talkshow, auf die Pfeiler Kapitalismus, Verfassung und Christentum stützt. Hauptanliegen zurzeit ist daher ein von klassischen und unkonventionellen Maßnahmen getragener Aktivismus zur Rekrutierung und Zusammenführung von wertvollen, unbescholtenen, glaubwürdigen, in allen Bereichen tätigen Menschen, die fähig sind, der jetzigen vielseitigen (einschließlich Human-Ressources- und Leadership-) Krise ein Ende zu setzen, die politische, soziale, wirtschaftliche und religiöse Freiheit eines jeden Bürgers sowie den Optimismus, die Vision, die institutionelle und moralische Kompetenz, das Wohlergehen in der Zukunft des modernen demokratischen Staates zu gewährleisten. Mihail Neamţu schließt jede Zusammenarbeit mit irgendwie „belasteten“ Persönlichkeiten aus. Das ist übrigens bis dato eines der (wenigen) wichtigen Merkmale, die das eigene Projekt von der Volksbewegung unterscheidet.

Das sind kurzgefasst die Fakten. Nun stehen Konservative hierzulande vor der Alternative, leichtgläubig zu sein oder misstrauisch. Das Angebot dankbar und hoffnungsvoll anzunehmen und noch eine Fehlentscheidung zu riskieren oder die sichere Schiene zu wählen und Antworten zu suchen auf noch ungeklärte Fragen, in erster Linie bezüglich der deklarierten Unabhängigkeit der Bewegung. Es gibt nämlich schon Stimmen, die diese Neue Republik dem reformistischen Flügel der Liberaldemokraten zuordnen, die sie als Teil der Volksbewegung bzw. als Rettungsgurt der PDL wahrnehmen.
Nur eins stimmt mit Sicherheit: Alles, was das Böse braucht, um zu triumphieren, sind genügend gute Menschen, die nichts unternehmen. Das aber sagte der Staatsphilosoph und Politiker, der geistige Vater des Konservatismus Edmund Burke noch in der Zeit der Aufklärung.