Randbemerkungen: Augenauswischerei

Die Staatsverschuldung Rumäniens und die Gefahr, durch das Agieren der befangenen Richter des Verfassungsgerichts in der Frage der Kappung der unverschämten Renten, die sie (und andere Privilegierte) sich ohne frühere (und teilweise jetzige) Beitragszahlungen zu Gemüte führen, stellt die koalitionäre Staatsführung vor eine Zerreißprobe. Das Schlimmste in diesem Spannungsfeld: die Halbherzigkeit, mit der Ciolacu & Co., diese grundsätzlich gegenreformistische Truppe, die schon 2012-14 krachend gescheitert ist, Reformen will – die sie als unumgänglich deklariert.

„Unumgänglich“ sind sie, weil die Truppe auf die nächste Milliardenzuwendung der EU spitzt, ohne die sie nur durch Abwertung der Landeswährung oder durch weitere Aufnahmen von Schulden zu Rande kommen kann. Vorerst versuchen sie mit (fast) allen Mitteln und auf (fast) allen Wegen, die EU und die eigene Öffentlichkeit hinters Licht zu führen. Sie halten alle für blöd: oder glaubt jemand, dass man durch Streichung von 200.000 unbesetzten Posten im Staatsapparat wirklich Lohngelder einsparen kann, die niemand auszahlt?! Für so dumm kann nur ein Politiker sein Volk halten!

Andrerseits suchen die Koalitionäre fieberhaft nach vorgeblich glaubhaften Lösungen. Aber seit die politische Niete und PNL-Notlösung von Johannis‘ Gnaden, der Vielsternegeneral i.R. Ciuc², den Versuch unternommen hat, durch Personaländerungen an der Spitze der Steuerbehörde mehr Geld ins schlaffe Staatssäckel zu scheffeln, herrscht eine rätselhafte Stille rund um die Steuereintreibung. Die schwarze und graue Nationalwirtschaft fühlt sich weiterhin in Rumänien pudelwohl. 

Und der 16-Punkte-Plan (man merke: endlich „Systematik“ im rumänischen Regierungsdenken!!) zur Ausgabenverringerung des Staats ist weiterhin ein dankbares Zankthema der Koalitionäre – und seine Umsetzung scheint sich immer weiter zu entfernen, je öfter sich die Koalitionäre zusammensetzen, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Eher scheinen sie auf den Ästen, jeder auf seinem, sitzengeblieben zu sein. Auch wenn sie es schaffen sollten: glaubt denn jemand wirklich, dass z.B. eine „Reduzierung der Leitungsposten in Staatsämtern“ von zwölf Prozent (auf 8,33 Beamte entfällt jetzt ein Chef) auf acht Prozent (alle 14,5 Beamte behalten ihren Chef) wirklich der Clou der Einsparungen beim größten Arbeitgeber Rumäniens, dem Staatsdienst, ist? Oder ist es die bei Rumänen so beliebte Formel (und Praxis!) des „Einreibens des Holzfußes“ mit Heilsalben? Oder wenn man vorhat, Ferienvoucher nur noch jenen zu schenken, die 10.000 Lei brutto unterschreiten? Sand ins Auge und Augenauswischerei in einem Zug.

Sinn dürfte die Auflösung der (laut ZF) 244 „Agenturen“ machen, mit denen sich der Staat in Rumänien jedes Mal umhäuft hat, wenn er vorgab, Ministerien zu reduzieren, Sinn dürfte die Auflösung der zahllosen „Zwei-Drei-Manderl plus Sekretärin-Institutionen“ machen, wo man Politpensionäre mit Lohn als Schmiergeld zum Erträglichmachen des Kuschens unterzubringen pflegt. Gemeint sind auch die beiden Institutionen, die die ehemaligen Präsidenten Constantinescu und Iliescu „leiten“. 

Wie ersichtlich, wäre es kein Kunststück, im Staate Rumänien zu sparen (inklusive mit dem Schmiergeld für das Wählervolk, mit dem aus dem Staatssäckel rumgeschmissen wird). Ein Hindernis ist die Janusköpfigkeit der Politiker: ein Antlitz glotzt auf die Notwendigkeit des Sparens, das andere auf die Verlockung der Selbstbeschenkung, die jeden Sparansatz bricht… Ein weiteres Hindernis ist der Interessenskonflikt im Verfassungsgericht: die unantastbaren Richter- und Richterinnen sind selber jetzt schon – mehrheitlich – Nutznießer der schamlosen Renten, die begrenzt werden soll(t)en auf das Volumen ihrer Beitragszahlungen in dem kurzen Berufsleben, das sie haben – sie können ja schon im Stadium von Gesetzesjünglingen und -jungfrauen in Rente gehen…