Randbemerkungen: Divide et impera

Der Europabesuch des chinesischen Partei- und Staatschefs Xi Jinping diente dem Hauptzweck, eine einheitliche Haltung europäischer Schlüsselstaaten – Deutschland, Frankreich –, traditionell extrem egozentristischer Wackelstaaten – Ungarn – und zweifelhafter Kandidatenstaaten – Serbien -  untereinander, aber auch im Abgleich ihrer Außenpolitik mit jener der USA, wenn nicht zu verhindern, zumindest infragezustellen. Im Wackelstaat Ungarn und im unzuverlässigen Serbien trat Xi als Vertreter einer der reichsten Nationen der Welt auf und spielte Esel-Streck-Dich mit seinen staatlich garantierten Milliardeninvestitionen, in Frankreich traf er auf den vorgedüngten Boden vom Gernegroß Macron, der als de-Gaulle-Klon von französischen Militäreinsätzen in der Ukraine faselt (jedes Wort ein Weltkriegs III-Vorbote) – offensichtlich ohne jede Rücksprache mit der NATO (oder ist da der öffentlichen Meinung etwas entgangen und Macron testet im Auftrag der NATO, wie weit Russland zu gehen bereit wäre, im Falle des Falles….?).

Ende April hielt Macron in der Pariser Sorbonne eine Rede unter der ausgeschilderten Devise „Plus unie, plus souveraine, plus democratique“ (Vereinter, suveräner, demokratischer), deren Wortlaut später womöglich in den elektronischen Medien gelöscht wurde (jedenfalls war sie dem Autor dieser Tage nicht mehr zugänglich) und wo der Hauptsatz lautete: „Our Europe today is mortal“, womit er auf EU-Europa ausdehnte, was er vor ein paar Jahren zum „Hirntod der NATO“ von sich gegeben hatte. 

Die Rede war vor dem Xi-Besuch in Frankreich angesetzt und wohl vorwiegend auf Echos aus China ausgerichtet, denn Macron nahm u.a. seine Aussagen vom Vorjahr auf, als er, vom China-Besuch zurückgekehrt, den „Hirntod“ nuancierte und von der Notwendigkeit einer „strategischen Autonomie“ der NATO sprach – verdächtig nah der chinesischen These von der multipolaren Welt, die unseren Nachbarn, dem Superilliberalen Viktor Orbán, so in Extase und ins Grapschen nach Auslandsgeldern versetzt. Macron macht schon einen Unterschied zur „Haltung des leeren Stuhls“, als de Gaulle von den NATO-Tagungen fernblieb, aber der Starrsinn, mit dem er unverdrossen von der Entsendung französischer Truppen in die Ukraine spricht, ist eigentlich eine Umkehrung des „leeren Stuhls“. Ob der Dünkel von der „Grande Nation“ immer durch französische Politikerköpfe spukt? Mit seiner „strategischen Autonomie“ meint Macron anscheinend – ausgegoren ist nichts, das meiste bei ihm wird suggeriert, wie um den Effekt des Lancierten mal zu testen – die Autonomie gegenüber der einzigen Schutzmacht Europas, den USA.  Denn gegenwärtig habe Europa – und die Ukraine mit – „Glück“, dass jenseits des Atlantik ein Joe Biden an den Hebeln sitzt (und – noch - kein Trump). So Macron in der Sorbonne.

Zu Russland: Das Land sei eine „existentielle Bedrohung“ für Europa, auch weil Europa keineswegs „ausreichend gerüstet“ sei, um sich einer Macht wie Russland entgegenzustellen, die „weder Zurückhaltung, noch Grenzen“ kenne. Womit man Macron wohl voll rechtgeben muss. Andrerseits: Im Bewusstsein der Schwäche Europas, was bleibt denn außer der NATO zum Schutz Europas vor länderfressenden Russen? Etwa Macrons Frankreich? Will er das suggerieren?

Die Logik heutiger Kriegsführung – nicht warm, nicht kalt, „hybrid“(von Russen definierter Begriff), blindbissig, noch verhalten – billigt der Rhetorik die Rolle einer scharfen Waffe zu. Zudem: Die Reaktionsfähigkeit der NATO-Staaten ist, gelinde gesagt, abgebremst. Das zeigte sich schon bei der Besetzung der Krim durch die Russen, das ist im dritten Jahr des Russenkriegs gegen die Ukraine offensichtlich: Eine kohärente Initiative Europas – egal ob EU oder NATO-Europa – fehlt bisher. Es gibt keine einzige kollektive Aktion aller EU-Staaten.
Möglicherweise auch Zeichen von Xi´s divide-Politik?