Mandatsmissbrauch der PNL

Die Niederschrift dieses Beitrags geschah erst Dienstag früh, um diese Randbemerkungen in Kenntnis der Entscheidung des kollektiven Führungsgremiums der PNL vom Vorabend verfassen zu können. Nur: Die PNL-Granden blieben gespalten. Sie brauchten drei Stunden des Zanks in einer staatlichen Protokollvilla – ob sie diese für die Parteisitzung angemietet hatten? –  um zuletzt mit der bequeme Mehrheiten beschaffenden PSD gehen zu wollen. Mit dem akuten Risiko der Spaltung der Partei...

Das zeigt einerseits Schwächen des – durch präsidiale Gnaden – unlängst gewählten neuen Parteiführers Florin-Vasile Cî]u, der sein parlamentarisch beschränktes Regierungsmandat weiter ausüben darf (was mit ein Grund für das Hinausschieben der Entscheidungen in der Regierungskrise sein dürfte, weiß man doch landesweit vom Machthecheln der selbsternannten Kopie des „Superman“), andrerseits den tiefen (historischen und mentalitären) Spalt zwischen den PNL-Filialen aus Siebenbürgen/Banat und jenen aus Süd- und Südostrumänien. 

Dieser Spalt ist auch politisches Kalkül: Dort, wo die PSD seit 1990 nie ernst- und dauerhaft die Wahlchancen der „Liberal-Konservativen“ gefährdet hat, steht man einer Koalition mit den „Sozialdemokraten“ offen gegenüber, fürchtet aber den Wählersog, den die Neuen von der USR auszulösen vermögen. So die Idiosynkrasie in den ehemals zu Westeuropa gehörenden Gebieten. Im Süden ist es umgekehrt: Die ländlich-konservative Wählerschaft ist viel anfälliger für den Populismus der PSD (mit den orthodoxen Popen als verkappten Propagandisten im Hintergrund) und folglich eine Gefahr für die PNL-Organisationen, die südlich der Karpaten häufig als wesens- und nationalfremd verschrieen werden. Also ist man eher für eine Allianz mit der USR. Das ist zwar vereinfacht dargestellt, fußt aber auf an die Öffentlichkeit gedrungene Fakten und Informationen über den Streit innerhalb der vom Präsidenten mit der  „Bildung einer stabilen Mehrheit“ betrauten Partei. 

Nun stehen wir eindeutig vor USL2 – selbst wenn noch zahlreiche Hürden durch Verhandlungen PNL-PSD wegzuschaffen sind. Die 2007-08 regierende „Sozial-Liberale Union“ (USL) zwischen PNL und PSD war nichts Neues in der politischen Landschaft Rumäniens. Erst hatte der „junge Flügel der PNL“ (PNL-AT) die Nähe zur postkommunistischen Petre-Roman-Regierung gesucht. Dann hat die auferstandene PNL unter Radu Câmpeanu das Regieren mit der FSN unter Premier Theodor Stolojan ausprobiert. Danach hat der ehemalige Jungliberale C˛lin Popescu-T˛riceanu seine Minderheitsregierung von der PSD gängeln lassen, und die zwischenzeitlich in der PNL aufgegangene PDL hat´s ebenso mit der PSD getan (Präsident B˛sescus „unmoralische Lösung“). Oder das  ApR-Parteichen des notorischen Wendehalses Teodor Meleșcanu (der von der FSN kam) ließ sich für Posten und Pfründe von der PNL schlucken. Nicht zuletzt war ALDE, die „liberale“ Fraktion des C. Popescu-Tăriceanu, in allen Regierungen der Dragnea-Zeit präsent.

Zwischen der unrühmlichen USL („die monströse Koalition“) und der sich anbahnenden USL2 gibt es einige bedeutsame Unterschiede. Die USL war eine Erfindung des Ex-Securitate-Spitzels Dan Voiculescu (PC), des PSD-Übernehmers Victor Ponta und des PNL-Chefs Crin Antonescu (der seine Partei später  Klaus Johannis in die Hände legte...). Damals stellten sich die drei Parteien als Wahlbündnis USL vor – und siegten. Sie waren unmoralisch, aber demokratisch vollauf legitimiert. 

Was sich jetzt anbahnt ist eine grobschlächtige Täuschung der Wählerschaft. USL2 ist nie als Allianz und/oder Bündnis von den Wählern legitimiert worden. Die PNL ist 2020 als Gegenstück zur PSD gewählt worden. Indem sie jetzt mit der PSD gehen will, missbraucht sie ihr Mandat. Und tritt jedes demokratische Prinzip mit Füßen.
Mal sehen, wie der Präsident auf das reagiert...